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„Regelmäßige Kontrollen“
Selenskyjs Kehrtwende: Lügendetektortests für Anti-Korruptionsbehörden in der Ukraine
Die Ukraine-Proteste zeigen Wirkung, Selenskyj schraubt das Anti-Korruptionsgesetz zurück. Jetzt sollen Lügendetektoren Russlands Einfluss verhindern.
Kiew – Nach massiven Protesten in der Ukraine und scharfer EU-Kritik hat Wolodymyr Selenskyj einen neuen Gesetzentwurf zur Wiederherstellung der Unabhängigkeit der Anti-Korruptionsbehörden ins Parlament eingebracht. Um Einfluss aus Russland auf die staatlichen Stellen auszuschließen, sollen aber alle Mitarbeitenden mit Zugang zu Staatsgeheimnissen Lügendetektortests unterzogen werden, kündigte der ukrainische Präsident an. „Und das müssen regelmäßige Kontrollen sein“, sagte Selenskyj.
Die Kehrtwende erfolgte nach drei aufeinanderfolgenden Tagen mit Demonstrationen in Kiew und weiteren ukrainischen Städten. In der Hauptstadt versammelten sich die Protestierenden in Sichtweite des Präsidentensitzes, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur beobachtete. Die Demonstranten forderten die vollständige Wiederherstellung der Unabhängigkeit der Antikorruptions-Behörden. Wolodymyr Selenskyj hatte erst am Dienstag im Eilverfahren das umstrittene Gesetz unterschrieben.
Wolodymyr Selenskyj – Vom Komödianten zum Symbol des Widerstands
Lügendetektortests in Anti-Korruptionsbehörden: Russlands Einfluss soll verhindert werden
Laut dem auf der Parlamentswebsite veröffentlichten Gesetzestext sollen die ersten Lügendetektortests innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten durch den Geheimdienst SBU erfolgen. Alle weiteren Tests sollen mindestens alle zwei Jahre durch interne Kontrollorgane durchgeführt werden. Schon bisher gab es solche Tests, wenn auch nicht in der nun von Selenskyj geplanten Dichte.
Ein Termin für die Abstimmung im Parlament der Ukraine steht noch nicht fest. Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk versprach bei Facebook, das Dokument in der nächsten Sitzung zur Abstimmung zu stellen. Allerdings befindet sich die Oberste Rada nach Angaben von Abgeordneten bis Mitte August in den Sommerferien.
Selenskyjs Anti-Korruptionsgesetz
Die Ukraine gilt laut der Nichtregierungsorganisation Transparency International trotz aller Reformen als eines der korruptesten Länder Europas. NABU und SAP wurden 2015 mit westlicher Hilfe gegründet, um die notorische Korruption vor allem bei hochrangigen Politikern und in der Verwaltung zu bekämpfen.
Das ukrainische Parlament hat die Kompetenzen beider Behörden per Gesetz jetzt massiv beschnitten. Die Behörden sollen künftig der Generalstaatsanwaltschaft unterstellt werden und die Macht des Präsidenten weiter stärken. Selenskyj betonte mehrfach, es gebe Anzeichen auf russische Einflussnahme auf die Behörden. Tatsächlich wird aber ein Machtkampf der Sicherheitsorgane vermutet.
Anti-Korruption in der Ukraine: EU kritisiert Selenskyj – der bittet Merz um Hilfe
Die ursprüngliche Gesetzesänderung hatte nicht nur in der Ukraine für Empörung gesorgt. Auch die EU reagierte mit Unverständnis auf die Entscheidung. Kritische Stimmen warfen Selenskyj autoritäre Tendenzen vor. Sein Rückzieher wird von politischen Beobachterinnen und Beobachtern hingegen als herbe politische Niederlage gewertet, die den Präsidenten angeschlagen zurücklasse. Auch Kiew-Bürgermeister Vitali Klitschko nutze die Proteste, um gegen Selenskyjs Antikorruptions-Gesetz zu demonstrieren.
Selenskyj informierte nach eigenen Angaben auch Bundeskanzler Friedrich Merz über die Änderungen und lud Deutschland ein, sich an der Begutachtung des Gesetzentwurfs durch Experten zu beteiligen. Der CDU-Politiker habe seine Unterstützung zugesichert. Auch andere europäische Partner wie Großbritannien und die EU sollen einbezogen werden. Die Ukraine hofft seit Jahren auf eine EU-Mitgliedschaft; die Anti-Korruptionsbehörden galten stets als wichtiger Faktor für mögliche Beitrittsverhandlungen.
„Der Gesetzentwurf stellt alle prozessualen Vollmachten wieder her und garantiert die Unabhängigkeit vom Nationalen Antikorruptionsbüro (NABU) und der Spezialisierten Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP)“, erklärten die beiden Behörden jetzt auf ihren Telegramkanälen. Ob das die Proteste eindämmt, muss sich noch zeigen. (nak)