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Interview

Wie sich China Zugriff auf Rohstoffe sichert – und seine weltweite Machtposition ausbaut

Für die EU ist China bei vielen kritischen Rohstoffe das wichtigste Lieferland. Dahinter steckt eine langfristige Strategie der Volksrepublik.

Häfen, Eisenbahnlinien, Autobahnen: Chinas „Neue Seidenstraße“ steht für teils umstrittene Großprojekte. Jetzt soll sie „kleiner“, „grüner“ und „smarter“ werden. Dennoch bleibt Pekings globales Infrastrukturprojekt auch ein geopolitisches Instrument. „China hat eine klare Strategie für die eigene Entwicklung, und die Neue Seidenstraße ist ein Mittel, um dieses Ziel zu erreichen“, sagt Wirtschafts- und China-Expertin Lisa Flatten im Interview. So sichert sich Peking weltweit Zugriff auf begehrte Rohstoffe – während Europa hilflos zuschaut.

Frau Flatten, im vergangenen Jahr ist die Zahl der Seidenstraßen-Projekte erstmals zurückgegangen. Hat Chinas Prestigeprojekt an Strahlkraft verloren?
Die Zahl der neu abgeschlossenen Projekte rund um die Neue Seidenstraße ist tatsächlich in fast allen Weltregionen zurückgegangen. Das haben wir beim Blick auf Absichtserklärungen sowie Folge- und Neuaufträge festgestellt. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hat schon 2023 eine Neuausrichtung der Seidenstraße gefordert, und das spiegelt sich in der Entwicklung, die wir heute beobachten, wider.
Verladung von Seltenen Erden in China (Archivbild): Das Land sichert sich weltweit Zugriff auf Rohstoffe.
Wie soll sich die Seidenstraße denn verändern?
Sie soll „kleiner“, „grüner“ und „smarter“ werden. Und in diese Richtung gehen viele der jüngeren Projekte. So werden etwa Projekte gefördert, die mit Wasserstoff zu tun haben oder mit Erneuerbaren Energien. Gleichzeitig hat beispielsweise die Finanzierung von Kohlekraftwerken abgenommen. Wir sehen viele ganz unterschiedliche Projekte, China baut zum Beispiel Brunnen in Simbabwe oder Krankenhäuser in Papua-Neuguinea.

Zur Person

Lisa Flatten ist Wirtschaftsexpertin bei Germany Trade & Invest, der Außenwirtschaftsagentur des Bundes. Sie beschäftigt sich vor allem mit Ostasien.

„China hat eine klare Strategie für die eigene Entwicklung“

Was hat sich noch verändert?
Chinesische Unternehmen arbeiten immer öfter mit Firmen aus aller Welt zusammen, zum Beispiel mit Partnern aus Spanien oder Südkorea. Diese wissen zum Teil gar nicht, dass China diese Kooperationen zu seiner Neuen Seidenstraße zählt. Projekte werden außerdem immer weniger von China selbst finanziert. Chinesische Unternehmen sind dafür sehr erfolgreich darin, Ausschreibungen von internationalen Entwicklungsbanken – auch von der EU – zu gewinnen.
Ist die Zeit vorbei, in der China für viel Geld Großprojekte wie Häfen, Autobahnen oder Eisenbahnlinien baut?
Großprojekte gibt es weiterhin. Im November erst wurde in Peru ein neuer Hafen eröffnet, den China finanziert hat – das Projekt wurde allerdings schon vor Jahren beschlossen. Auch gehen die Planungen für den Bau einer Eisenbahnlinie voran, die von China über Kirgisistan nach Usbekistan führen soll. Im Großen und Ganzen werden solche Projekte aber seltener.
Woran liegt das?
Ein Grund ist sicher Chinas derzeit schwierige wirtschaftliche Lage. Bei der chinesischen Bevölkerung kommt es nicht gut an, wenn die Regierung in dieser Situation milliardenschwere Projekte im Ausland finanziert. China überlegt sich heute zweimal, ob es ein Prestigeprojekt im Ausland finanziert oder nicht. Ein Projekt muss entweder einen wirtschaftlichen oder strategischen Nutzen für China erfüllen.
In welcher Hinsicht?
China hat eine klare Strategie für die eigene Entwicklung, und die Neue Seidenstraße ist ein Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Die Seidenstraße dient einerseits wirtschaftlichen Zielen – Überkapazitäten im eigenen Land werden ins Ausland exportiert, im Gegenzug führt China Rohstoffe oder Vorprodukte ein. Was wiederum auch geopolitischen Zielen dient. China sichert sich, auch über die Seidenstraße, Zugriff auf Rohstoffe, und diese Verfügbarkeit verschafft dem Land eine strategische Machtposition.

„China treibt seit sehr vielen Jahren intensive Rohstoffsicherung voran“

Wie sieht das konkret aus?
Die Volksrepublik treibt seit sehr vielen Jahren intensive Rohstoffsicherung voran. China ist für die Europäische Union bei elf der 34 von ihr als kritisch eingestuften Rohstoffe das wichtigste Lieferland. Nur ein Beispiel: 36 Prozent der weltweiten Mangan-Vorkommen finden sich in Südafrika, davon exportiert Südafrika 94 Prozent nach China. China hat viele rohstoffreiche Länder für sich erschlossen, zum Beispiel, indem es dort Schürfrechte erworben oder sich an Minen beteiligt hat. Diese Rohstoffe werden in den meisten Fällen wieder nach China importiert und dort weiterverarbeitet. Das heißt, dass in den Ländern nur sehr wenig Wertschöpfung stattfindet.
Die EU will Chinas Seidenstraße unter der „Global Gateway“-Initiative Konkurrenz machen, das Programm wurde Ende 2021 gestartet.
Die EU hat mit „Global Gateway“ Projekte, die zum Teil schon länger geplant sind, mit einem neuen Label versehen, um die ohnehin breite Projektfinanzierung der EU weltweit besser vermarkten zu können. Die Sache ist, dass chinesische Unternehmen oftmals eher bereit sind, ein Risiko einzugehen, und deswegen auch Investitionen wagen, vor denen europäische Unternehmen zurückschrecken. Da wird eben mal ein Projekt versenkt – das nächste bringt dafür wieder genug Geld ein. Vor allem, wenn die Projekte staatlich abgesichert sind, fällt das nicht schwer. Anders als China plant Europa hingegen intensiver, dafür braucht die Projektrealisierung aber oftmals auch länger.
Immer wieder wird China vorgeworfen, Sozial- und Umweltstandards zu missachten oder die Partnerländer in eine Schuldenfalle zu treiben.
Es ist so, dass zum Beispiel 13 Prozent aller afrikanischen Auslandsschulden auf China entfallen. Und auch die Kritik, die an mangelnden Umweltstandards oder der fehlenden Nachhaltigkeit einiger Projekte geäußert wird, kommt nicht von Ungefähr. Gleichzeitig sind aber natürlich auch viele Infrastrukturprojekte geschaffen worden, die es ohne Chinas Finanzierung oder ohne überhaupt den Einsatz Chinas wahrscheinlich nicht gegeben hätte. Ich denke, dass China durch die Seidenstraße geopolitisch und auch wirtschaftlich, gerade im globalen Süden, ein höheres Ansehen erreichen konnte.

Rubriklistenbild: © Imago

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