Vor erstem Parteitag
Wagenknecht-Unterstützer warnt: „Es gibt da rechte Kreise, die die Partei unterwandern wollen“
Ist das Bündnis Sahra Wagenknecht rechts oder links? Wagenknecht selbst bezeichnet ihre neue Partei als linkskonservativ – doch auch rechte Kreise sollen die einstige Ikone der Linken im Blick haben.
Berlin – Das Bündnis Sahra Wagenknecht fährt aktuell einen strikten Türsteherkurs. Heißt: Nicht jeder, der reinwill, kommt auch rein. Bei den Mitgliedsanträgen agiert die neu gegründete Partei extrem vorsichtig und lässt selbst langjährige Vertraute abblitzen. Somit sind auf den ersten Parteitag in Berlin auch nur 450 Mitglieder eingeladen. Dabei gäbe es deutlich mehr Interessenten. Auch von rechts, wie es heißt.
Wagenknecht-Unterwanderung? „rechtsradikales Querfrontmilieu hat die neue Partei im Fokus“
Einer, der öffentlich warnt, ist Hans-Christian Lange. Er war mal Kanzlerberater unter Helmut Kohl. Seit Jahren steht er politisch an der Seite Wagenknechts. Lange war Bayern-Chef der linken Sammlungsbewegung Aufstehen, quasi einem Vorläufer des BSW. Zusammen mit der Sozialbetreuerin Beate Jenkner und dem ehemaligen IG-Metall-Chef von München, Harald Flassbeck, hat er das Unterstützerteam Sahra Wagenknecht München aufgebaut.
In der bayerischen Landeshauptstadt beobachtet er „ein rechtsradikales Querfrontmilieu, das die neue Partei im Fokus hat“, und warnt: „Es gibt da rechte Kreise, die die Partei unterwandern wollen.“ Solche Versuche gebe es aus dem coronakritischen Verschwörungsmilieu. Lange und sein Team beobachten dazu mehrere Social-Media-Kanäle sowie die größten rechtslastigen Demonstrationen Westdeutschlands.
Lange und sein Team seien „aufgeschreckt durch die sogenannte ‚Remigrationsoffensive‘ der AfD“, wie er sagt. „Das rechtsradikale Netzwerk mit solchen Ideen reicht bis nach München und wir werden es weiter bekämpfen.“ Sein Münchner Unterstützerteam umfasste viele Arbeitnehmer und Kulturschaffende mit Migrationshintergrund. Diese Menschen seien verunsichert und empört über Aussagen der AfD. Ihnen will Lange eine Stimme geben. Sein Sahra-Wagenknecht-Team versteht sich als „Brandmauer gegen rechts“. Es will gezielt Menschen im Billiglohnsektor ansprechen, für die auch Wagenknecht immer wieder Partei ergriffen hat, etwa in ihrem Buch „Die Selbstgerechten“.
Wagenknecht: Spinner oder Extremisten müssen draußen bleiben
Lange ist aktuell noch kein BSW-Mitglied. Bis dato hat das Bündnis Sahra Wagenknecht rund 450 Mitglieder aufgenommen. Ihre politische Einstellung und Vorgeschichte wurden zuvor systematisch geprüft, etwa anhand öffentlicher Äußerungen in sozialen Medien. Wagenknecht betonte im Oktober im Focus, sie und ihre Mitstreiter würden „auf jeden Fall alles dafür tun, zu verhindern, dass Spinner oder Extremisten unsere Basis unterwandern“. Es werde sehr sorgfältig entschieden, wer Vollmitglied werden könne. „Da werden wir eher langsam wachsen.“
Lange findet diese Strategie „absolut richtig aufgrund der Risiken der Unterwanderung“. Ähnlich äußerte sich der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Constantin Wurthmann im Interview mit der Frankfurter Rundschau: „Ich glaube, dass das gar keine schlechte Idee ist. Man hat ja offenbar Lehren aus vorangegangenen Parteigründungen gezogen, bei denen Versuche der Unterwanderung vorgenommen worden sind.“
Bleibt die Frage: Darf eine Partei überhaupt so rigoros entscheiden, wer mitmachen darf und wer nicht? „Klares Ja“, sagt Sebastian Roßner, Rechtsanwalt mit dem Spezialgebiet Parteienrecht, dazu im Gespräch mit unserer Redaktion. „Eine Partei kann sich aussuchen, wer beitreten darf. Das Parteiengesetz gibt vor, dass man eine Ablehnung nicht einmal begründen muss.“ Doch daran gebe es in Juristenkreisen durchaus Kritik. „Manche argumentieren, dass Parteien laut dem Grundgesetz Organe der Bürger sind. Daraus wird bisweilen abgeleitet, dass die Partei zumindest begründen müsse, warum man Menschen die Mitgliedschaft verwehrt. Eine Aufnahmepflicht gibt es aber gewiss nicht“, so Roßner. (as)
