Ideologie oder Sicherheitspolitik?
Trump schickt Kriegsschiffe nach Südamerika – US-Sprecherin bezeichnet Maduro als „Narco“
Trump kämpft offiziell gegen Drogenkartelle und Venezuelas linken Machthaber Maduro. Doch hinter seiner Militäraktion stehen andere US-Interessen.
Washington, D.C. – Der „War on Drugs“ (Krieg gegen Drogen) hat in den USA bereits politische Tradition wie der „War on Terror“ (Krieg gegen Terror). Neben realer Sicherheitspolitik wird die Bedrohung durch (lateinamerikanische) Drogenkartelle und (islamistische) Terroristen dabei immer wieder ideologisch instrumentalisiert. Jetzt macht Donald Trump ernst und schickt Kriegsschiffe Richtung Lateinamerika.
Die Vereinigten Staaten haben nach Informationen von Newsweek drei Aegis-Lenkwaffenzerstörer in die Gewässer vor Venezuela geschickt. Dies sei laut Aussage eines eingeweihten US-Beamten Teil der Bemühungen von Trump, lateinamerikanische Drogenkartelle zu bekämpfen – zu denen auch Staatschef Nicolás Maduro gehöre.
Trump will alle Machtmittel gegen Maduro einsetzen, „um den Drogenschmuggel zu stoppen“
Die Schiffe USS Gravely, USS Jason Dunham und USS Sampson würden bald in der Region eintreffen, sagte ein Beamter anonym zur Associated Press. Später am Dienstag bestätigte ein Sprecher des Weißen Hauses die Entsendung. Die Kriegsschiffe sollen laut den Informationen über mehrere Monate vor der Küste Südamerikas stationiert bleiben.
So wie die Anschläge des 11. September George W. Bush zur Befeuerung des antimuslimischen Rassismus dienten, nutzt Donald Trump kriminelle „Narcos“ aktuell für seine Rhetorik gegen politische Feinde und Latinos allgemein. Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, erklärte Richtung Venezuela: „Der Präsident ist bereit, alle Machtmittel Amerikas einzusetzen, um den Drogenschmuggel in unser Land zu stoppen und die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen. Das Maduro-Regime ist nicht die legitime Regierung – es ist ein Narco-Terrorkartell.“
Fentanyl-Tote in den USA laut Nationalem Zentrum für Gesundheitsstatistik (CDC)
- 2018: ~31.000 Todesfälle
- 2019: ~36.000 Todesfälle
- 2020: ~56.000 Todesfälle (starker Anstieg während COVID-19)
- 2021: ~71.000 Todesfälle
- 2022: 73.838 Todesfälle
- 2023: 76.282 Todesfälle
- 2024: 48.422 Todesfälle
Die aktuelle Drogenkrise in den USA wird vor allem durch das ultrapotente Opioid Fentanyl ausgelöst, das dem Deutschen Ärzteblatt zufolge hauptsächlich mit chinesischen Chemikalien in Mexiko hergestellt wird. Von 2018 bis 2023 stiegen die Fentanyl-Todesfälle um 138 Prozent, in den vergangenen zwei Jahrzehnten sind laut Schätzungen etwa eine Million US-Bürger an Drogenüberdosen gestorben.
2024 gab es dem US-Gesundheitsstatistikamt nach allerdings einen dramatischen Rückgang um 36,5 % auf 48.422 Todesfälle – ein Erfolg, der der US-Regierung unter Joe Biden zufällt. Im Kampf gegen den Schmuggel von Fentanyl in die USA hat Trump seit Beginn seiner Amtszeit Anfang des Jahres nun bereits mehrere kriminelle Organisationen als Terrorgruppen eingestuft.
Bezeichnung „ausländische Terroristen“ normalerweise Organisationen wie al-Qaida vorbehalten
Im Februar erklärte Trump den venezolanischen „Tren de Aragua“, die salvadorianische Bande „MS-13“ sowie sechs mexikanische Kartelle zu ausländischen Terrororganisationen. Diese Maßnahme unterstreicht sein Ziel, US-Militärkräfte gegen Kartelle einzusetzen, die er für den Transport von Fentanyl und anderen illegalen Drogen in amerikanische Gemeinden verantwortlich macht. Die Bezeichnung „ausländische Terroristen“ ist traditionell Organisationen wie al-Qaida oder dem Islamischen Staat vorbehalten, die Gewalt für politische Ziele einsetzen. Die Trump-Regierung argumentiert jedoch, dass die internationalen Operationen dieser Gruppen – darunter Drogenhandel, Menschenschmuggel und gewalttätige Kampagnen zur Gebietserweiterung – diese Bezeichnung rechtfertigten.
Die Trump-Administration verschärfte zudem die Einwanderungsgesetze, um gegen mutmaßliche Bandenmitglieder vorzugehen. Zu Trumps „War on Drugs“ gehören auch seine menschenrechtlich fragwürdigen Abschiebungen von vermeintlich kriminellen Migranten, die oft allein aufgrund falscher Tattoos oder lateinamerikanischen Namen stigmatisiert werden. Trumps Abschiebepraxis ist vor allem durch die US-Behörde ICE (Immigration and Customs Enforcement) durchgesetzt, vor allem die Abschiebungen in die Megagefängnisse von El Salvadors Präsident Nayib Bukele riefen internationale Kritik hervor.
Öl und Macht? Die USA haben ein historisch-geopolitisches Interesse an Einfluss in Südamerika
In diplomatischen Gesprächen forderte Trump auch die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum zu einem härteren Vorgehen gegen Kartelle auf. Sheinbaum reagierte jedoch mit klarer Abgrenzung und zog deutliche Grenzen bezüglich der Souveränität Mexikos.
Sie lehnt Vorschläge ab, die eine militärische Intervention der USA auf mexikanischem Boden vorsehen. Der Konflikt verdeutlicht die Spannungen zwischen amerikanischen Sicherheitsinteressen und mexikanischer Selbstbestimmung im gemeinsamen Kampf gegen organisierte Kriminalität. Viele lateinamerikanische Länder befürchten, dass der Kampf gegen Drogenbanden von den USA erneut missbraucht wird, um ihre eigenen Interessen auf dem Kontinent durchzusetzen. Die CIA hatte während des Kalten Krieges systematisch lateinamerikanische Diktaturen unterstützt, etwa mit der „Operation Condor“. Dies ist durch freigegebene Dokumente und historische Forschung umfassend belegt.
Trump steuert mit der Entsendung seiner Kriegsschiffe klar Richtung Konfrontation, vor allem mit Venezuela, das über ein riesiges Ölvorkommen steht und deshalb auch geopolitisch von Interesse ist. Der venezolanische linkspopulistische Präsident Nicolás Maduro erklärte am Montag, die USA hätten ihre Drohungen verschärft und rechtfertigte damit die Mobilisierung von mehr als 4,5 Millionen Milizen im ganzen Land angekündigt. Die von Ex-Präsident Hugo Chávez gegründeten Milizen bestehen aus Freiwilligen, die die Streitkräfte bei der Verteidigung gegen ausländische und inländische Angriffe unterstützen können. (lm)
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