Botschaft an Schwarz-Rot
Wehrpflicht-Diskussion vom Bundespräsidenten angeheizt
Die Wehrpflicht-Debatte hält in Deutschland an. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußert sich im ARD-Sommerinterview mit klaren Worten dazu.
Berlin – Seine Befugnisse haben einen klaren Rahmen: Der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin ist das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland. Er oder sie hält sich aus dem Gesetzgebungsprozess raus, bis es darum geht, ein Gesetz gegenzuzeichnen.
Wehrpflicht oder Wehrdienst? Bundespräsident Steinmeier schaltet sich in Debatte ein
Seine oder ihre Rolle liegt grundsätzlich abseits der Tagespolitik und fokussiert sich auf die repräsentative Funktion, insbesondere wenn Staatsgäste im Schloss Bellevue in Berlin empfangen werden. Insofern ließ der Amtsinhaber im am Wochenende veröffentlichten ARD-Sommerinterview aufhorchen.
Konkret: In Umfeld von Ukraine-Krieg und Russland-Aggressionen unter Moskau-Autokrat Wladimir Putin in Europa hat sich Frank-Walter Steinmeier klar für eine Wehrpflicht in Deutschland ausgesprochen, während Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) laut ZDF dem Kabinett von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) Ende August einen Gesetzentwurf für einen freiwilligen Wehrdienst vorlegen will.
Aufrüstung der Bundeswehr: Boris Pistorius sucht zehntausende Soldaten für die Truppe
„Ich bin ein Vertreter der Wehrpflicht, weil ich sage, mit der Veränderung der Sicherheitslage in Europa, mit der Tatsache, dass ein Krieg stattfindet, mit den Schlüssen, die wir daraus gezogen haben uns besser zu schützen, gehört auch die personelle Ausrüstung der Bundeswehr (dazu, d. Red.)“, erklärte der 69-jährige frühere Bundesaußenminister, der seit März 2017 Bundespräsident ist. Steinmeier war zwischen 2005 und 2009 sowie zwischen 2013 und 2017 jeweils unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für das Ressort Auswärtiges zuständig und hatte seinerzeit auch mit Putins russischem Regime um Außenminister Sergei Lawrow zu tun.
Pistorius sucht aktuell für die deutschen Streitkräfte zehntausende neue Soldatinnen und Soldaten. Die Bundeswehr wirbt deshalb auch bei der Frauen-EM 2025 gezielt um junge Frauen. Pistorius‘ auf Freiwilligkeit beruhendes Wehrdienstmodell soll laut Spiegel eigentlich im Frühjahr 2026 beginnen, um die Zahl aktiver Soldatinnen und Soldaten bis 2035 von derzeit 182.000 auf schließlich 260.000 zu steigern. Hinzukommen sollen dauerhaft und dokumentiert 200.000 Reservistinnen und Reservisten, die zuvor bei den deutschen Streitkräften besagten Wehrdienst geleistet haben und somit militärisch trainiert sind. Alle 18-Jährigen, ob Frau oder Mann, ab dem Jahrgang 2008 sollen ab dem kommenden Jahr einen Fragebogen erhalten und Auskunft darüber geben, ob sie sich einen Wehrdienst vorstellen können oder nicht.
Debatte über Wehrpflicht in Deutschland: CDU-Mann fordert viel größere Bundeswehr
Aktuell sollen die deutschen Behörden verschiedenen Medienberichten zufolge kaum einen Überblick darüber haben, welche Bürger als Reservisten infrage kommen. Wehrdienstleistende sollen nach ihrer Dienstzeit künftig automatisch als Reservisten gelten. Die Wehrpflicht ist dagegen unter Artikel 12a Grundgesetz auf junge Männer beschränkt. Unter dem Paragrafen heißt es: „Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden.“
Dennoch wären über die nächsten Jahre gesehen wohl Millionen Deutsche von einer Rückkehr zur Wehrpflicht direkt oder mittelbar, als Familienmitglieder, betroffen. Zum Beispiel Vertreter der deutschen Wirtschaft und CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter hatten eine viel größere Bundeswehr gefordert. Kiesewetter sagte unlängst Merkur.de von IPPEN.MEDIA: „Wir brauchen in Deutschland künftig etwa 460.000 Soldatinnen und Soldaten, zuzüglich einer militärischen und zivilen Reserve. Es wäre sinnvoll gewesen, mit den Grundgesetzänderungen zur Schuldenbremse zugleich vorsorglich die Verfassungsänderung bei der Wehrpflicht zu machen und diese auf Frauen auszuweiten. Damit wir bei Bedarf einen Gesellschaftsdienst für Frauen und Männer einführen können.“ (pm)
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