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„Nicht die hellste Kerze“

Markus Lanz grillt Meuthen: „Mit diesen völkischen Leuten sind Sie doch mitgelaufen“

Die Talkrunde bei „Markus Lanz“ (ZDF).
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Die Talkrunde bei „Markus Lanz“ (ZDF).

Von der Klima- über die Außenpolitik zu Ex-AfD-Chef Jörg Meuthen: Die „Markus Lanz“-Runde debattiert intensiv, unter anderem mit der neuen Grünen-Chefin Ricarda Lang.

Hamburg – Markus Lanz schließt in seiner Sendung am Mittwoch nahtlos an seinem ZDF-Talk vom Vorabend an. Kann das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 scheitern, wenn Russland die territoriale Integrität der Ukraine erneut verletzt? Grünen-Chefin Ricarda Lang tut sich mit diesem Bekenntnis ähnlich schwer wie am Vorabend der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil. „Wenn die Russen in der Ukraine einmarschieren, dann wird das Konsequenzen haben, die Putin richtig weh tun. Wenn wir über Abschreckung sprechen, dann ist es vielleicht klug, sich nicht auf ein Instrument zu fokussieren“, sagt die Grünen-Vorsitzende - und klang dabei wie ein Echo Olaf Scholz‘.

Moderator Lanz beschwert sich bei Lang darüber, dass Klingbeil „fast wortgleich“ geantwortet habe. Die Grüne macht kein Geheimnis daraus, dass innerhalb der Regierungskoalitionäre eine abgestimmte Linie herrsche. Der Gastgeber lässt daraufhin von der Grünen-Vorsitzenden ab und versucht, mit der Deutschlandfunk-Journalistin Nadine Lindner und dem Ökonom Clemens Fuest zu ergründen, warum deutschen Spitzenpolitikern „dieser eine Satz“ nicht über die Lippen gehe. Auch in den USA sei gerätselt worden, meint Lindner: „Ist es ein Glaubensbekenntnis?“

Bei „Markus Lanz“: Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang spricht sich gegen Lieferung von Defensivwaffen an die Ukraine aus

Lang sieht die Ampel-Regierung auf gutem Weg. Dass der Kurs Wirkung zeige, beweise der Auftritt des ukrainischen Außenministers - der habe am Mittwoch gesagt, der diplomatische Druck wirke sich positiv aus. Lanz erkundigt sich, ob es auch beim Nein zu Waffenlieferungen an die Ukraine bleibe. Lang sagt leicht ausweichend: „Das ist die Linie. Ich schließe das nicht definitiv aus, sondern ich sage, dass es im Moment notwendig ist, dass wir den diplomatischen Weg gehen.“

Dass Fracking-Gas als Alternative zum russischen Gas stärker ins Gespräch kommt, ist für Lang ein derzeit notwendiges Übel. Die Förderung sei zu stark umweltbelastend, um zukunftsfähig zu sein – doch in der aktuellen Lage sei auch der politischen Verpflichtung zur Versorgungssicherheit Rechnung zu tragen. „Natürlich“ gebe es eine Co-Abhängigkeit von Russland als Rohstofflieferant, diese zu reduzieren müsse das Ziel europäischer Politik sein. „Die Antwort darauf sind die erneuerbaren Energien“, sagt Lang.

Flüssiggas aus Amerika? Grünen-Vorsitzende Lang muss bei „Markus Lanz“ unbequeme Realpolitik verteidigen

Moderator Lanz interessiert sich weniger für erneuerbare Energien, als für Langs möglichen Gewissenskonflikt und will sie festnageln: „Also befürworten Sie den Plan von Habeck, Flüssiggas-Lieferungen aus Amerika zu bekommen? Ja oder nein?“ Lang wiederholt erneut ihre Antwort, der Moderator wird ungeduldig. „Das heißt, Sie beantworten die Frage nicht?“, hakt er nach. Lang grinst den Moderator für einen Moment an und sagt: „Wenn Sie das so sehen.“

„Anders kann man das nicht sehen. Ein Gespräch ist ja: Frage, Antwort. Das ist das Spiel“, erklärt der Gastgeber das Prinzip seiner Talkrunde. Lang antwortet zwar, doch den Konflikt in ihrer Position bekommt sie nicht gelöst: Einerseits möchte sie sich von LLG-Gas distanzieren, andererseits „unseren grünen Wirtschaftsminister“ dafür verteidigen, dass dieser prüfe, ob die Versorgungssicherheit in Deutschland mithilfe dieses Gases gewährleistet werden muss. Ökonom Fuest springt Lang zur Seite und bezeichnet das Vorgehen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) als „genau richtig“.

„Markus Lanz“ - das waren seine Gäste am 9. Februar:

  • Ricarda Lang (Grüne) – Parteichefin und Bundestagsabgeordnete
  • Jörg Meuthen (parteilos) – Europaabgeordneter
  • Nadine Lindner – Deutschlandfunk-Journalistin
  • Prof. Clemens Fuest – Ökonom

Dass Talkmaster Lanz Ricarda Lang mit bohrenden Fragen durch die Mangel dreht, scheint Ex-AfD-Politiker Jörg Meuthen still zu genießen. Immer wieder entgleitet ihm ein Schmunzeln, während Lang durch ihre „Markus Lanz“-Feuertaufe als Parteivorsitzende laviert. Meuthen meldet sich erst zu Wort, als der Gastgeber ihn direkt anspricht.

In der Debatte um die Ernennung der Ex-Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan zur Staatssekretärin im Auswärtigen Amt interessiert Lanz die Meinung des konservativen Politikers. Meuthen macht ohne Umschweife deutlich, dass der politische Gegner für ihn auch nach dem Abgang aus der AfD der Gleiche geblieben ist: „Ich würde mich freuen, wenn Frau Baerbock sich darauf konzentrieren würde, die eigentliche Arbeit zu tun. Die ist nicht Klimapolitik über das Auswärtige Amt.“

„Das ist halt ein Verständnis von Außenpolitik aus dem letzten Jahrhundert und ein Verständnis von Klimapolitik aus dem letzten Jahrhundert“, entgegnet Lang und legt ihre Position dar: Nur wenn Klimaschutz alle politischen Bereiche adressiere, lasse er sich auch verwirklichen. Dass das „mit Zumutungen“ für die Gesellschaft einhergehe, sagt Lang erst aufgrund weiteren Bohrens von Lanz. Als Antwort schwebt der Grünen-Co-Vorsitzenden vor, Menschen zu unterstützen, die unter Klimamaßnahmen finanzielle Einbußen hinzunehmen haben. Sie fragt: „Wie kriegen wir es hin, dass zum Beispiel das Geld über ein Klimageld an die Menschen zurückgezahlt wird?“

Jörg Meuthen arbeitet bei „Markus Lanz“ an seinem Image: „Ein Parteiausschlussverfahren gegen Höcke wäre gescheitert“

Ungemütlicher wird es für Meuthen, als er im zweiten Teil der Sendung selbst ins Zentrum des Interesses gerät. Er sei in einem „schmerzhaften Prozess“ zur Gewissheit gelangt, dass die AfD „als Alternative keine Zukunft“ habe und er den Weg, den die Partei nehme nicht länger mitgehen könne, sagt der Ex-Parteichef. Sein Ziel sei es gewesen, die AfD als konservativ-bürgerliche Kraft zu etablieren, doch am Ende sei er mit diesem Vorhaben gescheitert.

Meuthen erklärt, bei der AfD habe es sich stets um „zwei Parteien in einer“ gehandelt: Einerseits habe es bürgerlich-konservative Kräfte gegeben, andererseits einen Flügel, der einen völkisch-nationalistischen Kurs verfolge. „Mit genau diesen völkischen Leuten sind Sie doch extrem lange mitgelaufen. Den Parteiausschluss von Björn Höcke haben Sie verhindert“, wirft Gastgeber Lanz Meuthen vor. Der entgegnet knapp: „Weil es nicht geklappt hätte, nicht weil ich ihn nicht raushaben wollte.“

Meuthen lässt dabei keinen Zweifel, dass völkisch gefärbte Provokationen aus Höckes Mund Absicht sind. Höcke wisse, was er sage, meint der Europaparlamentarier. „Der mag nicht die hellste Kerze auf der Torte sein, aber er ist Geschichtslehrer. Und dann weiß er, was ‚Alles für Deutschland‘ heißt und dass das eine SA-Konnotation hat.“

„Markus Lanz“-Runde diskutiert Meuthens Austritt aus der AfD: „Ich war ein Feldherr ohne Truppen“

„Wenn Ihnen das so klar war, warum haben Sie damals nicht die Entscheidung getroffen, einfach auszutreten?“, wundert sich der Moderator. Meuthen weicht aus - dafür schaltet sich Lang wieder ein. Dass Meuthen jetzt aus der Partei austrete, habe nichts mit einer plötzlichen Erkenntnis zu tun, sondern sei dem Umstand geschuldet, dass er in der AfD „keine Machtperspektive“ mehr für sich habe erkennen können. „Das nimmt Ihnen auch niemand ab“, meint Lang. Meuthen winkt ab: „Sie nicht. Aber kümmern Sie sich mal um die gewaltaffinen Teile in Ihrer Partei“ - wohl eine Anspielung auf jüngste Klimaproteste auf Deutschlands Straßen.

Gastgeber Lanz schreitet ein und bittet um Sachlichkeit, Lang habe einen Punkt. Meuthen wiederholt seine Sicht: Er sei „ein unglaublich beharrlicher“ Mensch, der daran geglaubt habe, eine bürgerlich-konservative Alternative mitgestalten zu können. Diesen Versuch habe er „länger ausgehalten als andere“. Doch am Ende, bilanziert Meuthen, sei er „ein Feldherr ohne Truppen“ gewesen. „Also machtlos“, stellt Talkmaster Lanz fest und wendet sich bestätigend Richtung Lang. Meuthen wirft die Hände in die Luft: „Ja, machtlos! Da habe ich ja kein Problem damit. Ich räume auch frank und frei ein, dass ich gescheitert bin.“

„Markus Lanz“ - Das Fazit der Sendung

Talkmaster Markus Lanz konfrontiert Grünen-Chefin Ricarda Lang am Mittwochabend mit zahlreichen kontroversen Debatten rund um ihre Partei. Sie stellt dabei ihre Schlagfertigkeit unter Beweis und lässt sich trotz beharrlicher Versuche des Gastgebers selten in die Ecke drängen. Die Journalistin Nadine Lindner und der Ökonom Prof. Clemens Fuest teilen Lanz‘ Kritik nur selten und ordnen das Handeln der Regierung positiver ein.

Im zweiten Teil der Sendung rücken Lanz und Journalistin Nadine Lindner dem Politiker Jörg Meuthen (parteilos) auf die Pelle und analysieren die Chronologie der Radikalisierung der AfD, in denen Meuthen Einspieler für Einspieler Partei für härtest Rechte wie Björn Höcke (AfD) ergreift. Dessen völkisch-nationalistische Strömung in der AfD habe er unterschätzt, in seiner Rolle als Parteivorsitzender seien immer häufiger unbequeme Kompromisse notwendig gewesen. Doch erst als der „Dexit“ als Forderung im Parteiprogramm stand, habe er begriffen, dass sein Einfluss auf die Programmatik der Partei zu gering geworden sei, um weiterzumachen. (Hermann Racke)

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