Günstiges ÖPNV-Ticket
Streit um Finanzierung: Deutschlandticket bleibt erst einmal – könnte aber teurer werden
Bund und Länder halten weiterhin am Deutschlandticket fest – dazu wurde zumindest in Teilen geklärt, wie bei der Finanzierung fortgefahren werden soll. Eine Preisanhebung ist nicht ausgeschlossen.
Das Deutschlandticket gilt als Erfolgsmodell: In den ersten vier Monaten seit seiner Einführung am 1. Mai haben laut dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) bis zu elf Millionen Kunden von dem Angebot Gebrauch gemacht. Bei 47 Prozent davon handelt es sich um Neuabonnenten, die zuvor mit Einzelfahrscheinen oder Zeitkarten ohne Abo im ÖPNV unterwegs waren. Doch trotz dieser Bilanz mussten Bahnreisende fürchten, dass das Deutschlandticket für das kommende Jahr auf der Kippe steht. Bund und Länder haben die Finanzierung nämlich nur für das Einführungsjahr umfassend geklärt – wie es 2024 weitergeht, darüber konnte in den vergangenen Monaten keine Einigung erzielt werden. Nun sind jedoch erste wichtige Schritte getan.
Mehrkosten bei der Finanzierung des Deutschlandtickets: Wer übernimmt sie?
Bei einem Treffen in Berlin haben Bund und Länder sich laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) darauf geeinigt, dass in diesem Jahr nicht verbrauchte Mittel 2024 aufgewendet werden können, um Mehrkosten zu decken, die den Verkehrsunternehmen durch das Deutschlandticket entstehen. Bisher ist die Finanzierung nämlich folgendermaßen geregelt: Bund und Länder schießen von 2023 bis 2025 jeweils 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zu, um die Einnahmeausfälle der Verkehrsanbieter aufgrund des günstigen Ticketpreises auszugleichen. Mehrkosten, die darüber hinaus anfallen, wollen Bund und Länder jeweils zur Hälfte nur für 2023 übernehmen. Und dabei soll es nach aktuellem Stand auch bleiben. „Eine weitere Nachschusspflicht durch Bund und Länder“ für 2024 soll laut dpa-Bericht ausgeschlossen werden, stattdessen soll bisher ungenutztes Geld als Puffer dienen. Laut der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) belaufen sich diese nicht verbrauchten Mittel in diesem Jahr auf rund 600 Millionen Euro.
Wie groß ist die Finanzierungslücke beim Deutschlandticket?
Eine Prognose des Verbandes der Verkehrsunternehmen zufolge dürften sich die Verluste der Branche im Zeitraum von Mai – dem Einführungsmonat des Deutschlandtickets – bis Ende des Jahres auf 2,3 Milliarden Euro belaufen. Im vollen nächsten Jahr dürften es dann 4,1 Milliarden Euro sein. Bei insgesamt sechs Milliarden Euro an Zuschüssen ergibt sich als eine Lücke von 400 Millionen Euro für beide Jahre. Um die Mehrkosten genau zu beziffern, soll laut Bund und Länder eine „Spitzabrechnung“ her, sobald die Daten endgültig vorliegen.
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Wird das Deutschlandticket im nächsten Jahr teurer?
Bereits von Anfang an sollten es sich bei den 49 Euro für das Deutschlandticket nur um einen „Einführungspreis“ handeln. Eine Preiserhöhung wird aber immer realer, da Bund und Länder sich weiterhin weigern, über einen staatlichen Zuschuss von drei Milliarden Euro pro Jahr hinauszugehen. Nun sollen die Landesverkehrsminister sich ein Konzept überlegen, wie das Ticket 2024 hinsichtlich der Übertragung der nicht verbrauchten Mittel umgesetzt werden kann – und zwar noch vor dem 1. Mai 2024, wenn das Ticket ein Jahr alt wird. Bund und Länder wollen sich dann über die weitere Finanzierung verständigen, „einschließlich eines Mechanismus zur Fortschreibung des Ticketpreises, der auch eine Erhöhung beinhalten kann“, heißt es demnach.
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Die Verbraucherzentralen sehen das gar nicht gern: Bund und Länder haben es aus ihrer Sicht versäumt, für Planungssicherheit zu sorgen. Nun müssen erneut Verbraucher darunter leiden und womöglich mit Preiserhöhungen rechnen: „Das macht das Deutschlandticket weder attraktiver noch verlässlicher“, sagt die Chefin des Bundesverbands, Ramona Pop, laut dpa. Schon jetzt seien 49 Euro pro Monat für viele Bahnreisende die Schmerzgrenze. Sollte der Preis weiter angehoben werden, so würde das die Akzeptanz des Tickets gefährden. Stattdessen sollten Bund und Länder aus Sicht der Verbraucherzentralen ihre Mittel erhöhen und den Nahverkehr verbessern. Auch die Umweltorganisation Greenpeace kritisiert die aktuellen Entwicklungen: „Wenn die Kundinnen und Kunden jederzeit mit einer Preiserhöhung rechnen, dann würgt das den Erfolg des Tickets ab, noch bevor es überhaupt richtig angekommen ist“, so die Greenpeace-Expertin Clara Thompson laut dpa.
Rubriklistenbild: © Thomas Banneyer/dpa
