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Dorothea Perkusic beantwortet Fragen rund um „Leben“ und „Liebe“

Wir haben uns entzweit. Kann zu viel Autonomie der Partnerschaft schaden? 

In unserer Service-Rubrik „Liebesfragen“ können unsere Leser Dorothea Perkusic unter dem Betreff „Liebesfragen“ Fragen rund um die Themen „Leben“ und „Liebe“ stellen. Jeder Ratsuchende bekommt von der Einzel- und Paartherapeutin eine persönliche Antwort. Ausgewählte Fragen werden immer montags hier anonymisiert veröffentlicht.

Frage einer Frau:

Mein Mann und ich sind seit achtzehn Jahren verheiratet. Wir haben schon immer Wert darauf gelegt, dass jeder von uns Zeit für sich und für eigene Erlebnisse und Freunde hat. Nicht zuletzt auch deshalb, weil wir dachten, es würde unsere Beziehung lebendig halten, wenn wir uns immer wieder gegenseitig von tollen Erlebnissen erzählen könnten. Als unsere Kinder dann da waren, hat es sich aus meiner Sicht rückblickend betrachtet immer mehr eingeschlichen, dass wir nur noch alleine, jeder für sich, Dinge unternommen haben. Ich habe das Gefühl, dass uns das irgendwann nicht mehr belebt hat, sondern eher entzweit. Mein Mann ist viel auf Geschäftsreisen im Ausland unterwegs. Jeder von uns verreist einmal im Jahr für eine Woche und etwa zweimal im Jahr für verlängerte Wochenenden mit Freunden. Dabei geht es bei „den Jungs“ hoch her, während wir Frauen eher Wellness machen. Letztens habe ich mir gedacht, dass Gelegenheit Diebe macht. Seitdem mache ich mir Gedanken, ob ich meinem Mann denn wirklich vertrauen kann. Ich würde es gar nicht mitkriegen, wenn er in jedem Hafen eine andere hätte. Auch deshalb nicht, weil wir wahrscheinlich gar nicht mehr so verbunden sind.  Wie könnte ich mit der Situation umgehen? 

Antwort von Dorothea Perkusic:

Ihr Gefühl, sich in der Beziehung entzweit zu haben führt zu Unsicherheit und Angst. Das ist verständlich, denn im Moment können Sie nicht mehr einschätzen, wo Sie und Ihr Mann in Ihrer Paarbeziehung stehen und vor allem wie Sie zueinander stehen. Ein Nährboden für Unsicherheit  und Misstrauen. 

Es braucht dringend eine Veränderung für Sie, hin zu mehr Verbindung, Vertrauen, Gemeinsamkeit  und Nähe. Dafür müssen Sie mit Ihrem Mann ins Gespräch kommen. Denn was als Beziehungsmodell viele Jahre gut für Sie funktioniert hat, ist ins Stocken geraten und sorgt für Fremdheit und Verunsicherung. 

Dennoch finde ich es durchaus auch bemerkenswert, dass es Ihnen wohl über viele Jahre hinweg gelungen zu sein scheint, Ihre Liebe lebendig zu halten und ein schönes Miteinander zu pflegen. Mit Kindern verändert sich dann schlagartig alles. Wo es anfangs noch weiter eine positive Wirkung hatte, dass jeder von Ihnen gut mit sich selbst und den eigenen Erlebenswelten sein  konnte, wurde irgendwo schleichend die Distanz zu groß. Gut, dass Sie das jetzt nicht nur feststellen sondern nach Lösungen suchen um sich wieder annähern zu können. 

Dorothea Perkusic auf Instagram 

Es ist sicher eine Kunst, sich als Paar das nötige Quäntchen an Autonomie zu bewahren, welches wichtig ist, um die Beziehung frisch und lebendig zu halten. Das für Sie beide richtige Maß an Bindung zu finden um in Balance zu bleiben, ist ebenso wichtig und im Moment noch wichtiger, um sich wieder verbundener zu fühlen. Denn so sehr Autonomie und Differenziertheit Ihre  Paarbeziehung auch interessant bereichern konnten, ist es doch ein schmaler Grat zur  Entfremdung. Was fremd wird verunsichert, was vertraut ist, fühlt sich sicher an. 

Sowohl Bindung als auch Autonomie sind Grundbedürfnisse. Wir sehnen uns nach Eigenständigkeit, Selbstbestimmtheit und Abenteuer und brauchen gleichzeitig das Gefühl von Geborgenheit und Zugehörigkeit. Ein Mangel an Bindung sorgt dafür, dass die Partner in gewisser Hinsicht vereinsamen. Das scheint bei Ihnen geschehen zu sein. 

Sprechen Sie mit Ihrem Mann ganz offen über Ihre Beobachtungen, Gefühle und auch über Ihre  Befürchtungen. Vielleicht haben Sie sich beide an diesen Zustand gewöhnt und vermissen sich  gegenseitig, ohne, dass Ihnen dies richtig bewusst war. 

Tauschen Sie sich aus über das, was für Sie gut ist und jenes, was sich verändert hat und nun vielleicht weniger gut ist. So können Sie Wege finden, wieder aufmerksamer und bewusster miteinander umzugehen. In jeder Beziehung ist es von Zeit zu Zeit wichtig, eine  Bestandsaufnahme zu machen. So kann man gemeinsam reflektieren, was erhaltenswert ist und  wo Veränderungsbedarf besteht. Bleiben Sie dabei offen und neugierig und auch mutig. Ich wünsche Ihnen alles Gute!

Dorothea Perkusic

Sie haben eine Frage rund um die Themen Leben & Liebe?

Schreiben Sie an Einzel-, Paar- und Sexualtherapeutin Dorothea Perkusic. Alle Fragen werden beantwortet, ausgewählte anonymisiert veröffentlicht.

Rubriklistenbild: © pixabay

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