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„Wollen Zeit stehlen“

Trotz Mehrheit bei Polen-Wahl: Tusk muss warten – PiS soll Regierung bilden

Polens Präsident Duda erteilt den Auftrag zur Regierungsbildung der nationalkonservativen PiS. Dabei ist Tusks Dreier-Bündnis stärkste Kraft.

Warschau – Gut drei Wochen nach dem Sieg eines Dreier-Oppositionsbündnisses bei der Parlamentswahl in Polen hat Präsident Andrzej Duda mit einer umstrittenen Entscheidung den Machtwechsel weiter hinausgezögert. Das Land steht nach der Wahl am Scheideweg.

Das Staatsoberhaupt erteilte am Montag (6. November) dem bisherigen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki von der nationalkonservativen PiS den Auftrag zur Regierungsbildung. Er habe sich nach der guten parlamentarischen Tradition gerichtet, wonach ein Vertreter der stärksten Fraktion den Regierungsbildungsauftrag bekomme, sagte Duda in Warschau.

Polen nach der Wahl: Es droht Instabilität

Dieser Schritt des Präsidenten, der selbst aus dem Lager der PiS stammt, könnte Polen weitere Wochen der politischen Instabilität bringen. Zuvor hatte Duda bereits den Termin für die konstituierende Sitzung des neuen Parlaments auf den 13. November gelegt - fast einen Monat nach der Wahl.

Bei der Parlamentswahl am 15. Oktober hatte die liberalkonservative Bürgerkoalition (KO) von Donald Tusk gemeinsam mit zwei weiteren Oppositionsparteien, dem konservativen Dritten Weg und dem Linksbündnis Lewica, eine deutliche Mehrheit der Sitze errungen. Die drei Parteien basteln bereits an einem Koalitionsvertrag.

PiS verfehlte absolute Mehrheit

Die bisherige Regierungspartei PiS dagegen wurde zwar stärkste politische Kraft, verfehlte aber die absolute Mehrheit und hat auch keinen Koalitionspartner. Damit ist Morawieckis Versuch einer Regierungsbildung höchstwahrscheinlich zum Scheitern verurteilt.

In Polen ist es politische Gepflogenheit, aber kein Muss, dass das Staatsoberhaupt den Auftrag zur Regierungsbildung an einen Vertreter derjenigen Partei vergibt, die die stärkste politische Kraft geworden ist. Bekommt dessen Vorschlag für ein Kabinett im Parlament keine Mehrheit, sind die übrigen Fraktionen am Zug.

Der polnische Präsident Andrzej Duda erteilt den Auftrag zur Regierungsbildung der nationalkonservativen PiS.

Tusk sauer: PiS will Polen „Zeit stehlen“

Donald Tusk kritisierte die Entscheidung als unverständlichen Fehler. Das bisherige Regierungslager wolle sich damit noch „ein paar Tage, zwei oder drei Wochen Zeit stehlen“, zitierte das Nachrichtenportal TVN24.pl den Oppositionsführer. Am Ende werde das aber nur eine erniedrigende „Demütigung“ für die Wahlverlierer werden und man werde sehen, wie „unpatriotisch und bürgerfeindlich das ist.“ Jeder Tag der Verzögerung des Regierungswechsels sei ein „verlorener Tag für alle Polinnen und Polen“, beklagte Tusk.

Auch die EU geht offenbar davon aus, dass Tusk der neue Regierungschef sein wird. So hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den polnischen Oppositionschef am 25. Oktober in Brüssel bereits empfangen. Der polnische Oppositionsführer hate sich zuversichtlich gezeigt, erste Zahlungen der eingefrorenen EU-Gelder in Milliardenhöhe schon bis Dezember für sein Land zu erhalten. (erpe/dpa)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Wojciech Olkusnik

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