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So viele reisten zuletzt wirklich aus

Das ist Faesers Abschiebepaket: Mehr Befugnisse für Polizei, längere Haftzeiten

Einwanderung und Abschiebung bleiben angesichts zweier Kriege ein großes Thema. Die Ampel-Regierung stellt ihre neuen Pläne vor.

Berlin – Der Bundeskanzler will hart durchgreifen: Olaf Scholz (SPD) will fortan Geflüchtete ohne Bleiberecht „im großen Stil“ abschieben. Am Mittwoch (25. Oktober 2023) verabschiedete das Kabinett ein Gesetz von Innenministerin Nancy Faeser (SPD), das auf mehr und schnellere Rückführungen abgelehnter Asylbewerber zielt. Was ändert sich für Geflüchtete und wieso waren Abschiebungen bisher so schwierig? Wir haben Fragen und Antworten zu Faesers Abschiebepaket zusammengefasst.

Wie viele Menschen waren zuletzt verpflichtet, auszureisen?

Formal gab es Ende des ersten Halbjahrs laut Bundesregierung 279.098 Ausreisepflichtige. Doch die große Mehrheit, 224.768 von ihnen, hatten aber eine Duldung zum Verbleib in Deutschland. In vier von fünf Fällen war die Abschiebung vorerst ausgesetzt. Als Gründe hierfür qualifizieren die Sicherheitslage im Herkunftsland, Kinder mit Aufenthaltserlaubnis, eine begonnene Berufsausbildung, Krankheit oder das Fehlen von Pass- und Reisedokumenten.

Wie viele Abschiebungen gab es zuletzt?

Laut Ampel-Regierung wurden im ersten Halbjahr wurden 7861 Menschen aus Deutschland abgeschoben, was 27 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum entspricht. Der Trend ist dabei auch was die Jahresbilanzen angeht ansteigend. 2022 gab es insgesamt 12.945 Abschiebungen – acht Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Nancy Faesers „Abschiebepaket“ wurde von Scholz‘ Kabinett gebilligt.

In welches Land werden die meisten Menschen aus Deutschland abgeschoben?

Die meisten Menschen wurden zuletzt nach Österreich abgeschoben, gefolgt von Georgien und Nordmazedonien. Bei den Abschiebungen nach Österreich dürfte es um Menschen gehen, die wegen eines vorherigen Aufenthalts dort ihr Asylverfahren durchlaufen müssen. Die meisten Abgeschobenen waren im ersten Halbjahr Staatsangehörige Georgiens, gefolgt von Nordmazedonien und Afghanistan. Der Großteil der Abschiebungen findet mit dem Flugzeug statt.

Warum scheitern viele Abschiebungen?

Im Jahr 2022 sind laut Bundesregierung 23.377 geplante Abschiebungen abgebrochen worden. Folglich wären zwei Drittel der vorgesehenen Rückführungen gescheitert. In gut 15.000 Fällen gibt die Bundesregierung als Grund für das Scheitern „Stornierung des Ersuchens“ an – dies passiert häufig, wenn Abschiebeflüge kurzfristig gestrichen werden. Auch wurde in knapp 7000 Fällen „nicht erfolgte Zuführung“ als Grund angegeben. Das bedeutet, dass Abschiebekandidaten nicht auffindbar waren. Aktiver oder passiver Widerstand (32 Fälle bzw. 224 Fälle) sind weitere Gründe. Auch medizinische Gründe (90) oder Beförderungsverweigerung durch die Reederei oder Airline (206) treten auf.

Welche zusätzlichen Befugnisse erhält die Polizei durch Faesers Gesetz?

Die Polizei erhält mehr Befugnisse bei Durchsuchungen. Das gilt einerseits für die Suche nach Dokumenten zur Identität des Betroffenen, um etwa seinen Heimatstaat festzustellen. Andererseits sollen Beamte in Gemeinschaftsunterkünften künftig auch andere Räume als das Zimmer des Abschiebepflichtigen durchsuchen dürfen. Auch die Abholung von Betroffenen zur Nachtzeit soll fortan möglich sein, wenn dies aus organisatorischen Gründen erforderlich ist und nicht durch die deutsche Behörde beeinflusst werden kann - etwa wenn ein durch einen anderen Staat organisierter Abschiebeflug am frühen Morgen startet.

Welche Haftmöglichkeiten werden erweitert?

Künftig können Abschiebekandidaten länger in Ausreisegewahrsam gehalten werden: 28 statt zehn Tage. Dies gibt Behörden mehr Zeit, eine Abschiebung vorzubereiten und soll das „Untertauchen des Abzuschiebenden“ verhindern. Darüber hinaus wird ein eigenständiger Haftgrund bei Verstößen gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote geschaffen. Dies betrifft Ausländer, die zunächst erlaubt nach Deutschland eingereist sind und später ausreisepflichtig geworden sind. Zudem wird die Möglichkeit der sogenannten Mitwirkungshaft auf Fälle ausgeweitet, bei denen ein Ausländer Angaben zur Klärung seiner Staatsangehörigkeit unterlässt.

Wie soll die Abschiebung von Schleusern beschleunigt werden?

Gegen Schleuser soll künftig härter vorgegangen werden. Im Aufenthaltsgesetz sollen Regelungen geschaffen werden, die deren Ausweisung erleichtern. Dabei soll künftig ein „besonders schweres Ausweisungsinteresse“ vorliegen, wenn es zu einer Verurteilung wegen Schleusung von mindestens einem Jahr kam. Ein „schweres Ausweisungsinteresse“ soll auch bei weniger bestraften Delikten vorliegen, etwa Hilfeleistungen zur Schleusung.

Wie soll die Abschiebung von Clanmitgliedern erleichtert werden?

In Paragraf 54 des Aufenthaltsgesetzes wird ein neuer Ausweisungstatbestand für organisierte Kriminalität geschaffen. Er soll für ausländische Angehörige von Banden oder kriminellen Clans auch „unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung“ gelten. Generell soll die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern erleichtert werden.

Wird das Paket Abschiebungen wirklich beschleunigen?

Faesers Paket gibt Polizei und Behörden mehr Befugnisse bei der Durchsetzung von Abschiebungen. Doch zur Abschiebung gehören weiterhin auch aufnahmebereite Herkunftsländer, wie auch die Bundesregierung weiß. Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann räumte am Montag ein, dass Verhandlungen über Rückführungs- und Migrationsabkommen „keine einfachen Vorgänge“ seien. Die Bundesregierung arbeite aber intensiv daran, doch die Aushandlung brauche Zeit.

Wie sind die Reaktionen auf die Pläne?

Die Parteien reagierten unterschiedlich auf den Gesetzesentwurf. Die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat sieht „unverhältnismäßige Eingriffe in die Grundrechte auf Freiheit, auf Unverletzlichkeit der Wohnung und auf Privatsphäre der Betroffenen“. Sie kündigte an, ihre Fraktion wolle „die verfassungs- und europarechtlichen Bedenken thematisieren“. Der AfD hingegen geht das Vorhaben nicht weit genug: Die Bundesregierung „locke“ Migranten weiterhin „zur Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme“ erklärte Parteichefin Alice Weidel. (cgsc mit dpa und afp)

Rubriklistenbild: © Kay Nietfeld / dpa

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