Die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman hat Scholz‘ TikTok-Auftritt gescholten. Politikwissenschaftler und TikTok-Experte Marcus Bösch hält dagegen. Er findet Kritik an dem Kanal „wenig einleuchtend und noch weniger zielführend“.

Olaf Scholz will auf TikTok vor allem junge Menschen ansprechen

3,6 Millionen Views hat das einminütige Video über die schwarze Lederaktentasche des Kanzlers, die überall dabei ist (Stand 18. April). Unter @TeamBundeskanzler wolle man über die Arbeit des Kanzlers informieren und einen Blick hinter die Kulissen des Regierungsalltags gewähren, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am 8. April mit. Die Bundesregierung will so vor allem junge Menschen ansprechen. 

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„Die falsche Strategie“, kritisierte Ataman am Sonntag (14. April) in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Solange TikTok sich nicht an die Regeln halte, junge Menschen nicht vor Diskriminierung schütze und Desinformation nicht zurücknehme oder bekämpfe, sei das keine Plattform für den Staat.

Das von einem chinesischen Unternehmen betriebene TikTok hat mehr als 20 Millionen deutsche Nutzer. Diese verbringen dort täglich 60 bis 90 Minuten, „das macht TikTok zu einem der relevanten digitalen Ausspielwege“, erklärt Bösch BuzzFeed News Deutschland, einem Portal von IPPEN.MEDIA. Hier keine politische Kommunikation zu betreiben, halte er für falsch. „Die Regierung kann auf der Plattform präsent sein und sie gleichzeitig kritisieren. Das ist kein Widerspruch.“

Olaf Scholz kann auf TikTok Politikerverdrossenheit entgegenwirken

Videos auf TikTok seien nicht nur lustig – das verkenne den ernsthaften und durchaus politischen Charakter zahlloser Videos, auch von staatlichen Akteuren in Krisensituationen, so der Experte. „Die Kommentare unter den Videos des Kanzlers zeigen, dass hier Vertrauen und Nähe im Kleinen geschaffen wird. Ein erster, sicher ausbaufähiger Schritt, um einer grassierenden Politikerverdrossenheit entgegenzuwirken“, sagt Bösch.

„Dönerpreisbremse SOFORT“, „Hatten Sie mal lange Haare?“ – Kommentare, die Scholz in Videos aufgreift und beantwortet. TikTok eigne sich wenig für klassisch passive Sender-Empfängerkommunikation, erklärt Bösch. Vielmehr sei TikTok ein Ort für Austausch. Das habe das Team erkannt.

„TikTok richtig genutzt, eignet sich als eine Art heißer Draht, um am Puls der Zeit zu sein und zu bleiben, um für die eigenen Ideen zu werben und diese zu diskutieren“, meint Bösch. Das setze aber die Bereitschaft voraus, hier authentisch und emotional zu kommunizieren. 

Sicherheitsvorkehrungen für den Betrieb des TikTok-Kanals der Bundesregierung

Aus Regierungskreisen hieß es, man habe die berechtigte Kritik an TikTok gründlich abgewogen. Im Kampf gegen Desinformation sei es aber wichtig, verlässliche Informationen zu geben. Deshalb habe man sich entschieden, auch auf TikTok präsent zu sein. 

Aber entsteht so nicht der Eindruck, die Bundesregierung nehme die Kritik an der Plattform nicht ernst? „Da mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Denn das eine tun, heißt nicht das andere lassen“, so Bösch. Für den Betrieb des Kanals @TeamBundeskanzler gibt es besondere Sicherheitsvorkehrungen wie separate Geräte ohne Zugriff auf behördeninterne Daten. „Es besteht sicher nicht die Gefahr, dass das Team Staatsgeheimnisse oder spionagetaugliches Material ausgerechnet über TikTok teilt“, sagt Bösch.