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„Möglichkeit für Russland, sich heranzuschleichen“

„Putins Ziel” in der Ostsee: Nato-Land will Insel zu Festung ausbauen

Micael Byden und Bord eines Schiffes und Feuerstoß aus der Kanone eines Schiffes
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Bald Realität? Das Bild rechts zeigt eine Übung der russischen Marine in der Ostsee, Schwedens Armeechef Micael Byden befürchtet einen Angriff auf Gotland.

Der schwedische Oberbefehlshaber befürchtet, dass Wladimir Putin Gotland einnehmen könnte. Dann hätte Russland die Kontrolle über Teile der Ostsee.

Brüssel – Der 24. Februar 2022 war der Tag, der Europa wachrüttelte. Weil an jenem Datum Kreml-Chef Wladimir Putin seine Truppen über die Grenze schickte und damit den Ukraine-Krieg begann. Seinen Kampf um das Nachbarland hatte der russische Präsident da aber schon über viele Jahre vorbereitet, teilweise für alle Welt sichtbar. Etwa mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim fast genau ein Jahrzehnt zuvor.

Die Halbinsel, die das Schwarze Meer vom Asowschen Meer trennt, ist für Putin strategisch bedeutsam und hat enormen symbolischen Wert. Hierüber soll ein bedeutender Teil des Nachschubs für die Einheiten an der Front fließen, in Sewastopol liegt der Hauptstützpunkt der Schwarzmeerflotte, die das Gewässer beherrscht – auch wenn es hin und wieder schwere Verluste zu beklagen gibt, wie etwa den des Flaggschiffs Moskwa wenige Wochen nach Beginn der Invasion. Putin braucht also die Krim für seine Zwecke wie die Fische das Meerwasser drumherum zum Leben.

Putin und der Ukraine-Krieg: Will Russlands Präsident Gotland erobern?

Auch wenn sich Russlands Attacken vom Land, vom Wasser aus und aus der Luft auf die Ukraine konzentrieren und keinerlei Rücksicht auf Verluste kennen, befürchtet Micael Byden, dass Putin es auch auf eine weitere Insel abgesehen haben könnte. Konkret: Gotland, mit knapp 3000 Quadratkilometern die zweitgrößte Insel der Ostsee.

Gotland liegt im Südosten von Schweden, Byden ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte des jüngsten Nato-Mitglieds. „Ich bin sicher, dass Putin sogar beide Augen auf Gotland geworfen hat“, warnt er im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. In Friedenszeiten hätte lediglich eine Truppe der freiwilligen Heimwehr das Eiland bewacht, aber: „Diese friedlichen Zeiten sind vorbei.“

Aktuell seien Einheiten dauerhaft auf Gotland stationiert. Erhöhe sich die Gefahrenlage, würden weitere Kräfte hinzugezogen. Byden ist sicher: „Wer Gotland kontrolliert, der kontrolliert die Ostsee.“ Und genau das ist „Putins Ziel“. Dazu passt ein großangelegtes Manöver auf dem Gewässer und auch ein Zwischenfall mit einem russischen Kampfflugzeug, das von Nato-Jets gestoppt wurde.

Video: Warum Russland für die Nato-Staaten in der Ostsee weiterhin gefährlich ist

Putin und die Ostsee: Einmarsch auf Gotland „wäre das Ende von Frieden und Stabilität in der Region“

Der 59-jährige Schwede wird konkreter: „Von Gotland aus können wir anderen Nato-Staaten in der Ostsee helfen, in Sicherheit zu leben. Wenn Putin aber in Gotland einmarschiert, kann er die Nato-Länder vom Meer aus bedrohen. Das wäre das Ende von Frieden und Stabilität in den nordischen und baltischen Regionen.“

Auch die Inselgruppe Aland zwischen Finnland und Schweden sei wahrscheinlich für Putin interessant, mutmaßt Byden. Er warnt noch einmal eindringlich, die Situation nicht zu unterschätzen: „Die Ostsee darf nicht zu Putins Spielwiese werden, auf der er die Nato-Mitglieder in Angst und Schrecken versetzt.“ Noch gilt die Ostsee als Nato-Gewässer, umso mehr seit Schwedens Beitritt. Doch zuletzt rüttelte bereits eine Studie zur Gefahr durch Putins Flotte auf.

Nawalny verlängert die Liste der Opfer Putins – ein Überblick

Alexej Nawalny
Alexej Nawalny war über Jahre der markanteste Kopf der russischen Opposition. Schon früh prangerte der Rechtsanwalt das Machtlager von Präsident Wladimir Putin offen als „Partei der Gauner und Diebe“ an.  © Andrei Zhilin/afp
Wahlen 2012 in Russland: Nawalny protestiert gemeinsam mit Schach-Großmeister Garry Kasparow (l.) für faire Wahlen in Russland – am Ende gewann Wladimir Putin.
Wahlen 2012 in Russland: Nawalny protestiert gemeinsam mit Schach-Großmeister Garry Kasparow (l.) für faire Wahlen in Russland – am Ende gewann Wladimir Putin. © Anatoly Maltsev / dpa
Alexej Nawalny
2013 trat er als Bürgermeisterkandidat in Moskau an und erreichte mit 27 Prozent der Stimmen den zweiten Platz. Später organisierte er Massenproteste im ganzen Land, besonders aber in Moskau. 2018 wollte Nawalny selbst Präsident werden, doch die Justiz schob ihm einen Riegel vor. Wiederholt wurde er wegen Betrugs- und Diebstahlsvorwürfen vor Gericht gestellt und verurteilt. © Kirill Kudryavtsev/afp
Nawalny – damals bereits sozusagen der Superstar der Protestbewegung in Russland – mit seiner Ehefrau Julija, vor Gericht. Nach seinen Protesten kam er damals vorerst frei.
Nawalny – damals bereits sozusagen der Superstar der Protestbewegung in Russland – mit seiner Ehefrau Julija, vor Gericht. Nach seinen Protesten kam er damals vorerst frei. © Valentina Svistunova / dpa
Kreml-Kritiker Nawalny 2017 nach einer Farbattacke vor seinem Büro.
Kreml-Kritiker Nawalny 2017 nach einer Farbattacke vor seinem Büro. © Evgeny Feldman / dpa
Nawalny vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2018. Dort war Russland zuvor wegen Festnahmen des Kreml-Kritikers verurteilt worden.
Nawalny vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2018. Dort war Russland zuvor wegen Festnahmen des Kreml-Kritikers verurteilt worden. © Jean-Francois Badias / dpa
Ein großes Portrait von Alexej Nawalny mitten in St. Petersburg. Nach nur wenigen Minuten ließ man es wieder überstreichen.
Ein großes Portrait von Alexej Nawalny mitten in St. Petersburg. Nach nur wenigen Minuten ließ man es wieder überstreichen. © Alexander Demianchuk / Imago
Alexej Nawalny
Im August 2020 brach Nawalny bei einer Reise zusammen und fiel ins Koma. Grund war eine Vergiftung mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok, wie Untersuchungen an der Charité in Berlin bewiesen. © Instagram account @navalny/afp
Alexej Nawalny
Im Januar 2021 kehrte Nawalny nach Russland zurück, wo er erneut vor Gericht gestellt und unter anderem wegen angeblichem „Extremismus“ zu 19 Jahren Lagerhaft verurteilt wurde. Im Dezember 2023 folgte die Verlegung in ein Lager hinter dem Polarkreis. Am 16. Februar 2024 starb Nawalny nach Justizangaben in dem Straflager. Er sei nach einem Hofgang zusammengebrochen, teilte die Gefängnisverwaltung mit.  © Vera Savina/afp
Am 16. Februar 2024 kommt überraschend dann die Info aus Russland, Nawalny sei im Strafgefangenenlager gestorben
Am 16. Februar 2024 kommt überraschend dann die Info aus Russland, Nawalny sei im Strafgefangenenlager gestorben. Weltweit wird um den Kreml-Kritiker getrauert. © IMAGO/Vuk Valcic / ZUMA Wire
Jewgeni Prigoschin
Jewgeni Prigoschin war in Russland als skrupelloser Unternehmer mit krimineller Vergangenheit bekannt. Er und Putin kannten sich lange. Als der heutige Präsident noch in der St. Petersburger Stadtverwaltung arbeitete, soll er in Prigoschins Restaurant eingekehrt sein. Deshalb war Prigoschin, der mehrere Jahre wegen Raubs in Haft saß, auch als „Putins Koch“ bekannt. Niemand sonst in Russland traute sich solche Kritik wie Prigoschin © ITAR-TASS/Imago
Jewgeni Prigoschin
Über Monate hinweg legte sich Jewgeni Prigoschin mit der Militärführung in Moskau an. Immer wieder warf der Chef der russischen Privatarmee Wagner dem Verteidigungsministerium und dem Generalstab der Armee vor, Präsident Wladimir Putin zu belügen. Mit einem bewaffneten Aufstand seiner Privatarmee forderte Prigoschin aber auch Putin selbst heraus. © Sergey Pivovarov/Imago
Jewgeni Prigoschin
Nach seinem gescheiterten Aufstand sahen Fachleute den Söldnerchef aber dem Tode geweiht. Kremlchef Putin hatte die Kämpfer um seinen Ex-Vertrauten als Verräter bezeichnet. Tatsächlich starb Prigoschin zwei Monate nach seiner Meuterei gegen die russische Staatsmacht im August 2023 bei einem Flugzeugabsturz in Russland. © Imago
Boris Nemzow
Der Oppositionspolitiker Boris Nemzow galt als einer der schillerndsten und mutigsten Politiker Russlands. Feinde machte er sich vor allem mit seiner Kritik an der Ukraine-Politik von Kremlchef Wladimir Putin. Er wurde zur Galionsfigur der zersplitterten Opposition und galt als Unterstützer der Richtung Westen strebenden Ukraine. © Oxana Onipko/afp
Boris Nemzow
Nemzow wurde im Februar 2015 durch mehrere Schüsse in den Rücken aus einem Auto heraus erschossen. Der Mord wirft noch immer viele Fragen auf. Die EU drängte Russland wiederholt dazu, den Fall weiter aufzuklären. Ein Gericht in Moskau verurteilte 2017 den mutmaßlichen Mörder und vier Komplizen aus dem Nordkaukasus zu langen Haftstrafen. Nemzows Familie beklagte, dass nach den Drahtziehern nie wirklich gesucht worden sei. © afp
Boris Nemzow
In den 1990er Jahren hatte sich Nemzow als liberaler Reformer in Russland einen Namen gemacht. Präsident Boris Jelzin (rechts im Bild) holte ihn einst in die Regierung nach Moskau. Nemzow war zeitweilig auch als Präsidentenanwärter gehandelt worden. „Ich bin liberal, was Wirtschaftsfragen angeht, aber für eine starke Staatsmacht in der Politik“, sagte er einmal. © TASS/afp
Alexander Litwinenko
Der Putin-Kritiker Alexander Litwinenko starb im November 2006 in London nach einem Anschlag mit dem radioaktiven Gift Polonium 210. Einem Untersuchungsbericht zufolge soll ihm das Strahlengift in einem Londoner Hotel in den Tee gemischt worden sein. Unter den Augen der Weltöffentlichkeit siechte Litwinenko tagelang dahin. Vom Krankenhausbett beschuldigte er Putin, hinter dem Anschlag zu stecken. Die britische Justiz sieht es ebenfalls als bewiesen an, dass die Spur in hohe politische Kreise in Moskau führt. Russland weist dies zurück. © Sergei Kaptilkin/dpa
Anna Politkowskaja
Die Journalistin Anna Politkowskaja machte sich als Kritikerin der Kriege in Tschetschenien einen Namen. Die Mitarbeiterin Oppositionszeitung Nowaja Gaseta berichtete über Kriegsverbrechen der russischen Armee und der verbündeten tschetschenischen Gruppen und sprach von einem „schmutzigen Krieg“. Häufig musste sie sich gegen Drohungen wehren. Am 7. Oktober 2006 wurde sie vor ihrer Wohnung in Moskau erschossen. Politkowskajas Familie vermutet ein politisches Motiv für die Tat.  © Imago
Boris Beresowski
Die Serie von mitunter rätselhaften Todesfällen, hinter denen russische staatliche Stellen vermutet werden, ist noch sehr viel länger. Der Oligarch Boris Beresowski (Mitte) fiel nach dem Machtantritt Putins in Ungnade und floh nach Großbritannien. Am 23. März 2013 wurde Beresowski tot im Bad seines Hauses in Ascot gefunden.  © Shaun Curry/afp
Pawel Scheremet
Im Juli 2016 kam der russische Exil-Journalist Pawel Scheremet in Kiew durch eine Autobombe ums Leben. Scheremet engagierte sich während der Maidan-Proteste 2013/2014 in Kiew aufseiten der prowestlichen Kräfte und wurde später Redakteur beim renommierten Internetportal Ukrainskaja Prawda. © Dmytro Larin/afp
Denis Woronenkow
2017 wurde der abtrünnige russische Abgeordnete Denis Woronenkow auf offener Straße in Kiew erschossen. Auch sein Fall wurde nie aufgeklärt. © ITAR-TASS/Imago
Sergej Magnizki
Sergej Magnizki starb 2009 unter ungeklärten Umständen in einem Moskauer Gefängnis. Angeblich wurde der Anwalt, der nach eigenen Angaben einen Steuerbetrug aufgedeckt hatte, zu Tode geprügelt. Medizinische Hilfe wurde im verweigert.  © HO/Hermitage Capital Management/afp
Baburowa/Markelow
Die Journalistin Anastassija Baburowa und der Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow wurden 2009 auf der Straße in Moskau erschossen. Für die Tat wurden ein Rechtsextremist und eine Komplizin zu langen Haftstrafen verurteilt. Sie hatten ihre Schuld bestritten. © ITAR-TASS/Imago
Natalia Estemirowa
Die Menschenrechtlerin Natalia Estemirowa wurde 2009 in der Konfliktregion Nordkaukasus erschossen aufgefunden. Mit Berichten über das Verschwinden von Zivilpersonen in dem Gebiet hatte sie sich wiederholt den Zorn der Machthaber zugezogen. © Memorial/afp
Sergej Juschenkow
Eines der ersten Todesopfer war Sergej Juschenkow. Der Duma-Abgeordnete wurde im April 2003 in Moskau erschossen. Juschenkow war der Staatsführung ein Dorn im Auge, wenngleich der Politiker über wenig Macht und Einfluss verfügte.  © Roman Mukhamedzanov/Vremya Novos/afp

Putin und die Öltanker in der Ostsee: Spioniert Russland mit Schiffen vor Gotland?

Entsprechend lohne sich auch ein zweiter Blick auf die russischen Öltanker, die vor Gotland ihre Fracht auf andere Schiffe umladen, findet Byden. „Es gibt keine bessere Möglichkeit für Russland, sich an uns heranzuschleichen, als sich als alter Öltanker zu tarnen“, hält der General fest: „Mit den Schiffen können sie unsere Kommunikation abhören, heimlich irgendetwas transportieren oder sie für Unterwasser-Sabotage einsetzen.“

Obendrein gehe für die Ostsee noch eine ganz andere Gefahr von den Tankern aus, denn diese seien sehr alt und schrottreif: „Russland könnte eine Umweltkatastrophe direkt vor unserer Haustür verursachen und es wie einen Unfall aussehen lassen.“

Ukraine-Krieg und der Westen: „Bürokratie, Verwaltung und Gesetzgebung bremsen uns aus“

Beinahe klingt bei Byden Resignation durch, wenn er angesichts von Moskaus Strategie festhält: „Putin hat die russische Wirtschaft in einer Weise auf den Krieg ausgerichtet, wie wir es nicht können. Die Russen produzieren im Moment eine riesige Menge an Rüstungsgütern, viel mehr als wir der Ukraine liefern können.“

Das Problem, das auch Deutschland nicht fremd sein dürfte: „Unsere Strukturen sind nicht für den Krieg gemacht, Bürokratie, Verwaltung und Gesetzgebung bremsen uns aus.“ Dagegen könne Russland „trotz aller Sanktionen des Westens immer noch genug für einen sehr, sehr langen Krieg produzieren“.

Eine Insel für seine Zwecke? Kreml-Chef Wladimir Putin könnte es auf Gotland abgesehen haben, um seinen Einfluss auf die Ostsee zu erhöhen.

Kampfflugzeuge für die Ukraine? Schwedens Armeechef lobt die Gripen als einfach zu bedienen

Erschwert werden könnte das Leben des Aggressors wahrscheinlich durch die Entsendung von Gripen, doch noch hat Stockholm der Ukraine seine Kampfflugzeuge nicht zugesagt. „Die Gripen kann auf der Straße starten und landen und ist einfach zu warten. Der Kampfjet benötigt auch nur kurze Zeit am Boden: Es dauert weniger als 15 Minuten, um das Flugzeug aufzutanken, mit neuer Munition zu beladen und wieder zu starten“, nennt Byden die Vorzüge.

Zudem seien die Flieger „sehr robust und einfacher zu bedienen als andere Kampfflugzeuge“. Quasi genau das, was Kiew in seinem Abwehrkampf gegen den scheinbar übermächtigen Nachbarn braucht. Doch während die Abfertigung der Jets im Eiltempo abgewickelt werden kann, müssen die Entscheidungsträger viele Eventualitäten abwägen, ehe der Daumen eventuell gehoben wird. Auch deshalb scheint die Zeit mehr und mehr auf Putins Seite zu sein. (mg)

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