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„Schweden zeigt, dass es geht“
„Zeigt, dass es geht“: Union sieht Schweden als Vorbild für Abschiebungen nach Afghanistan
In der deutschen Politik werden Forderungen nach Abschiebungen nach Afghanistan laut. Doch sind diese überhaupt durchführbar? Schwedens Vorgehensweise könnte als Vorbild dienen.
Frankfurt – Durch das tödliche Messerattentat von Mannheim ist eine Frage wieder ins Zentrum der politischen Aufmerksamkeit gerückt: sollte Deutschland Straftäter nach Afghanistan abschieben? Neben Union und AfD fordern seit dem Tod des jungen Polizisten auch Teile von SPD und FDP ein Durchgreifen bei den Ausweisungen. Andere – darunter auch Grünen-Politiker – wiesen auf fehlende Pläne zur Umsetzung hin. Doch während in Deutschland noch debattiert wird, wurden in Schweden im vergangenen Jahr neuen Personen nach Afghanistan abgeschoben. Könnte das skandinavische Land für Deutschland als Vorbild dienen?
„Schweden zeigt, dass es geht“: Union für Abschiebungen nach Afghanistan – Grüne mahnen
„Schweden zeigt doch, dass es geht. Dort wird nach Afghanistan abgeschoben. Die haben letztes Jahr mehrere Straftäter abgeschoben“, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in der vergangenen Woche in einem Interview mit ntv. Man müsse jetzt ins Handeln kommen, anstatt nur darüber zu reden.
In der Debatte nehmen vor allem Teile der Grünen eine Gegenposition ein. Bundestagsabgeordneter Anton Hofreiter sagte am Dienstagabend in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ zum Thema Abschiebungen nach Afghanistan: „Sie müssen mit den Taliban verhandeln, dass sie ihn (einen islamistischen Straftäter, Anm. d. Red) nehmen und unter Umständen müssen sie noch Geld überweisen.“ Grünen-Chef Omid Nouripour erklärte im Gespräch mit dem MDR. „Man sollte nicht die Illusion schüren, wir stecken jetzt Leute ins Flugzeug und dann machen wir einfach fest die Augen zu und dann wird alles besser.“
Schweden schiebt Afghanistan ab – Vorgehensweise als Vorbild für Deutschland?
Das grundlegende Problem bei den Abschiebungen nach Afghanistan sind die fehlenden diplomatischen Beziehungen mit dem Regime in Kabul. Denn Herkunftsländer müssen ihre Staatsbürger auch wieder aufnehmen – ein Vorgang, der sich in der Praxis als kompliziert erweisen kann. Deutschland erkennt die radikal-islamistischen Taliban, die 2021 erneut die Macht im Land an sich gerissen hatten, nicht als Regierung an. Hinzu kommen weitere Probleme wie fehlende Ausweisdokumente oder Krankheiten. Probleme, mit denen sich auch die Regierung in Schweden beschäftigten muss. Dennoch wurden von Januar 2023 bis Mai 2024 neun Personen abgeschoben.
Doch wie geht Schweden bei seinen Abschiebungen vor? Da es keine Direktflüge von Schweden nach Kabul gibt, erfolgen die Ausweisungen über ein Transitland – in diesem Fall Usbekistan. Im Beisein von Polizisten werden die Abzuschiebenden nach Taschkent geflogen, anschließen wird dafür gesorgt, „dass sie das Flugzeug nach Kabul besteigen“, wie der schwedische Sender SVT berichtet. Der entscheidende Punkt: die Ausreise nach Afghanistan erfolgt letztendlich freiwillig – von einer Abschiebung kann so gesehen kaum die Rede sein.
Migrationspolitik in Schweden: Zugewanderte sollen das Land wieder verlassen
Schweden und andere skandinavische Länder arbeiten mit ihrer Migrationspolitik darauf hin, diese Freiwilligkeit zu verstärken. „Man arbeitet auf breiter Front daran, Schweden für Asylsuchende weniger attraktiv zu machen und mehr Zugewanderte zum Verlassen des Landes zu bewegen“, sagte der deutsch-schwedische Migrationsforscher Bernd Parusel im November dem Tagesspiegel. Bei Asyl und Familiennachzug setzte man so zum Beispiel auf das vom europäischen Recht verlangte Minimum. So sollen auch Kinder in Abschiebezentren untergebracht werden.
Die Maßnahmen zeigen Wirkung. Im Jahr 2023 meldete das Statistikamt 12.600 Asylbewerber. 2015 waren es noch 162.900. Das berichtete die FAZ. Eingeleitet wurde die Wende in der Migrationspolitik noch durch die sozialdemokratische Regierung von Ministerpräsidentin Magdalena Andersson. Nach der Wahl im Jahr 2022 wurde Ulf Kristersson von der konservativen Moderata neuer Regierungschef. Dessen konservativ-liberale Minderheitsregierung wird auch von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten unterstützt und sorgte für eine zunehmende Verschärfung der Migrationspolitik.
Faser will Abschiebungen nach Afghanistan – doch selbst Schweden tritt auf die Bremse
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) verwies am Sonntag im Deutschlandfunk ebenfalls indirekt auf die schwedische Praxis. Der Fokus müsse auf der „Zurückbringen von Menschen über Nachbarländer“ liegen, sagte Faeser. Dabei sei eine Zusammenarbeit mit den Regierungen in Pakistan oder eben Usbekistan denkbar.
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Zur Wahrheit gehört aber auch: seit März 2024 hat Schweden die Zwangsabschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt. Die schwedische Regierung war nach zunehmenden internationaler Kritik auf die Bremse getreten. In mehreren Fällen hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Personen recht gegeben, die gegen eine Abschiebung nach Afghanistan geklagt hatten. Zu groß sei die Gefahr vor Menschenrechtsverletzungen durch das Taliban-Regime. Eine Sprecherin der schwedischen Einwanderungsbehörde bestätigte gegenüber dem Handelsblatt, dass wegen erheblicher Schwierigkeiten in den meisten Fällen keine Abschiebungen vollzogen werden. (fd)