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Transnistrien ruft Russland
Putins immerblutiges Frühjahr: Moldau fürchtet Parallelen – kurz vor der „Rede zur Lage der Nation“
Ein Appell aus Transnistrien gen Russland weckt düstere Erinnerungen – und die Sorge vor Parallelen. Was verkündet Putin am Donnerstag?
Chisinau – Geschichte wiederholt sich manchmal doch. Dafür könnte im Zweifelsfall eine Person an den Hebeln der Macht mit Hang zu festen Handlungsmustern genügen – Wladimir Putin etwa. Das bereitet nun Sorge: Am Mittwoch (28. Februar) haben die Separatisten im moldauischen Transnistrien Russland um „Schutz“ gebeten. Ganz ähnlich hatte im Februar 2022 auch der Ukraine-Krieg begonnen: mit einem „Hilfsersuchen“ der prorussischen-Kräfte in der Ost-Ukraine.
Zunächst schien völlig unklar, was im Osten des EU-Beitrittskandidaten Moldau passieren könnte – just an der Grenze zur Ukraine. Denkbare Szenarien reichen von einer Annexion über die Entsendung russischer Soldaten bis hin zu einem Angriff auf Moldau, das Russland unter Präsidentin Maia Sandu alles andere als positiv gesonnen ist.
Zugleich gibt es ein bedenkliches Geflecht von „Zufällen“ – auch über die Parallele zur Ukraine hinaus: Russland hatte schon den Kaukasus-Krieg just im Frühjahr des Präsidentschafts-Wahljahres 2008 mit konkreteren Schritten auf den Weg gebracht. Auch 2024 steht die Russland-Wahl an. Und dann wird Putin am Donnerstag (29. Februar) seine „Rede zur Lage der Nation“ halten. Möglich, dass der Kreml-Chef dann sehr greifbare Signale senden wird.
Putin bekommt den nächsten „Hilferuf“: Sorgen um Moldau kurz vor der „Rede zur Lage der Nation“
2022, als Russland seine blutige Invasion in die Ukraine startete, war diese traditionelle Rede ausgefallen. Allerdings hatte Putin eine „Rede an die Nation“ gehalten. Darin ging es letztlich nur um eines: die Rechtfertigung des Angriffskriegs. Der autokratisch regierende Putin argumentierte mit der Geschichte und sprach der Ukraine die „Staatlichkeit“ ab. Es sei „unumgänglich“, „unverzüglich die Unabhängigkeit und Souveränität der Volksrepublik Donezk und der Volksrepublik Lugansk anzuerkennen“, sagte er damals. Ein „mögliches weiteres Blutvergießen“ gehe auf das Gewissen „des auf dem Territorium der Ukraine herrschenden Regimes“.
Kurz zuvor hatten die russischen Separatisten Putin um „Hilfe bei der Zurückschlagung der Aggression“ ukrainischer Streitkräfte gebeten. Putin hatte ein militärisches Eingreifen in Aussicht gestellt, sollte er gefragt werden. Aus Transnistrien kommt nun die Klage über eine „wirtschaftliche Blockade“ durch Moldaus Regierung. Das klingt weniger dramatisch, könnte aber als Anlass dienen – für was auch immer. Russischen Berichten zufolge nannte Putins Außenministerium in einer ersten Reaktion den „Schutz der Interessen der Bewohner Transnistriens, unserer Landsleute“ eine „Priorität“.
Womöglich könnte es sogar eine unheilvolle Verquickung beider Fälle geben: Transnistrien grenzt an den Westen der Ukraine. Kiews Militär fürchtet einen Angriff von dort aus gen Odessa. Die ukrainische Hafenstadt stand zu Beginn des Ukraine-Kriegs ebenfalls im Fokus. Zuletzt hatte Russlands Schwarzmeer-Flotte aber mit massiven Schwierigkeiten zu kämpfen. Über den Umweg Transnistrien könnte sich nun eine Möglichkeit für einen Landangriff ergeben – während es 2022 noch Spekulationen gab, Russland könne über Odessa gleich weiter nach Transnistrien marschieren.
Russlands heizt die Kriegsschmiede im Frühjahr an: Parallelen zwischen Ukraine, Georgien – und Moldau?
Es wäre nicht das erste Mal, dass Putins Regime im Frühjahr militärische Attacken auf Nachbarländer auf die Schiene setzt – auch über den Einmarsch in der Ukraine hinaus. Neben Transnistrien (wo bereits vor dem Hilferuf Schätzungen zufolge rund 1.500 russische Soldaten stationiert gewesen sein sollen) hat Russland zwei weitere freundlich gesonnene Separatisten-„Republiken“ an der Hand: Abchasien und Südossetien.
Die beiden international kaum anerkannten Pseudo-Staaten auf georgischem Gebiet hatten schon seit dem beginnenden Zerfall der Sowjetunion teils blutig um Unabhängigkeit von Georgien gerungen. Im August 2008 griff aber Russland im „Kaukasus-Krieg“ direkt militärisch in den Konflikt ein – nicht nur in den abtrünnigen Gebieten, die Georgien mit Gewalt wieder unter seine Kontrolle bringen wollte, sondern auch mit Soldaten in anderen Städten des Landes und Luftangriffen.
Just Anfang März 2008 beendete Russland Sanktionen gegen Abchasien, ein russischer General wurde zum Verteidigungsminister Südossetiens ernannt, wie der Putin-Kritiker Andrej Illarionow in der Nowaja Gazeta unter der Überschrift „Wie der Krieg vorbereitet wurde“ in nüchternen Worten schrieb. Im selben Monat baten die beiden Separatistenparlamente Russland um die Anerkennung der Unabhängigkeit. All das passierte mehr oder minder parallel zur Präsidentschaftswahl – die Dmitri Medwedew gewannt.
Wenig später warnte Außenminister Sergej Lawrow vor einem Nato-Beitritt Georgiens. Dieses Ziel und der prowestliche Präsident Mikhail Saakaschwili waren Russland schon länger ein Dorn im Auge. Auch weithin bezweifelte Genozid-Vorwürfe an Georgiens Regierung gab es. Viele Parallelen zur Ukraine also, nicht nur beim Zeitpunkt im Frühjahr. Und auch so einige zu Moldau.
Putin und die „Reden zur Lage der Nation“: Drohungen, Ankündigungen – und Sorgen
Das Frühjahr und insbesondere die „Reden zur Lage der Nation“ sind in jedem Falle neuralgische Punkte in Putins Handeln. Im vergangenen Jahr entkernte er den Atomwaffen-Vertrag „New Start“. 2020 etwa gab es aus seinem Munde zwar kein Säbelrasseln, dafür aber die Ankündigung, per Referendum weitere Amtszeiten für den Präsidenten ermöglichen zu wollen – vor allem wohl für sich selbst. Die russische Verfassung hatte mehr als zwei aufeinanderfolgende Perioden im Amt untersagt; das hätte Putins Abgang 2024 bedeutet.
Wladimir Putin: Der Aufstieg von Russlands Machthabern in Bildern
2019 drohte der Kremlchef den USA: Sollten Kurz- und Mittelstrecken in Europa stationiert werden, werde Russland „Waffentypen schaffen und aufstellen“, die auch gegen „Entscheidungszentren“ eingesetzt werden können. Wohl kaum zufällig erwähnten Putin auch neue Überschallraketen und atomgetriebene Marschflugkörper und die Unterwasserdrohne „Poseidon“. Bereits 2018 redete er geschlagene 45 Minuten über russische Hightech-Waffen gesprochen, wie die Süddeutsche notierte.
Schon 2013 war die Ukraine Thema – Putin sprach von „Gleichberechtigung“
Putins „Reden zur Lage der Nation“ klangen indes in der Vergangenheit auch schon ganz anders – jedenfalls bei oberflächlichem Lauschen. „Wir wollen nicht als Supermacht gesehen werden, als weltweiter oder regionaler Hegemon. Wir wollen aber Leader sein. Und dabei internationales Recht verteidigen sowie die nationale Souveränität von Völkern achten“, sagte Russlands Präsident etwa im Jahr 2013, damals noch im Dezember.
Thema war damals am Rande auch schon die Ukraine – zu jener Zeit liefen die Euromaidan-Proteste in Kiew; allerdings noch mit dem kremlfreundlichen Wiktor Janukowytsch im Präsidentenamt. „Wir zwingen niemandem etwas auf“, sagte Putin: „Unser Integrationsprojekt beruht auf Gleichberechtigung, auf wirklichen wirtschaftlichen Interessen.“ Mittlerweile, gut zehn Jahre später, scheint etwas klarer, wie Putin „nationale Souveränität von Völkern“, „Gleichberechtigung“ und „internationales Recht“ versteht.
Putins Umstürzler: Auch Georgien hat bereits russische Truppen im Land
Möglich scheint auch, dass das Muster mit „Unterstützung“ für Separatisten und russische Staatsbürger noch nicht ausgereizt ist. Vor fast genau einem Jahr warnten russische Diplomaten Georgien vor einem Krieg. Angesichts von Protesten in Tiflis schrieb die Botschaft damals: „Wir empfehlen der georgischen Bevölkerung, sich an eine ähnliche Situation in der Ukraine 2014 zu erinnern und daran, wozu sie geführt hat.“
Anlass der Demonstrationen war ein Gesetz gegen „ausländische Agenten“, das Gegner als „russisches Gesetz“ rügten. Georgien ist wie Moldau EU-Beitrittskandidat. Der eigentlich ausgerufene Kurs gen Nato war zuletzt aber ins Schlingern geraten, wie etwa die Deutsche Welle berichtete. Auch, weil es kaum Signale für eine Aufnahme gibt. Ein Grund dafür scheint äußerst ambivalent: In Südossetien und Abchasien stehen russische Truppen. (fn)