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Mullah-Regime am „Kipppunkt“?
Raisi-Nachfolger: Wer ist Irans Interimspräsident Mohammed Mochber?
Mochber steht für alle Grausamkeiten der Mullahs. Er soll ein enges Verhältnis zu Ajatollah Chamenei pflegen. Die EU strich ihn 2012 von der Sanktionsliste.
Teheran – Der Interimspräsident des Irans nach dem Tod Ebrahim Raisis bei einem Hubschrauberabsturz am Sonntag (19. Mai) steht vorerst fest: Mohammed Mochber, Vizepräsident unter dem Hardliner Raisi, soll interimsweise, also zwischenzeitlich, übernehmen. Dem Iran droht nach Raisis Tod nun ein Machtkampf, in dem die radikalsten Kräfte der Theokratie noch mehr Einfluss gewinnen könnten. Mochber gilt, so die Nachrichtenagentur Reuters, als enger Vertrauter des geistlichen und politischen Oberhaupts Ajatollah Ali Chamenei. Seit den 1980er-Jahren stieg er langsam aus der Revolutionsgarde über diverse Posten im Klientelsystem des Regimes auf. Ob auf ihn ein anderer Präsident folgt, ist noch unklar: Eine Annäherung an den aktuellen Präsidenten des Iran.
Expertin sieht Mullah-Regime an „Kipppunkt“ – Raisi-Nachfolger steht für alle Grausamkeiten der Diktatur
Das iranische Regime sei aktuell an einem „Kipppunkt“, diagnostizierte Robin Wright, Analystin des US-Forschungsinstitutes Wilson Center gegenüber der New York Times (NYT). Die wirtschaftliche, militärische und politische Lage des Regimes sei fragil, so Wright. In allen drei Feldern war Mochber bereits beteiligt. Politisch hat er als Mitglied der Regierung Raisis die „Frauen, Leben, Freiheit“-Revolution brutalst niederschlagen lassen. Auf militärisch-industrieller Ebene war er am gegen Israel gerichteten Nuklear- und Raketenprogramm des Mullah-Regimes und dem Waffenhandel mit Russland beteiligt. Primär war er vor seiner Berufung zum Vizepräsidenten allerdings Leiter eines milliardenschweren Investmentkonglomerats, das Ajatollah Chamenei untersteht.
Der 68-jährige Mochber trat 2021 sein Amt als Vizepräsident Raisis an. Raisi wurde wegen seiner Rolle in der Scheinjustiz des Irans auch als „Schlächter von Teheran“ bezeichnet. Er war für tausende Hinrichtungen politischer Gefangener 1988 verantwortlich, die wegen des Auftraggebers Ajatollah Chomeni als „Chomeni-Massaker“ bezeichnet werden. In den 1980er-Jahren war Mochber, so die NYT, noch Offizier der Revolutiongarden. Auf die feministischen Demonstrationen gegen die Geschlechterapartheid des Regimes nach dem Tod Jina Mahsa Amini 2022 reagierte die Regierung Raisis mit unzähligen Hinrichtungen, der Ermordung von Demonstrierenden auf offener Straße und systematischer sexualisierter Gewalt in Gefägnissen. Der UN-Menschenrechtsrat kam im März zu dem Schluss, dass die Regierung, der Mochber angehörte, Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne des Völkerstrafrechts begangen hat.
EU strich Raisis Nachfolger von Sanktionsliste – Irans Interimspräsident schloss Waffendeal mit Putin
Wegen seiner Beteiligung am Nuklear- und Raketenprogramm des Irans stand Mochber von 2010 bis 2012 auf der Sanktionsliste der Europäischen Union. Kurz darauf begannen die Verhandlungen zum inzwischen gescheiterten Nuklearabkommen mit dem Iran. Der damalige Chefverhandler Ali Bagheri ersetzt nun den ebenfalls bei dem Hubschrauberabsturz gestorbenen Hossein Amir-Abdollahian als Außenminister. Ende 2023 berichtete die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), der Iran habe seine Uranproduktion wieder hochgefahren und seither etwa 25 Kilogramm beinahe waffenfähiges Uran produziert. Bisher gelang es dem Regime nicht, eine Nuklearwaffe zu bauen.
Erklärtes langfristiges Staatsziel des vom Antisemitismus getriebenen Regimes ist die Vernichtung Israels. Dass ihre ballistischen Raketen Israel auch erreichen können, bewiesen die Mullahs, als sie im April Israel damit angriffen.
Auch am Angriffskrieg von Russlands Präsidenten Wladimir Putin gegen die Ukraine war Mochber bereits beteiligt. 2022 war er laut Reuters als Teil einer iranischen Delegation in Russland. Diese habe Insidern zufolge angeboten, weitere Drohnen und Boden-Boden-Raketen zu liefen. Russland griff im Verlauf des Ukraine-Krieges unzählige zivile Ziele mit iranischen Shahed-Drohnen an.
Irans Interimspräsident seit 2000er Jahren Teil der Wirtschaftselite des Mullah-Regimes
Seit der Jahrtausendwende rotierte Mochber durch die Führungsebene des Klientelsystems des Regimes. In den frühen 2000er-Jahren habe Mochber für die Mostazafan Stiftung, eine milliardenschwere Stiftung unter der Kontrolle des Ajatollahs, gearbeitet, berichtete die NYT. Das US-Finanzministerium sanktioniert die Stiftung seit Jahren, da es eines der wichtigsten Machtmittel des Regimes im wirtschaftlichen Bereich sei. Die Stiftung ist demnach mit jedem relevanten Wirtschaftszweig verflochten. Selbiges gilt für die Bank Sina, für die Mochber ebenfalls arbeitete.
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Neuer Iran-Präsident Mochber pflegt seit 2007 engen Kontakt zu Ajatollah Chamenei
Enger Kontakt zum Obersten Führer Chamenei wird Mochber laut der NYT seit seinem Wechsel zum Investmentkonglomerat Setad 2007 nachgesagt. Das Konglomerat wurde von Chameneis Vorgänger Chomeini gegründet. Der Zweck war nach der islamischen Revolution 1979 beschlagnahmte Immobilien zu verwalten, darunter die von Anhängern des Schahs genauso wie die von vertriebenen Juden und Bahai. Reuters schätzte den Wert des Konglomerats 2013 auf etwa 100 Milliarden US-Dollar. Laut der Nachrichtenagentur Associated Press (AP)sind Setad und die Mostazafan Stiftung zentral für Selbstbereicherung der Regime-Elite. Auch hiergegen richteten sich in den letzten Jahren immer wieder Proteste im Iran.
Die Karriere des neuen Interimspräsidenten des Irans zeigt also: Es geht wohl weiter wie bisher – Frauen und Proteste werden unterdrückt, der Iran wird weiter versuchen, eine Drohkulisse gegen Israel hochzuziehen, Feinde des Westens unterstützen und die Elite des Regimes bereichert sich. Binnen 50 Tagen soll er Wahlen organisieren, ob er selbst nach der Macht greift, war am Pfingstmontag (20. Mai) unklar. Laut der Iran-Expertin Wright sei es unüblich, dass Vizepräsidenten nach der Präsidentschaft streben. Die „größere Frage“ sei, wer bei den Wahlen überhaupt antreten dürfe. (kb)