Nach Mannheim
Ohne Deals mit den Taliban: So soll Deutschland Kriminelle nach Afghanistan abschieben
Nach dem Messer-Angriff in Mannheim fordern mehrere Parteien Abschiebungen nach Afghanistan. Das gehe auch ohne Taliban – über einen Umweg.
Seit Sonntag ist klar: Der Polizist Rouven L. ist tot. Getötet von einem 25-Jährigen, der zuvor mit einem Messer den Islamkritiker Michael Stürzenberger attackiert hatte. Der Täter: Suleiman A., 25 Jahre, 2013 aus Afghanistan nach Deutschland gekommen. Seit dem Angriff mehren sich Forderungen nach Abschiebungen nach Afghanistan. Sie wurden 2021 ausgesetzt, nachdem die radikalislamischen Taliban das Land an sich gerissen hatten.
Afghanistan-Abschiebungen: Umweg über Pakistan?
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Stephan Thomae, sagt zu IPPEN.MEDIA: „Ausländische Menschen, die in Deutschland schwerste Straftaten begehen und ein erhebliches Risiko für unsere innere Sicherheit darstellen, müssen unser Land umgehend verlassen.“ Thomae betont: „Das gilt auch für Menschen aus Afghanistan.“ Deshalb sei es wichtig, „Wege zu finden, wie Abschiebungen nach Afghanistan praktikabel und rechtssicher wieder umsetzbar werden.“
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) prüft, inwiefern Afghanistan-Abschiebungen umsetzbar sind. „Die Prüfungen des Bundesinnenministeriums müssen jetzt zeitnah zu Ergebnissen führen“, fordert Thomae. Eine Möglichkeit könnte laut dem FDP-Politiker aus dem Allgäu eine Zusammenarbeit mit Nachbarländern wie Pakistan sein. „Denn gerade von Pakistan aus finden Abschiebungen nach Afghanistan statt.“
Abschiebungen: „Man muss keine Deals mit den Taliban machen“
Diesen Vorschlag bringt auch Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) ins Spiel. „Man muss jetzt keine Deals mit den Taliban machen, sondern es geht jetzt darum, mit den Nachbarländern Gespräche zu führen, zum Beispiel mit Pakistan“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch (5. Juni) im Deutschlandfunk.
Pakistan schiebe aus nationalen Sicherheitsinteressen Menschen nach Afghanistan ab. „Die wollen jetzt auch nicht den Terrorismus der Taliban im eigenen Land haben.“ Es gebe auch andere Nachbarländer, die das ähnlich sehen. „Wenn diese Länder abschieben, dann können wir uns ja da auch beteiligen“, sagte er.
Grundsätzlich hält Maier Abschiebungen in das von den Taliban kontrollierte Afghanistan für vertretbar. „Ich bin der Auffassung, dass die Sicherheitslage nicht im ganzen Land so schlecht ist, dass man dort überhaupt niemand hinschicken könnte“, sagte der zuständige Landesminister. Deutschlands Sicherheitsinteresse sei wichtiger als Schutzinteressen von Extremisten.
Abschiebungen nach Afghanistan: Grüne zurückhaltend
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zeigte sich zurückhaltender. „Das ist alles andere als trivial, denn um zentrale rechtsstaatliche und vor allem Sicherheitsfragen kommt man dabei nicht herum“, sagte Baerbock am Dienstag in Berlin. „Wie will man mit einem islamistischen Terrorregime zusammenarbeiten, mit dem wir gar keine Beziehungen haben?“, fragte Baerbock außerdem.
Grünen-Chef Omid Nouripour meinte: „Man sollte nicht die Illusion schüren, wir stecken jetzt Leute ins Flugzeug und dann machen wir einfach fest die Augen zu und dann wird alles besser.“ Abschiebungen seien keine Selbstverständlichkeit, sagte er bei MDR Aktuell. „Einfach nur Parolen raus dreschen, wo man am Ende nicht liefert, bedeutet, dass man am Ende die Leute enttäuscht.“ Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte zudem, Deutschland schiebe nicht in Länder ab, in denen Menschen „mit dem Tode bedroht sind“.
Merz fordert „noch härteren Kampf gegen den Islamismus“, Dobrindt kündigt „Knallhart-Kurs“ an
Aus anderen Ländern gibt es allerdings Abschiebungen nach Afghanistan, wie der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU, Alexander Throm, betonte: „Wenn Schweden es hinbekommt, Kriminelle nach Afghanistan abzuschieben, dann sollte das Deutschland auch gelingen“, sagte Throm in einer Mitteilung der Union. „Es ist an der Zeit, statt großer Ankündigungen jetzt endlich einmal wirklich Farbe zu bekennen.“
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) sagte, es müssten Wege gefunden werden, „ausreisepflichtige Asylbewerber aus Deutschland auch abzuschieben in Länder wie Afghanistan und Syrien“. Er fordert generell einen „noch härteren Kampf gegen den Islamismus“. Dazu werde die Unionsfraktion diese Woche einen Antrag einbringen.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kündigte im Münchner Merkur zudem mehrere Forderungen für einen „Knallhart-Kurs“ an: etwa eine Verschärfung des Strafrechts mit „Mindestfreiheitsstrafen für Kalifats-Extremisten“. (as mit Material von AFP und dpa)
