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Prognosen

Russlands Krieg in der Ukraine: Bringt 2023 die Wende?

Zehn Monate nach Kriegsausbruch in der Ukraine ist ein Ende der Kampfhandlungen nicht absehbar. Wird sich das 2023 ändern?

Kiew/Moskau – Glaubt man Wladimir Putin, gibt es in Russland keinen Mangel. Nicht an frischen Soldaten und vor allem nicht an finanzieller Unterstützung der Armee. Das behauptete der russische Machthaber bei der live übertragenen Jahresabschlusstagung der Militärführung zur „speziellen Militäroperation“, wie der Invasionskrieg in der Ukraine im Kreml genannt wird. So versprach Putin, die Armee auf 1,5 Millionen Soldaten zu vergrößern. Das würde etwa 350.000 zusätzliche Rekruten bedeuten. „Das Land und die Regierung stellen alles zur Verfügung, worum die Armee bittet“, so der Staatschef. Die Botschaft ist eindeutig: Auch 2023 wird Russland mit voller Kraft gegen die Ukraine Krieg führen. So schwor Wladimir Putin die Vertreter des Verteidigungsministeriums auf einen Sieg ein: „Ich bin sicher, dass wir Schritt für Schritt alle unsere Ziele erreichen werden“.

Parallel dazu reiste der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj zu einem ersten bekannten Auslandsbesuch seit Kriegsbeginn in die USA. Beim Treffen mit Präsident Joe Biden kurz vor Weihnachten gab der Ukrainer sich ebenfalls siegesgewiss. In seiner Rede vor beiden Kammern des US-Kongresses zeigte er sich überzeugt, dass der „Unabhängigkeitskrieg“ der Ukraine mit einem „absoluten Sieg“ enden werde. Was das heißt, das haben Selenskyj und seine engen zivilen und militärischen Mitarbeiter stets klargemacht: Eine Rückkehr zu den Grenzen von 2014, also vor der Annexion der Halbinsel Krim und den Kampfhandlungen im Donbass. Immer wieder betonen Politiker in Kiew, dass es 2023 eine Wende im Krieg geben werde.

Russlands Krieg in der Ukraine: Bringt 2023 die Wende? Erfolgreiche USA-Reise für Selenskyj

„Dies ist der Anfang vom Ende des Krieges“, sagte Wolodymyr Selenskyj, als er sich kurz nach der Befreiung der Stadt Cherson vor Ort ein Bild der Lage machte. Von seiner USA-Reise konnte der Präsident derweil mit gut gefüllten Taschen heimkehren. Joe Biden sicherte der Ukraine das hochmoderne Patriot-System zur Raketenabwehr zu und legte noch eine milliardenschwere Finanzspritze obendrauf. Washington werde Kiew unterstützen, „so lange es nötig ist“, betonte der US-Präsident am Mittwoch Ortszeit.

Russlands Krieg in der Ukraine geht in das zweite Jahr: Wird 2023 eine Wende bringen?

Doch wie lange wird es nötig sein? Ist ein Ende des Krieges im Jahr 2023 realistisch? Das hängt von vielen Faktoren ab – von militärischen Erfolgen und Durchhaltevermögen der Ukrainer ebenso wie von der politischen Lage im Umfeld Putins und der fortdauernden Bereitschaft des Westens, der Ukraine Militärhilfe zu leisten. Verhandlungen der Kriegsparteien erscheinen unrealistisch, solange Putin der Ukraine ihr Existenzrecht abspricht. Praktisch alle Militärexperten gehen davon aus, dass Russland einen Waffenstillstand nur dazu nutzen würde, seine Truppen in Ruhe zu verstärken, um dann erneut loszuschlagen. Auch deshalb lehnt Selenskyj Gespräche mit Putin ab. Russland kommt für ihn erst nach dem Ende der Präsidentschaft Putins als Gesprächspartner infrage. Das Vertrauen in Russlands Präsidenten ist auch in Washington und in den meisten Hauptstädten Europas auf Tiefststand. Solange Russland weiterhin versucht, die Ukraine oder Teile von ihr zu erobern, wird der Krieg fortgeführt werden.

Bilder des Ukraine-Kriegs: Großes Grauen und kleine Momente des Glücks

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Der Krieg begann Ende Februar mit Angriffen Russlands auf zahlreiche Städte der Ukraine. Die Truppen aus Moskau nahmen frühzeitig auch Kiew, die Haupstadt des Landes, unter Raketenbeschuss. Eine der russischen Raketen wurde als Teil einer Ausstellung vor dem Nationalmuseum für Militärgeschichte platziert. Kurator Pavlo Netesov wollte nach eigener Aussage mit der Ausstellung der zerstörten Ausrüstung die Bewohnerinnen und Bewohner Kiews an die Straßenkämpfe erinnern, die in anderen Städte der Ukraine tobten, von denen die Hauptstadt aber verschont blieb. © Sergei Supinsky/afp
Wolodymyr Selenskyi in Donezk
Eine dieser Städte war Donezk. Im Mai 2022 besuchte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die einstige Millionenmetropole und hörte sich dort den Bericht von Frontsoldaten an. In Donezk tobt der Krieg zwischen Russland und der Ukraine bereits seit 2014. Seitdem herrscht dort ein von Moskau installiertes Regime, das sich selbst Volksrepublik Donezk nennt. Nach einigen vorübergehenden Waffenstillstandsabkommen ist die Stadt im Südosten nun wieder Ort erbitterterte Kämpfe. © Uncredited/dpa
Menschen suchen Deckung in Lyssytschansk
Es ist vor allem die Zivilbevölkerung, wie diese beiden Kinder und Seniorinnen in Lyssytschansk, die unter dem Ukraine-Krieg leiden. Die Großstadt liegt mitten im Donbass, die seit Kriegsausbruch am schwersten umkämpfte Region in der Ukraine. Die Bewohnerinnen und Bewohner, die nicht fliehen oder konnten, müssen nun regelmäßig Schutz vor Artilleriebeschuss suchen. © Aris Messinis/afp
Tschassiw Jar, Kleinstadt der Ukraine in der Nähe Lyssytschansk
Unweit von Lyssytschansk liegt die Kleinstadt Tschassiw Jar. Dort räumen Arbeiter die Trümmer eines Hauses von der Straße, das von einer russischen „Hurrikan“-Rakete getroffen wurde. Im Juli 2022 feierte Russland vor allem in der Donbass-Region militärische Erfolge. Zahlreiche Städte und Gemeinden wurden erobert. Die Truppen Wladimir Putins schienen die Ukraine im Sturm zu erobern. © Anatolii Stepanov/afp
brennendes Weizenfeld in der Region Saporischschja
Dieser Mann in Militäruniform ist in einem brennenden Weizenfeld in der Region Saporischschja, während russische Truppen Felder beschießen, um die örtlichen Landwirte an der Getreideernte zu hindern. Die Ukraine auszuhungern und die Ernte zu stehlen, war von Anfang an Teil der russischen Strategie © Uncredited/dpa
Das sechsmonatige Jubiläum im August war ein trauriger Abschnitt im russischen Angriffs-Krieg
Das sechsmonatige Jubiläum des UKraine-Kriegs im August war ein trauriger Abschnitt der russischen Invasion. Doch die ukrainischen Streitkräfte leisteten mit Herz und allen Mitteln weiter Widerstand und feierten ihre Nation, wie hier mit Drohne und ukrainischer Flagge über dem „Monument des Mutterlands“ in Kiew. © Dimitar Dilkoff/afp
Hier wurde im September in der Stadt Kupiansk in der Kharkiv Region eine Brücke bombadiert
Im September begannen die Truppen Wladimir Putins, die Infrastruktur der ukrainischen Städte unter Beschuss zu nehmen. In der Stadt Kupiansk in der Region Kharkiw bombardierte Moskau eine Brücke. An vielen anderen Städten versuchten die russischen Streitkräfte, die Energieversorgung zu stören. © Yasuyoshi Chiba/afp
Statt eines kurzen Angriffskriegs, den der russische Präsident Wladimir Putin geplant hatte, dauert der Krieg immer noch an.
Weil die Erfolge in der Ukraine ausblieben, benötigten die russischen Truppen immer mehr Rekruten für die Front. Präsident Wladimir Putin verkündete deshalb eine Teilmobilisierung im eigenen Land. Tausende junger Männer mussten sich wie dieser Mann in der Stadt Kineschma von ihren Müttern verabschieden und in den Ukraine-Krieg ziehen. © Vladimir Smirnov/imago
Hier sieht man Putin bei einer Ansprache auf einem großen Screen auf dem Roten Platz anlässlich der Annexion von vier Regionen der Ukraine, die von russischen Truppen im September besetzt waren
Im Osten der Ukraine schuf Wladimir Putin Ende September Tatsachen. Vier Regionen des Landes, die zuvor ihre Unabhängigkeit erklärt hatten, wurden annektiert. Anlässlich der Gebietsgewinne richtete sich Putin in einer TV-Ansprache an die Bevölkerung Russlands. Zumindest auf dem Roten Platz in Moskau wurde Putins Rede frenetisch bejubelt. © Alexander Nemenov/afp
Nach der Explosion eines Lastwagens in der Nähe von Kertsch am 8. Oktober 2022 steigt schwarzer Rauch aus einem Feuer auf der Brücke von Kertsch auf
Nach der Explosion eines Lastwagens in der Nähe von Kertsch am 8. Oktober 2022 steigt schwarzer Rauch aus einem Feuer auf der Brücke von Kertsch auf. Sie ist die einzige Landverbindung zwischen Russland und der annektierten Krim-Halbinsel. Russland versprach, die Täter zu finden, ohne die Ukraine sofort zu beschuldigen. © Uncredited/afp
Ukrainische Artilleristen feuern eine 152-mm-Schleppgeschütz-Haubitze (D20) auf eine Stellung an der Frontlinie in der Nähe der Stadt Bakhmut in der ostukrainischen Region Donezk Ende Oktober während des russischen Einmarsches in die Ukraine
Ebenfalls im Oktober gelingt es der Ukraine, an vielen Frontabschnitten vorzurücken. Das gelingt den Streitkräften vor allem dank der Unterstützung aus dem Westen, die immer mehr schweres Gerät in den Konflikt liefert. Hier feuern ukrainische Artilleristen eine 152-mm-Schleppgeschütz-Haubitze (D20) auf eine Stellung an der Frontlinie in der Nähe der Stadt Bakhmut in der ostukrainischen Region Donezk ab. © Dimitar Dilkoff/afp
Ein Einwohner von Cherson hebt seinen Daumen zur Unterstützung der Ukraine auf dem Hauptplatz der Stadt nach der Befreiung von den russischen Besatzern
Mitte November gelingt den ukrainischen Truppen ein großer Erfolg. Sie können die Hafenstadt Cherson im Südosten des Landes zurückerobern. Die Millionenmetropole besitzt neben hohem strategischem auch symbolischen Wert im Kampf gegen Russland. Ein Bewohner feiert die Befreieung mit erhobenem Daumen im Zentrum der Stadt. © Celestino Arce Lavin/dpa
An diesem Tag hielt die Welt den Atem an: Eine Luftaufnahme zeigt den Ort, an dem am 15. November 2022 zwei Männer im ostpolnischen Dorf Przewodow, nahe der Grenze zur kriegszerstörten Ukraine, durch einen Raketeneinschlag getötet wurden
An diesem Tag hielt die Welt den Atem an: Eine Luftaufnahme zeigt den Ort, an dem am 15. November 2022 zwei Männer im ostpolnischen Dorf Przewodow, nahe der Grenze zur kriegszerstörten Ukraine, durch einen Raketeneinschlag getötet wurden. Russland attackierte die Ukraine mit einem massiven Angriff auf die zivile Infrastruktur, wodurch Millionen von Haushalten ohne Strom blieben. Unmittelbar nach dem Vorfall gab es Befürchtungen, dass es sich um eine neue Eskalation des Konflikts handeln könnte, doch am 16. November 2022 gab Polen bekannt, dass das Geschoss wahrscheinlich von der ukrainischen Luftabwehr stammte. Diese Theorie wurde dann auch von Washington bestätigt. © Wojtek Radwanski/Damien Simonart/afp
ein Werk des britischen Straßenkünstlers Banksy auf einer mit Schnee bedeckten Panzerabwehrkonstruktion
Auch Banksy besuchte die Ukraine inmitten des Krieges. Ein am 17. November 2022 aufgenommenes Foto zeigt ein Werk des britischen Straßenkünstlers auf einer mit Schnee bedeckten Panzerabwehrkonstruktion auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass die Ukraine sich auf einen Winter des Krieges einstellen wird müssen. © Sergei Supinsky/afp
Dmitri Schewtschenko, Mitarbeiter von Rosenergoatom, inspiziert einen Tank mit destilliertem Wasser, um den Betrieb des vierten Blocks des Kernkraftwerks Saporischschja zu gewährleisten
Weitere harte Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur. Sogar Kernkraftwerke werden zum Ziel russischer Raketen. Dmitri Schewtschenko, Mitarbeiter von Rosenergoatom, inspiziert einen Tank mit destilliertem Wasser, um den Betrieb des vierten Blocks des Kernkraftwerks Saporischschja zu gewährleisten, der durch Beschuss im Zuge der russischen Militäroperation in der Ukraine in Enerhodar beschädigt wurde. © Alexey Kudenko/imago
Eine Frau spielt Gitarre in einer Kneipe während eines Stromausfalls in Lemberg am 2. Dezember 2022
Kleine Momente des Glücks im Wahnsinn des Krieges: Eine Frau spielt Gitarre in einer Kneipe während eines Stromausfalls in Lemberg am 2. Dezember 2022, als die Stadt nach den jüngsten massiven russischen Luftangriffen auf die ukrainische Energieinfrastruktur von einem geplanten Stromausfall betroffen ist. © Yuriy Dyachyshyn/afp
Hier trifft sie auf den Heiligen Mykola (Heiliger Nikolaus) am 19. Dezember 2022 in Cherson, inmitten der russischen Invasion in der Ukraine
Für einen Augenblick darf dieses Mädchen einfach Kind sein. Hier trifft sie auf den Heiligen Mykola (Heiliger Nikolaus) am 19. Dezember 2022 in Cherson, inmitten der russischen Invasion in der Ukraine © Dimitar Dilkoff/afp
Ukraine-Krieg - Jahrestag Kriegsbeginn- Kiew
Ukrainische Soldaten erinnern am 24. Februar 2023 an der Sophienkathedrale in Kiew an den Beginn des Ukraine-Kriegs ein Jahr zuvor. © Kay Nietfeld/dpa
Ukraine-Krieg - Orthodoxe Ostern in Saporischschja
Die kirchlichen Rituale werden in der Ukraine auch im April 2023 befolgt: Orthodoxe christliche Priester und Gläubige bei der Segnung der traditionellen Osterkörbe am Ostersonntag in der St. Nikolaus-Kirche in Saporischschja. © Andriy Andriyenko/dpa
Ukraine-Krieg - Ukrainische Gegenoffensive im Süden des Landes
Ukrainische Soldaten gestikulieren im September 2023 auf ihrem Bradley Fighting Vehicle (BFV) in der Frontstadt Orichiw. Aus ihrem amerikanischen Schützenpanzer berichten sie von schweren Gefechten. Seit Kriegsbeginn stand Orichiw unter ständigem Beschuss der russischen Armee. © Oliver Weiken/dpa
Ukraine-Krieg - Kupjansk
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Mitte) wird am 30. November 2023 während eines Besuchs in einem Gefechtsstand an der Front in Kupjansk über die Kriegssituation informiert. © dpa
Lwiw
Auch im Dezember 2023 feiern die Menschen in der Ukraine Weihnachten. In Lwiw besuchen sie den Gottesdienst an Heiligabend und bereiten sich darauf vor, den ersten Weihnachtsfeiertag am 25. Dezember zu feiern.  © Yuriy Dyachyshyn/AFP
Ukraine-Krieg - Charkiw
Ein großer Haufen Trümmer mit Resten von russischen Raketen liegt in der Stadt Charkiw. In den frühen Morgenstunden des 15. Februar 2024 schlug eine russische Rakete in einem Wohngebiet von Chugugyv ein und tötete eine 67-jährige Frau. © Ximena Borrazas/dpa
Charkiw
Trotz Gesprächen über eine Waffenruhe dauert der Ukraine-Blick auch im Jahr 2025 weiter an. Charkiw steht mehrmals schwer unter russischem Beschuss. Das Kunstwerk „Kreuz des Friedens“ mit einem Kruzifix aus 20.000 Fragmenten russischer Artilleriegeschosse wurde vom amerikanisch-ukrainischen Künstler Sergey Melnikoff (besser bekannt als MFF) und dem ukrainischen Künstler Viktor Belchik geschaffen. © Sergey Bobok/AFP
Ukraine-Krieg - Sumy
Bei einem schweren russischen Luftschlag mit ballistischen Raketen gegen die Stadt Sumy kommen am Palmsonntag 2025 mehr als 30 Menschen ums Leben. Mehr als 100 Zivilpersonen werden verletzt. Unter den Toten sind auch Kinder. © Evgeniy Maloletka/dpa

Wie lange Russland das durchhält, hängt wiederum davon ab, wie sehr dieser erste Winter im Ukraine-Krieg den russischen Truppen zusetzen wird. Während die ukrainischen Truppen im Herbst Gelände zurückgewinnen konnten, ist Russlands Militär mit Ausrüstungs- und Nachschubproblemen konfrontiert. Es soll an Winterausrüstung und -Kleidung ebenso mangeln wie an der Moral. Auch, wenn Wladimir Putin etwas anderes behauptet. Doch letztlich entscheidet eben Putin – und Russlands Präsident klingt nicht nach einer Aufgabe seiner „Spezialoperation“. Zuletzt wurden gar Spekulationen lauter, Putin könne im neuen Jahr erneut einen Sturm auf Kiew wagen.

Ukraine: Manche sehen Russland am Ende – doch Selenskyj-General warnt davor, Moskau zu unterschätzen

Doch zumindest in der Ukraine sehen manche Russland längst am Ende. „Wenn man Großangriffe zählt, dann bleiben ihnen maximal zwei bis drei, vielleicht können sie Raketen für vier zusammenkratzen“, sagte der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats, Olexij Danilow, am 19. Dezember der Ukrajinska Prawda. Informationen wie diese sind wiederum schwer zu verifizieren.

In einem kürzlichen Interview mit dem britischen Economist waren sich Selenskyj und seine beiden Oberbefehlshaber General Valery Zaluzhny und General Oleksandr Syrsky jedoch einig, dass die nächsten Monate über den Ausgang des Ukraine-Krieges entscheiden werden. Sie zeigten sich überzeugt, dass Russland eine neue Großoffensive vorbereitet, die schon im Januar beginnen könnte. Die Generäle warnten davor, die russische Armee zu unterschätzen. „Sie sind nicht schwach. Und sie haben ein sehr großes Potenzial an Menschen“, sagte Syrsky. „Irgendwo hinter dem Uralgebirge bereiten sie neue Ressourcen vor“, führte der General weiter aus. So wie es die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg tat, als die Nazis einmarschiert waren.

Die Frage ist, wie die Ukraine mit dieser Bedrohung umgeht: Wagen sie einen Gegenangriff, lassen sie die Russen kommen, um sie dann vor Ort zu schlagen? Darüber sprechen die Strategen verständlicherweise nicht. Und über allem schwebt die Frage: Wie viele Waffen werden sie dafür zur Verfügung haben? Zumindest die ukrainische Online-Zeitung The Kyiv Independent gibt sich zuversichtlich: „Der Krieg startet ins Jahr 2023, mit einem leichten Vorteil der Ukraine gegenüber dem stark dezimierten russischen Militär, vor allem dank der umfangreichen westlichen Militärhilfe. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die nächsten Monate des Winters und des Frühjahrs 2023 für den allgemeinen Ausgang des Krieges entscheidend sein werden.“

Bringt 2023 das Kriegsende in der Ukraine? „Frieden ist nicht nur die Abwesenheit von Kämpfen“

Die meisten Kriege der Geschichte gingen irgendwann durch Verhandlungen und einen Waffenstillstand zu Ende. Meistens weil eine Partei zusammenbrach, manchmal weil der Krieg in einem tödlichen Stillstand verharrte. In der Ukraine ist bisher keiner dieser Zustände erreicht. „Frieden ist nicht nur die Abwesenheit von Kämpfen“, schrieb Selenskyjs Stabschef Andriy Yermak Mitte Dezember in einem Gastbeitrag für den Economist. „Daher ist die Ansicht einiger westlicher Politiker, dass man sich als Erstes an einen Verhandlungstisch setzen muss, damit in der Ukraine Frieden herrschen kann, ein grundlegender Irrtum.“

Erst müssten Bedingungen erfüllt sein, darunter die Wiederherstellung der ursprünglichen Grenzen, Sicherheitsgarantien für die Ukraine durch den Westen, Schutz der ukrainischen Infrastruktur, ein Ende der nuklearen Bedrohung oder ein Austausch aller Gefangener, einschließlich der laut Yermak knapp drei Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer, die in die russisch besetzten Gebiete verschleppt worden seien. Dass diese Bedingungen in ein paar Monaten erfüllt sind, ist wenig wahrscheinlich.

Rubriklistenbild: © Bulent Kilic/afp

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