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Vorläufige Einigung

USA und China verkünden Einigung im Zollstreit – doch die wichtigsten Fragen bleiben offen

Die USA und China senken ihre gegenseitigen Strafzölle deutlich. Entspannung ist im Konflikt zwischen den beiden Supermächten dennoch nicht in Sicht.

Die zwei größten Volkswirtschaften der Welt sind im seit Wochen schwelenden Zollstreit einen großen Schritt aufeinander zugegangen. Nach zweitägigen Verhandlungen in Genf verkündeten die USA und China am Montag, die gegenseitigen Strafzölle um jeweils 115 Prozentpunkte zu senken. Konkret bedeutet das: Auf chinesische Importe werden an der US-Grenze künftig 30 statt 145 Prozent fällig, China erhebt auf US-Importe zehn statt 125 Prozent. Die Zollsenkungen sollen am Mittwoch in Kraft treten und zunächst für 90 Tage gelten.

Die Einigung kommt überraschend, weil in den vergangenen Wochen keine der beiden Seiten wirkliche Verhandlungsbereitschaft hatte erkennen lassen. Vor allem die chinesische Staatsführung um Präsident Xi Jinping wollte den Eindruck vermeiden, Donald Trumps Zollkrieg zwinge sie zum Handeln. Nur nicht als erster einknicken – so lautete in Peking die Devise. Trump hingegen hatte zuletzt zwar ein Entgegenkommen angedeutet, noch am Freitag allerdings Zölle in Höhe von 80 Prozent als „richtig“ bezeichnet.

Zollstreit zwischen China und den USA: Einigung ist da – aber Unsicherheit bleibt

Gleichzeitig war beiden Seiten klar, dass der Konflikt gelöst werden muss. Die hohen Zölle, die Trump Anfang April erlassen hatte und auf die China mit ebenso massiven Gegenmaßnahmen reagierte, hatten den Handel zwischen den beiden Wirtschaftsgroßmächten massiv beschädigt.

So waren chinesische Exporte in die USA im April um 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eingebrochen, die Importe von US-Waren nach China gingen um 13,8 Prozent zurück. Hätten die extrem hohen Zölle weiter Bestand gehabt, wäre der Handel zwischen beiden Staaten in den kommenden Monaten wohl fast gänzlich zum Erliegen gekommen, mit unabsehbaren Folgen für die Weltwirtschaft. „Keine der beiden Seiten will eine Entkopplung“, versicherte US-Finanzminister Scott Bessent nun nach der Einigung.

Chinas Staats- und Parteichef: So stieg Xi Jinping zum mächtigsten Mann der Welt auf

Chinas heutiger Staatschef Xi Jinping (2. von links) mit anderen Jugendlichen im Mao-Anzug
Xi Jinping wurde am 15. Juni 1953 in Peking geboren. Als Sohn eines Vize-Ministerpräsidenten wuchs er sehr privilegiert auf. Doch in der Kulturrevolution wurde er wie alle Jugendlichen zur Landarbeit aufs Dorf geschickt. Das Foto zeigt ihn (zweiter von links) 1973 mit anderen jungen Männer in Yanchuan in der nordwestlichen Provinz Shaanxi. Dort soll Xi zeitweise wie die Einheimischen in einer Wohnhöhle gelebt haben. © imago stock&people
Xi Jinping steht vor der Golden Gate Bridge in San Francisco
Xi Jinping 1985 vor der Golden Gate Bridge in San Francisco: Damals war er als junger Parteichef des Landkreises Zhengding in der nordchinesischen Agrarprovinz Hebei Delegationsleiter einer landwirtschaftlichen Studienreise nach Muscatine im US-Bundesstaat Iowa. Dort nahm die Gruppe nach offiziellen Berichten „jeden Aspekt der modernen Landwirtschaft unter die Lupe“. Anschließend reiste Xi weiter nach Kalifornien. Es war sein erster USA-Besuch. © imago stock&people
Xi Jingping und Peng Liyuan
Zweites Eheglück: Xi Jinping und seine heutige Ehefrau, die Sängerin Peng Liyuan, Anfang 1989. Zu dieser Zeit war Xi Vizebürgermeister der ostchinesischen Hafenstadt Xiamen. Die beiden haben eine gemeinsame Tochter. Xis erste Ehe war nach nur drei Jahren an unterschiedlichen Lebenszielen gescheitert. Seine erste Frau, die Diplomatentochter Ke Lingling, zog in den 1980er-Jahren nach Großbritannien. © imago
Xi Jinping gräbt mit Parteikollegen an einem Damm zur Verstärkung eines Deiches in Fujian
Aufstieg über die wirtschaftlich boomenden Küstenregionen: 1995 war Xi Jinping bereits stellvertretender Parteichef der Taiwan gegenüberliegenden Provinz Fujian – und noch ganz volksnah. Im Dezember 1995 arbeitet er mit an der Verstärkung eines Deiches am Minjiang-Fluss. © Imago/Xinhua
Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt Chinas Vizepräsident Xi Jinping das Regierungsviertel in Berlin
Vizepräsident Xi Jinping 2009 im Kanzleramt bei Angela Merkel: Die deutsch-chinesischen Beziehungen waren unter Merkel relativ eng und von wirtschaftlicher Zusammenarbeit geprägt. Merkel und Xi reisten aus Berlin weiter nach Frankfurt, um die dortige Buchmesse zu eröffnen. China war als Ehrengast geladen. © GUIDO BERGMANN/Pool/Bundesregierung/AFP
Die Vizepräsidenten Xi Jinping aus China und Joe Biden aus den USA halten T-Shirts mit einer Freundschaftsbekundung in die Kamera
Ein Bild aus besseren Zeiten: Aus ihrer jeweiligen Zeit als Vizepräsidenten kamen Joe Biden und Xi Jinping mehrmals zusammen. Im Februar 2012 demonstrierten sie bei einer Reise Xis nach Los Angeles in einer Schule „guten Willen“ zur Freundschaft mit T-Shirts, die ihnen die Schüler überreicht hatten. Damals fehlten Xi nur noch wenige Monate, um ganz an die Spitze der Kommunistischen Partei aufzusteigen. © FREDERIC J. BROWN/AFP
Ein alter Mann in Shanghai schaut auf Xi bei seiner ersten Rede als Parteichef im Fernseher.
Xi Jinping hat es geschafft: Zum Ende des 18. Parteitags am 15. November 2012 wurde Xi als neuer Generalsekretär der Kommunisten präsentiert – und ganz China schaute zu. Xi gelobte in seiner ersten kurzen Rede als Parteichef, die Korruption zu bekämpfen und ein „besseres Leben“ für die damals 1,3 Milliarden Menschen des Landes aufzubauen.  © PETER PARKS/AFP
Der neue Staatschef Xi Jinping geht hinter seinem Vorgänger Hu Jintao zu seinem Platz in der Großen Halle des Volkes in Peking.
Übernahme auch des obersten Staatsamtes: Xi Jinping wurde auf dem Nationalen Volkskongress im März 2013 Präsident und schloß damit den Übergang von seinem Vorgänger Hu Jintao (vorn im Bild) zur Xi-Ära ab. © GOH CHAI HIN/AFP
Chinas Präsident und seine Ehefrau Peng Liyuan gehen über den Flughafen Orly in Paris.
Xi Jinpings Ehefrau Peng Liyuan ist die erste First Lady Chinas, die auch öffentlich in Erscheinung tritt. Hier kommt das Ehepaar zu einem Staatsbesuch in Frankreich an. Die Gattinnen von Xis Vorgängern hatten sich nie ins Rampenlicht gedrängt. Vielleicht auch, weil Maos politisch aktive dritte Ehefrau Jiang Qing nach dem Tod des „Großen Vorsitzenden“ als Radikale verurteilt worden war. © YOAN VALAT/Pool/AFP
Funktionäre der Kommunistischen Partei Chinas auf dem Weg zum Parteitag in Peking
So sehen KP-Funktionäre aus: Delegierte des 19. Parteitags auf dem Weg zur Großen Halle des Volkes in Peking im Oktober 2017. Auf diesem Parteitag gelang es dem Staats- und Parteichef, seine „Xi Jinping-Gedanken zum Sozialismus Chinesischer Prägung in der Neuen Ära“ in die Parteiverfassung aufzunehmen. Er war der erste nach Mao, der zu Lebzeiten in der Verfassung eine Theorie mit seinem Namen platzieren konnte. Einen Kronprinzen präsentierte Xi auf dem Parteitag nicht – entgegen den normalen Gepflogenheiten. © GREG BAKER/AFP
Xi Jinping nimmt in einer Staatslimousine „Rote Fahne“ die Parade zum 70. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China ab.
70 Jahre Volksrepublik China: Staatschef Xi Jinping nahm 2019 in einer offenen Staatslimousine Marke „Rote Fahne“ die Militärparade in Peking zum Jahrestag der Staatsgründung ab. © GREG BAKER/AFP
Wirtschaftsforum in Wladiwostok
Xi Jinping pflegt eine offene Freundschaft zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin – bis heute, trotz des russischen Angriffskrieges in der Ukraine. Putin und Xi teilen die Abneigung gegen die von den USA dominierte Weltordnung. Hier stoßen sie 2018 bei einem gemeinsamen Essen auf dem Wirtschaftsforum von Wladiwostok, auf dem sich Russland als Handelspartner und Investitionsziel im asiatischen Raum präsentierte, miteinander an. © Sergei Bobylev/POOL TASS Host Photo Agency/dpa
Xi Jinping besucht im weißen Kittel ein Labor und lässt sich die Impfstoffentwicklung erklären
Ende 2019 brach in China die Corona-Pandemie aus. Im April 2020 informierte sich Xi Jinping in einem Labor in Peking über die Fortschritte bei der Impfstoffentwicklung. Xi ist bis heute überzeugt, dass China die Pandemie besser im Griff hat als der Rest der Welt. Seine Null-Covid-Politik beendet er nicht, wohl auch wegen der viel zu niedrigen Impfquote unter alten Menschen. © Ding Haitao/Imago/Xinhua
Xi Jinpings Konterfei lächelt von einem Teller mit rotem Hintergrund
Auf dem 20. Parteitag im Oktober 2022 ließ sich Xi Jinping zum dritten Mal zum Generalsekretär der Kommunisten ernennen. Damit ist er der mächtigste Parteichef seit Mao Zedong. © Artur Widak/Imago

Der Deal sieht vor, dass China und die USA „einen Mechanismus zur Fortsetzung der Gespräche über die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen einrichten“. Eine erneute Eskalation des Handelsstreits solle so vermieden werden, sagte am Montag der US-Handelsbeauftragte Jamieson Greer in Genf.

Die Unsicherheit bleibt allerdings groß. So beklagt etwa Jens Eskelund, Präsident der EU-Handelskammer in Peking, dass die Zölle lediglich für 90 Tage ausgesetzt würden. „Unternehmen brauchen Vorhersehbarkeit, um den normalen Betrieb aufrechtzuerhalten und Investitionsentscheidungen zu treffen“, sagte Eskelund am Montag.

China hat sich im ersten Handelsstreit mit den USA nicht an Vereinbarung gehalten

Auch bleiben viele Fragen offen. So war zunächst unklar, ob es bei der Bekämpfung des Schmuggels von Fentanyl-Ausgangsstoffen aus China in die USA Fortschritte gibt. Trump hatte seine China-Zölle auch mit der angeblichen Weigerung Pekings begründet, dem Schmuggel entschlossen entgegenzutreten; jedes Jahr sterben in den USA Zehntausende an einer Überdosis des synthetischen Opioids. Zudem wirft Washington den Chinesen weiter vor, ihre Wirtschaft mit unfairen Mitteln zu subventionieren und ausländische Unternehmen beim Marktzugang zu benachteiligen. Peking streitet das ab, eine Lösung ist bei diesem Konfliktpunkt derzeit nicht in Sicht.

China profitiert also von der Senkung der US-Zölle. Unklar ist aber, was genau Peking dafür im Gegenzug leistet. In Washington dürfte das ungute Erinnerungen an den Handelskrieg wecken, den Trump in seiner ersten Amtszeit vom Zaun gebrochen hatte. Auch damals endet der Konflikt mit einem Deal – an den Peking sich allerdings nicht hielt: Der sogenannte „Phase One Deal“ sah vor, dass China binnen zwei Jahren zusätzliche US-Waren im Wert von 200 Milliarden US-Dollar importiert; später allerdings stellte sich heraus, dass China noch weniger aus den USA importierte als vor Beginn des Handelskriegs. Peking begründete das mit den wirtschaftlichen Verwerfungen durch die Corona-Pandemie. Das Misstrauen in Washington blieb dennoch groß, die schärfsten China-Kritiker in den USA riefen das Scheitern des Deals in den vergangenen Wochen immer wieder in Erinnerung.

Donald Trump (links) und Xi Jinping 2019 beim G20-Treffen in Osaka.

Auch wegen Taiwan: Für USA hat Auseinandersetzung mit China Priorität

Ohnehin geht es der Trump-Regierung im Konflikt mit China um mehr als nur um Handel. Trump sieht China als größten Rivalen der USA, nicht nur in Wirtschaftsdingen, sondern auch, wenn es um die militärische Dominanz in der Pazifikregion geht. Besonders deutlich wurde das zuletzt an einem „Geheimpapier“ des Pentagon, aus dem Ende März die Washington Post zitiert hatte. Demnach ist es die oberste Priorität des US-Militärs, einen chinesischen Angriff auf Taiwan zu verhindern. Um sich auf die Bedrohung durch China konzentrieren zu können, sollten sich die USA aus allen anderen weltweiten Konflikten heraushalten, so das Papier aus dem Haus von Verteidigungsminister Pete Hegseth. Daran dürfte auch ein Handelsdeal nichts ändern.

Rubriklistenbild: © Brendan Smialowski/AFP

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