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„Heuchelei“ auch im Westen

Ukraine-Verbündete kaufen Öl-Produkte aus Putins Russland – dank eines Schlupflochs

Der Verkauf von Rohöl rettet im Ukraine-Krieg Russlands Staatskasse. Auch Firmen aus dem Westen nutzen ein Schlupfloch.

Dass China und Indien große Mengen Rohöl aus Russland zum Spottpreis importieren, ist bekannt. Doch auch die westlichen Verbündeten kaufen weiterhin russisches Öl. Und das trotz eines seit 2022 geltenden Embargos. Möglich macht das ein Schlupfloch, das die Sanktionen der G7 damals bewusst offen gelassen haben: Die Verbündeten dürfen weiter Öl russischer Herkunft kaufen, wenn dieses zunächst in Raffinerien eines Drittstaates zu Kraftstoff verarbeitet wird. Dieses „Raffinerie-Schlupfloch“ wird offenbar gerne genutzt, wie eine neue Studie der Denkfabriken Center for Research on Energy and Clean Air in Helsinki und Center for the Study of Democracy in Sofia beschreibt.

Firmen der westlichen Ukraine-Verbündeten erwarben demnach allein im ersten Halbjahr 2024 für 1,8 Milliarden Euro Treibstoff aus russischem Rohöl. Dieser wurde laut der diese Woche präsentierten Studie mit dem eindeutigen Titel „Sanktionsheuchelei“ in drei Raffinerien der Türkei produziert, die für 1,2 Milliarden Euro das entsprechende Rohöl aus Russland eingekauft hatten. Das Land ist inzwischen – hinter Indien und China – der drittgrößte Abnehmer russischen Erdöls. Vor dem Ukraine-Krieg hatte die Türkei auf Rang 14 gelegen.

Die Ukraine fordert seit langem, das Raffinerie-Schlupfloch zu stopfen. Doch die G7-Länder und ihre Partner (G7+) haben laut der Studie seit Ausbruch des Ukraine-Krieges dazu „wenig Bereitschaft oder politischen Willen gezeigt“. Die G7+ hätten ihre Öleinfuhren aus Ländern, die keine Sanktionen verhängt haben, sogar schrittweise gesteigert, so die Autoren. Dieser Kanal ersetze teils die vormals direkten Einfuhren aus Russland. So haben die USA ihre Kraftstoff-Importe von den drei türkischen Raffinerien zwischen Januar und Juni 2024 um sagenhafte 335 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert; die G7+-Länder insgesamt um 62 Prozent.

Drittstaaten werden zu Zwischenhändlern für russisches Öl

Drittstaaten wie die Türkei fungieren der Studie zufolge heute „im Wesentlichen als russische Zwischenhändler“. Als diese Staaten bemerkten, dass sich ihre Treibstoff-Kunden aus dem Westen nicht um die Herkunft des eingesetzten Öls scheren, hätten sie sogar noch mehr Öl aus Russland eingekauft als zuvor. „Sie sind heute in hohem Maße vom russischen Erdöl abhängig“, so die Autoren. Russisches Öl habe im ersten Halbjahr 2024 rund 70 Prozent der türkischen Öleinfuhren auf dem Seeweg ausgemacht, schreiben die Autoren, deutlich mehr als vor dem Krieg.

Die Studie nennt ein Beispiel: Die in aserbaidschanischem Besitz befindliche STAR-Raffinerie in der Türkei beziehe ihr Rohöl zu 98 Prozent aus Russland, wobei knapp drei Viertel dieser Rohölimporte von dem mit US-Sanktionen belegten russischen Konzern Lukoil geliefert werden. 87 Prozent der Ausfuhren von Erdölprodukten auf dem Seeweg der STAR-Raffinerie seien für die G7+-Länder bestimmt.

Russland transportiert sein Rohöl wegen der Sanktionen vor allem mit rostigen Schattentankern zu seinen wenigen Abnehmern. Manche dieser Länder verarbeiten es – und verkaufen den Treibstoff an EU und USA, wie eine neue Studie belegt. (mit KI generiertes Symbolbild)

Russlands Ölexporte: Wichtiger Beitrag zur Kriegskasse

Dieser Handel trägt mit dazu bei, dass die russische Ölindustrie die Sanktionen weit besser abfedert als die Gasindustrie des Landes. Zwar ist der russische Ölexport immer wieder unter Druck, auch durch Preisschwankungen am Weltmarkt. Doch er spielt nach wie vor eine Schlüsselrolle für den russischen Staatshaushalt – und damit auch das Kriegsbudget. Denn die Öleinnahmen machen mindestens dreißig Prozent der Staatseinnahmen aus.

„Die russische Ölindustrie hat jedoch aufgrund des EU-Ölembargos erhebliche Einnahme- und Gewinneinbußen hinnehmen müssen“, urteilt ein Report der US-Denkfabrik Atlantic Council. China, Indien und andere Abnehmer hätten auf heftigen Rabatten bestanden und der Tankertransport nach Asien sei weiter und teurer als nach Europa. Ein Tanker brauche von der Ostsee nach Indien etwa einen Monat. Und die Schattentankerflotte, die auf Basis obskurer Deals mit Zwischenhändlern russisches Öl unter Umgehung westlicher Sanktionen um die Welt transportiert, kreiere kaum Einnahmen für den russischen Staat, so das Atlantic Council.

EU und USA verteidigen das Schlupfloch mit dem Argument, dass Moskau doch immerhin die Einkünfte aus der Raffinierung des Öls entgingen. Die Studienautoren lassen das nicht gelten: „Was hier geschieht, ist ein direkter Verstoß gegen den Geist des Sanktionsgesetzes“, sagte Martin Vladimirov, Energieexperte am Center for the Study of Democracy, zur US-Nachrichtenplattform Politico. „Unsere Empfehlung ist, dass die EU und die G7-Länder die Einfuhr von Ölprodukten, die aus russischem Öl raffiniert werden, verbieten sollten – so einfach ist das.“

Rubriklistenbild: © M. Litzka/DALL·E (KI-generiert)

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