Neuanfang als Gruppe?
„Traurig, dass es so endet“: Linksfraktion beschließt eigene Auflösung – Datum steht fest
In wenigen Wochen ist Schluss: Nach dem Austritt von zehn Abgeordneten um Sahra Wagenknecht bringt die Fraktion der Linken ihre Auflösung auf den Weg.
Update vom 18. November, 15.41 Uhr: Frust bei der Linken: Die beschlossene Auflösung der Fraktion sorgt in der Gruppe der Parlamentarier weiterhin für Enttäuschung. „Es ist schon traurig, dass es so zu Ende geht“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer, Jan Korte, zu fr.de von IPPEN.MEDIA. Zuvor hatte seine Fraktion die sich anbahnende Liquidation ohne Gegenstimmen, aber mit vier Enthaltungen, beschlossen.
Ähnlich äußert sich Ates Gürpinar, stellvertretender Bundesvorsitzender der Partei. Das Fraktionsende war erwartbar. „Aber natürlich ist das jetzt kein guter Tag, weil eine linke Fraktion im Bundestag nun erst einmal fehlen wird“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Aber wir werden weitermachen.“ Das muss die Linke fortan als sogenannte Gruppe tun. Auch, weil das Wagenknecht-Lager wie erwartet die Mandate mitnimmt. „Das ist reichlich schäbig“, findet Gürpinar. „Zehn Personen, die allesamt auf der Liste der Linken gewählt wurden, ist völlig egal, was die Beschäftigten machen.“
Die einst 38-köpfige Fraktion schrumpft nun auf eine Gruppe mit 28 Mitgliedern. Eine Gruppe hat deutlich weniger Rechte als eine Fraktion. So verliert sie an finanzieller Unterstützung. Etwa 100 Mitarbeiter der Fraktion dürften durch die Auflösung der Fraktion deshalb ihre Anstellung verlieren. „Da geht es um Menschen, die jahrelang gemeinsam gekämpft haben.“
Auflösung beschlossen: Die Linke verliert Fraktionsstatus zum 6. Dezember – Bartsch will Neuanfang
Update vom 18. November, 14.58 Uhr: Jetzt ist es offiziell: Die Linksfraktion im Bundestag hat ihre Auflösung beschlossen. Zum 6. Dezember soll der Schritt vollzogen werden. Dies teilte die Fraktion in Berlin nach einer Sitzung mit. Hintergrund ist der Austritt der früheren Fraktionschefin Sahra Wagenknecht und neun weiterer Abgeordneter aus der Partei Die Linke. Ohne sie verliert die Linksfraktion ihre Mindestgröße von 37 Abgeordneten. Es wird erwartet, dass nun zwei neue parlamentarische Gruppen entstehen: die verbliebenen 28 Linken-Abgeordneten einerseits und Wagenknecht mit ihren Unterstützern andererseits.
Erstmeldung vom 18. November, 10.55 Uhr: Berlin – Vor dem geplanten Beschluss zur Selbstauflösung der Linksfraktion im Bundestag hat Noch-Fraktionschef Dietmar Bartsch seine Partei zu einem Neuanfang aufgerufen. „Die Linke ist nicht tot, aber es liegt an uns, ob wir einen Aufbruch hinkriegen“, sagte Bartsch am Dienstag (14. November) im ZDF-„Morgenmagazin“. Mit der „lähmenden Selbstbeschäftigung“ und mit Streit müsse es vorbei sein.
Stattdessen forderte Bartsch die Linke auf, „zurück zur Politik“ zu kommen. Das Land brauche „offensichtlich“ eine „soziale Opposition von links“. Bartsch kündigte außerdem an, dass die „Frage des besonderen Engagements für die neuen Länder“ wieder eine größere Rolle bei der Linken spielen solle. Der Verlust des Fraktionsstatus im Bundestag sei „natürlich ein Einschnitt“, die parlamentarischen Möglichkeiten würden für die Linke dadurch „geringer“. Die Linke im Bundestag werde alles dafür tun, möglichst schnell als Gruppe anerkannt zu werden.
Auflösung der Linksfraktion laut Bartsch ein „wahnsinniger Einschnitt“
„Es liegt an uns, ob wir es schaffen, Politik, Politik und nochmals Politik zu betreiben, oder ob es weiterhin Auseinandersetzungen gibt“, sagte Bartsch weiter. Streitereien interessierten die Menschen nicht. Sie wollten angesichts der Herausforderungen „linke Antworten und linke Kritik an der Bundesregierung hören“.
„Ob wir 38 sind oder 28, ist beinahe zweitrangig“
Dietmar Bartsch im Interview der Frankfurter Rundschau
Wer acht Mal hinfalle, müsse neun Mal aufstehen, sagte Bartsch. „Hingefallen waren wir schon mehrfach, und wir sind bisher immer wieder aufgestanden.“ Er selbst werde seinen Beitrag dazu leisten, dass die Linke wieder aufstehe, sagte Bartsch. „Es ist das Ende der Fraktion, aber es ist die Chance für einen Neustart.“
In einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk bezeichnete Bartsch den Verlust des Fraktionsstatus am Dienstagmorgen als „wahnsinnigen Einschnitt“. Aufgabe sei nun, später wieder zur Fraktion zu werden und sich als „die linke Opposition“ zur Ampel-Koalition zu sein zu profilieren.
Nach Fraktionsauflösung: Die Linke will sich im Bundestag als Gruppe anerkennen lassen
„Wir werden auch bei den anstehenden Haushaltsberatungen noch als Fraktion agieren und dort die verheerende Kürzungspolitik der Ampel angreifen und Alternativen aufzeigen“, sagte Bartsch. Ob er nach Verlust des Fraktionsstatus als Chef einer Linken-Gruppe im Bundestag zur Verfügung stehe, wollte Bartsch nicht sagen.
Bei der Fraktionssitzung am Dienstag will die Linksfraktion ihre Liquidierung beschließen. Mit dem Beschluss zieht die Fraktion die Konsequenz aus dem Parteiaustritt von Sahra Wagenknecht und neun weiteren Abgeordneten. Nach der Auflösung würde die Linke nur noch 28 Abgeordnete im Bundestag zahlen und kann damit keine Fraktion mehr sein – dafür wäre eine Mindestzahl von 37 Abgeordneten nötig.
Die Linke will im Bundestag einen Antrag auf Anerkennung als Gruppe stellen. Damit hätten sie etwas mehr Rechte. Dafür muss aber das Parlament zustimmen. (lrg/afp/dpa)