Keine 49 Euro mehr?
Wird das Deutschlandticket im nächsten Jahr teurer? Streit um Finanzierung
Elf Millionen Abos sind nur drei Monate nach Einführung des Deutschlandtickets verkauft worden. Was die Finanzierung im kommenden Jahr angeht, herrscht aber offenbar Uneinigkeit.
Das Deutschlandticket ermöglicht es Bahnreisenden bundesweit mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu fahren – ohne komplizierten Tarifdschungel und zu einem vergleichsweise günstigen Preis. Es handelt sich um den Nachfolger des 9-Euro-Tickets, welches Bürger im letzten Sommer finanziell entlasten sollte. Sicher ist aber nicht, ob das Ticket im nächsten Jahr noch für 49 Euro verkauft werden kann. Ein Brief des nordrhein-westfälischen Verkehrsministers Oliver Krischner an den Bundesverkehrsminister Volker Wissing, welcher der Süddeutschen Zeitung (SZ) vorliegt, zeugt von einem Streit um die künftige Finanzierung des Deutschlandtickets.
Deutschlandticket auf der Kippe? Streit um Finanzierung der Mehrkosten
Ende März hatten sich Bund und Länder über die Finanzierung des Deutschlandtickets geeinigt – beide Seiten wollten von 2023 bis 2025 jeweils 1,5 Milliarden Euro pro Jahr beisteuern, um die Einnahmeausfälle der Verkehrsanbieter aufgrund des günstigen Ticketpreises auszugleichen. Auch für Mehrkosten, die im ersten Jahr auftreten sollten, – wie zum Beispiel die Einführung und Digitalisierung des Tickets – wollten sich Bund und Länder gleichmäßig aufteilen. Wie es über 2023 hinaus mit den Mehrkosten aussieht, wurde jedoch noch nicht abschließend geklärt – und genau das wird nun zum Problem.
Denn nur die Länder sind offenbar bereit, weiterhin die Mehrkosten zu schultern. Der Bund lehnte eine Zusage dahingehend bisher ab. Daher würden „die Länder die Fortführung des Deutschlandtickets oder zumindest dessen flächendeckende Anwendung ernsthaft gefährdet“ sehen, wie es in dem Brief Krischners an Wissing heißt. Verkehrsverbünde fürchten, auf den Kosten sitzen zu bleiben. In den kommenden Wochen müssen sie ihre Tarife für die Zeit nach dem Jahreswechsel anpassen, doch ohne Zusagen über die Finanzierung des Deutschlandtickets, sei das kaum möglich. Laut Krischner müsse „bis spätestens Oktober Klarheit über den Preis und die Finanzierung des Deutschlandtickets herrschen“.
Dem stimmt auch der Vizepräsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Werner Overkamp, laut SZ zu: „Die Zukunft des Deutschlandtickets ist ungewiss, weil die Verkehrsunternehmen und -verbünde nicht wissen, ob seine Finanzierung im nächsten Jahr weitergeht.“ Der Ball liege nun bei Bund und Ländern. Rückendeckung gibt es außerdem vom baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne): „Der Bund und vor allem Bundesverkehrsminister Wissing müssen sich jetzt endlich zu dem von ihm selbst initiierten Projekt bekennen und auch in den kommenden Jahren die Hälfte der Kosten des Deutschlandtickets übernehmen“, sagte er der Zeitung.
Wird das Deutschlandticket im nächsten Jahr teurer?
Schon von Anfang an hieß es, dass es sich bei den 49 Euro pro Monat nur um den „Einführungspreis“ handle. Allerdings stellte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst erst ab dem zweiten Jahr eine Erhöhung in Form eines automatischen Inflationsausgleichs in Aussicht. Aufgrund des Streits um die Mehrkosten könnte das Ticket nun schon früher teurer werden.
„Die Anzeichen verdichten sich, denn erste Verkehrsbetriebe sehen den Preis von 49 Euro lediglich als Einstieg. Auch deshalb heißt es nicht ‚49-Euro-Ticket‘, sondern einfach nur schlicht ‚Deutschlandticket‘“, so der Focus-Online-Verbraucherexperte Konstantinos Mitsis. Er vermutet, dass die Verkehrsverbünde einen Preis von 69 Euro im Monat anstreben könnten, so wie bereits Anfang des Jahres vom Verband der Deutschen Verkehrsunternehmen (VDV) vorgeschlagen.
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Zugreisende und Pendler müssen aber offenbar nicht fürchten, dass das gesamte Projekt scheitert, wie die SZ aus Regierungskreisen erfahren hat. Dort hält man trotz der Differenzen an einer Fortführung des Tickets fest. Einfach wird es dennoch nicht: Wissings Ministerium begrüßt zwar, „dass die Länder bereit sind, ihren Teil zur weiteren Finanzierung des Deutschlandtickets zu übernehmen“, sagte ein Sprecher der SZ. Eine feste Zusage zur Übernahme der Hälfte der Mehrkosten gibt es aber mit Verweis auf die „angespannte Haushaltslage“ immer noch nicht.
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