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Antisemitismus

Flugblatt-Vorwürfe gegen Aiwanger: Warum sein Ex-Lehrer den Fall jetzt öffentlich machte

Ein Bericht der Süddeutschen Zeitung um Freie Wähler-Chef Aiwanger sorgt kurz vor der Bayern-Wahl für Wirbel. Doch auch an der Zeitung gibt es Kritik.

München – Wenige Wochen vor der Landtagswahl sorgen Vorwürfe gegen Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger für Aufregung. Während seiner Schulzeit soll der heutige Vorsitzender der Freien Wähler ein antisemitisches Flugblatt verfasst haben. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) hatte über den Fall berichtet. Aiwangers Bruder Helmut teilte kurz nach Erscheinen des Berichts mit, dass er der Verfasser des Flugblatts sei, in dem „ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz“ als „Preis“ für „Vaterlandsverräter“ ausgelobt wird.

Nun meldet sich offenbar ein Lehrer an Aiwangers ehemaliger Schule zu Wort. Nach einer äußerst kontroversen Rede im Wahlkampf in Erding im Juni habe er sich an die SZ gewandt und den Skandal ins Rollen gebracht.

Antisemitismus: SZ-Bericht erhebt schwere Vorwürfe gegen Aiwanger

Besagter Lehrer hatte damals, im Jahr 1988, der Disziplinarkommission angehört, die über die Strafe für das Flugblatt beriet. Er habe zu dieser Zeit noch von einer „Jugendsünde“ gesprochen. Doch Aiwangers Rede in Erding, die beispielsweise von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) als „von ganz, ganz weit rechts“ kommend bezeichnet wurde, habe auch beim Lehrer, der nicht namentlich genannt werden wollte, für ein ungutes Gefühl gesorgt. Vor einer Menge von Tausenden von Leuten hatte Aiwanger gegen das von der Ampel-Regierung angestrebte Heizungsgesetz gepoltert und unter anderem gerufen: „Holen wir uns die Demokratie wieder zurück.“ Aiwanger wurde Demokratiefeindlichkeit vorgeworfen.

35 Jahre nach dem Vorfall an der Schule räumt Aiwanger ein, dass „ein oder wenige Exemplare“ des Flugblatts mit der antisemitischen Hetzschrift in seiner Schultasche gefunden worden waren, wie die SZ berichtet. Ihm sei „heute nicht mehr erinnerlich“, warum er diese überhaupt hatte. Er sei beim Schuldirektor einbestellt worden. Der Disziplinarausschuss hatte als Strafe für Aiwanger beschlossen, dass dieser ein Referat über das Dritte Reich halten musste. Aiwanger hätte dies „unter Druck“ akzeptiert.

Hubert Aiwanger, Vorsitzender der Freien Wähler und Wirtschaftsminister Bayerns

Mit Hinblick auf dessen Auftritt in Erding habe der Direktor kürzlich, bei einer Rede zur Abitur-Feier an der Schule, Aiwanger als schlechtes Beispiel für die Demokratie genannt. Daraufhin soll der Lehrer den Direktor über den Flugblatt-Fall – die SZ schreibt von „Auschwitz-Pamphlets“ – informiert haben. Dann wandte er sich auch an die SZ. Aiwanger weist die Anschuldigungen, für den Inhalt des Flugblatts verantwortlich zu sein, zurück.

Gleichzeitig werden auch Vorwürfe gegen die SZ laut. Kritik kam auch von der Neuen Zürcher Zeitung. Die SZ behandle „anonyme Aussagen wie Tatsachen“ und verwechsle etwa „Journalismus mit Aktivismus“, wie es in einem Kommentar heißt. Medienjournalist Stefan Niggemeier vom Portal Übermedien schreibt, dass es „problematisch“ sei, wie die Süddeutsche Zeitung über die Vorwürfe gegen Aiwanger berichtet. Die Zeitung würde „nicht nüchtern“ berichten, „sondern all jenen Munition [geben], die ihr unterstellen, eine Agenda zu haben“, kurz vor der Landtagswahl. Der Artikel „geht davon aus, dass diese Recherche, die eigene Recherche, die Macht haben kann, die riesige ‚Welle‘ zu brechen, die Aiwanger gerade reite“, schreibt Niggemeier. In Umfragen zur Bayern-Wahl stehen die Freien Wähler zweistellig da. Ein Weiterführen der Koalition mit der CSU wäre rein rechnerisch locker möglich.

Fall Aiwanger: Politik fordert rasche Aufklärung – Söder bestellt Freie Wähler ein

Doch kommt es überhaupt dazu? Der Koalitionspartner fordert nämlich eine Aufklärung des Vorfalls. Dafür hat Markus Söder (CSU) die Freien Wähler um Aiwanger zu einem Sonderausschuss einbestellt. Dieser soll am Dienstag (29. August) stattfinden. Auch die bayerische Opposition sowie Bundeskanzler Scholz haben den Druck erhöht.

Bayerns Ministerpräsidenten seit 1945

Bundeskanzler Konrad Adenauer (mit Zylinder, CDU), Bundesratspräsident Karl Arnold (l, CDU) und Fritz Schäffer (r, CSU) bei der feierlichen Eröffnungssitzung des Deutschen Bundestages am 07.09.1949 in Bonn.
28. Mai 1945 – 28. September 1945: Fritz Schäffer (r, CSU) mit Konrad Adenauer (mit Zylinder, CDU), Bundesratspräsident Karl Arnold (l, CDU) bei der feierlichen Eröffnungssitzung des Deutschen Bundestages am 07.09.1949 in Bonn. © dpa
28. September 1945 – 21. Dezember 1946: Wilhelm Hoegner (SPD), ernannt durch die USA.
28. September 1945 – 21. Dezember 1946 (erste Amtszeit): Wilhelm Hoegner (SPD), ernannt durch die USA. © IMAGO/Rolf Poss
21. Dezember 1946 –
 14. Dezember 1954: Hans Ehard (CSU) mit Ehefrau Sieglinde.
21. Dezember 1946 – 14. Dezember 1954: Hans Ehard (CSU) mit Ehefrau Sieglinde. © IMAGO
14. Dezember 1954 – 16. Oktober 1957 (zweite Amtszeit): Wilhelm Hoenger (SPD) trat nach Verlust der Mehrheit im Landtag zurück.
14. Dezember 1954 – 16. Oktober 1957 (zweite Amtszeit): Wilhelm Hoenger (SPD) trat nach Verlust der Mehrheit im Landtag zurück. © IMAGO
16. Oktober 1957 – 26. Januar 1960: Hanns Seidel (CSU) überreicht General Lauris Norstad den Bayerischen Lowen.
16. Oktober 1957 – 26. Januar 1960: Hanns Seidel (CSU) überreicht General Lauris Norstad den Bayerischen Lowen. © IMAGO
26. Januar 1960 – 11. Dezember 1962 (zweite Amtszeit): Hans Erhard (CSU).
26. Januar 1960 – 11. Dezember 1962 (zweite Amtszeit): Hans Erhard (CSU). © IMAGO
11. Dezember 1962 – 7. November 1978: Ministerpräsident Alfons Goppel und Parteivorsitzender Franz Josef Strauß (beide CSU).
11. Dezember 1962 – 7. November 1978: Ministerpräsident Alfons Goppel, der aus Altersgründen zurücktrat, und Parteivorsitzender Franz Josef Strauß (beide CSU). © IMAGO
7. November 1978 – 3. Oktober 1988: Franz Josef Strauß (CSU) mit Münchens ehemaligem Oberbürgermeister Erich Kiesl.
7. November 1978 – 3. Oktober 1988: Franz Josef Strauß (CSU) mit Münchens ehemaligem Oberbürgermeister Erich Kiesl. © Heinz Gebhardt/IMAGO
3. Oktober 1988 – 19. Oktober 1988: Max Streibl (CSU) führte das Amt erst kommissarisch und trat dann in seiner offiziellen Amtszeit (19. Oktober 1988 – 28. Mai 1993) wegen der „Amigo-Affäre“ zurück.
3. Oktober 1988 – 19. Oktober 1988: Max Streibl (CSU) führte das Amt erst kommissarisch und trat dann in seiner offiziellen Amtszeit (19. Oktober 1988 – 28. Mai 1993) wegen der „Amigo-Affäre“ zurück. © IMAGO
28. Mai 1993 – 9. Oktober 2007: Edmund Stoiber (CSU) trat nach einem innerparteilichen Machtkampf zurück.
28. Mai 1993 – 9. Oktober 2007: Edmund Stoiber (CSU) trat nach einem innerparteilichen Machtkampf zurück. © IMAGO/Astrid Schmidhuber
9. Oktober 2007 – 27. Oktober 2008: Günther Beckstein (CSU) schied aus dem Amt, als die CSU bei der Landtagswahl 2008 einen deutlichen Stimmenverlust hinnehmen musste.
9. Oktober 2007 – 27. Oktober 2008: Günther Beckstein (CSU) schied aus dem Amt, als die CSU bei der Landtagswahl 2008 einen deutlichen Stimmenverlust hinnehmen musste. © IMAGO
27. Oktober 2008 – 13. März 2018: Horst Seehofer (CSU) gab das Amt ab, als die Ernennung zum Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat anstand.
27. Oktober 2008 – 13. März 2018: Horst Seehofer (CSU) gab das Amt ab, als die Ernennung zum Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat anstand. © Sammy Minkoff/IMAGO
13. März 2018 – 16. März 2018: Ilse Aigner (CSU) übernahm das Amt der Ministerpräsidentin kommissarisch.
13. März 2018 – 16. März 2018: Ilse Aigner (CSU) übernahm das Amt der Ministerpräsidentin kommissarisch. © Charles Yunck/IMAGO
Seit 16. März 2018: Markus Söder (CSU) ist Ministerpräsident von Bayern und CSU Vorsitzender.
Seit 16. März 2018: Markus Söder (CSU) ist Ministerpräsident von Bayern und CSU Vorsitzender. © IMAGO

Der bayerische Landtagsabgeordnete Fabian Mehring (Freie Wähler) verteidigte seinen Parteichef hingegen und warf dem Lehrer, der sich laut dem SZ-Bericht an die Zeitung wandte, politische Absichten vor. Auf X, ehemals Twitter, schrieb er: „Dein früherer Lehrer, der dir als 16-jähriger ein Strafreferat aufgebrummt hat, schlägt 35 Jahre später (rein zufällig sechs Wochen vor Wahlen) bei der #SZ auf, um dich anonym zu ruinieren…glaube zunehmend, dass viele Menschen in Bayern zu sowas eine klare Meinung haben!“

Mittlerweile hat Söder Aiwanger ein Ultimatum gestellt. (lrg)

Rubriklistenbild: © Dwi Anoraganingrum/Imago

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