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„Worst Case Szenario“

Linken-Angst vorm 19. Dezember: Dieses Urteil könnte die Partei beerdigen – auch Wagenknecht

Kurz vor Weihnachten fällt ein wichtiges Urteil für die Linke. Im schlimmsten Fall droht das Bundestags-Aus. Das ist aber nicht die einzige Sorge der Partei.

Berlin – Für die Linke gab es am Nikolaustag keine Geschenke. Seit 6. Dezember, 0 Uhr, gilt sie nach dem Austritt des Wagenknecht-Lagers offiziell nicht mehr als Fraktion. Es ist der vorläufige Tiefpunkt eines jahrelangen Streits zweier Parteiströmungen, die nun beide als sogenannte Gruppe weitermachen wollen. Darunter versteht man einen Zusammenschluss von Abgeordneten im Bundestag mit deutlich weniger Rechten als eine Fraktion. Darüber, ob die Linke den Gruppenstatus bekommt, entscheidet der Bundestag. Das ist bislang aber nicht der Fall. Hintergrund ist ein noch ausstehendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts – das die Linke vorläufig beerdigen könnte.

Neuwahl in Berlin? Dann kämpft die Linke ums Überleben

Am 19. Dezember entscheidet sich, in welchem Ausmaß die Bundestagswahl 2021 in Berlin wiederholt werden muss. Zur Erinnerung: Am Wahltag versank die Hauptstadt im Chaos. Wahlbüros blieben weit über die offizielle Sperrzeit von 18 Uhr hinaus geöffnet, Wahlzettel wurden vertauscht. Der Bundestag hatte bereits eine Wahlwiederholung in bestimmten Bezirken veranlasst, doch die Union klagte dagegen. Sie will, dass die Wahl in allen Bezirken wiederholt wird. Für die Linke ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts elementar. Denn 2021 verpasste die Partei mit 4,9 Prozent eigentlich die erforderliche Fünf-Prozent-Hürde. Nur aufgrund drei gewonnener Direktmandate und der dann greifenden Grundmandatsklausel durfte sie überhaupt in den Bundestag einziehen.

Neben Sören Pellmann (Leipzig) gewannen ihren Wahlkreis auch zwei Abgeordnete in Berlin: Gesine Lötzsch in Lichtenberg und Gregor Gysi in Treptow-Köpenick. Auf ihren Schultern lastet bei einer Neuwahl die Zukunft der Partei. Erreicht die Partei weniger als drei Direktmandate und wird die 5-Prozent-Hürde nicht überschritten, ist sie raus aus dem Bundestag. Alle Linken ohne Direktmandat müssten gehen. Mehrere Abgeordnete sprechen vom „Worst-Case-Szenario“.

Bei einer drohenden Neuwahl gilt nur Gysis erneuter Sieg als gesichert. Der langjährige Fraktionschef holte 2021 35,4 Prozent der Erststimmen und lag damit 20 Prozentpunkte vor der zweitplatzierten SPD-Politikerin Ana-Maria Trăsnea. Bei Lötzsch sieht es enger aus. Sie gewann zwar mit 25,8 Prozent, liegt aber weniger komfortabel vor der zweitplatzierten Anja Ingenbleek (SPD; 19,6 Prozent). Angesichts der aktuellen Umfragewerte der Linken könnte es knapp werden. Theoretisch könnte die Linke bei einer Neuwahl zwar auch zusätzliche Direktmandate gewinnen. Wirklich infrage kommt hier aber nur Petra Pau. Sie war 2021 in Marzahn-Hellersdorf mit 21,9 Prozent Zweite hinter CDU-Politiker Mario Czaja (29,4).

Bleiben die Stühle bei der Linken künftig unbesetzt? Am 19. Dezember fällt ein wichtiges Urteil für die Partei

Keine Lust auf Wahlkampf mit Wagenknecht

Von Fraktionsmitgliedern heißt es, man vertraue Lötzsch und Gysi grundsätzlich und gehe auch davon aus, dass beide erneut in ihren Wahlkreisen das Direktmandat holen. Mit Pellmanns Mandat in Leipzig, der von einer Wiederholungswahl nicht betroffen wäre, hätte die Linke es geschafft. Auf das bleibende Restrisiko hat man in der Partei aber wenig Lust. Vor allem, weil man sich den dann schwierigen Wahlkampf unter allen Umständen ersparen möchte.

Die zersplitterte Linke müsste gemeinsam mit dem neu gegründeten „Bündnis Sahra Wagenknecht“ um Stimmen werben. Wagenknecht und die neun Abgeordneten, die ihr folgen, haben es ausschließlich dem Trio Pellmann-Lötzsch-Gysi zu verdanken, im Bundestag zu sitzen. Keiner der drei gilt übrigens als Unterstützer Sahra Wagenknechts. Gysi prophezeite im Oktober im Interview mit der Frankfurter Rundschau: „Wenn Sahra gehen sollte, dann wird ein neuer Kampfgeist entstehen, damit die Linke nicht untergeht.“ Und weiter: „Wie ich meine Partei kenne, wächst in der Krise die Leidenschaft zur Rettung.“ Die nächste Krise könnte bald auf die Linke zukommen. (as)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Chris Emil Janssen

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