Vorfälle in ganz Deutschland
Kanzler Scholz meldet sich nach Antisemitismus-Vorfällen zu Wort
Am Wochenende kommt es in deutschen Städten zu Pro-Palästina-Demos. Kanzler Scholz appelliert angesichts antisemitischer Vorfälle an das Volk.
Mannheim/Berlin – Der Hass auf den Straßen deutscher Städte gegenüber Jüdinnen und Juden hatte am vergangenen Wochenende erneut Hochkonjunktur. Unter dem Deckmantel der als pro-palästinensisch angemeldeten Demonstrationen ergötzten sich Demonstrierende am eigenen Antisemitismus. Während es darüber hinaus zur Relativierung der Shoah kam, wurden Personen, die Kritik an der Hamas äußerten, von den Kundgebungen ausgeschlossen und das Leiden rund um den Krieg in Israel zur eigenen Agenda missbraucht.
Grassierender Antisemitismus: Olaf Scholz‘ Appell an die Bevölkerung
Robert Habeck legte mit einem vielfach als „Kanzlerrede“ geadelten Video vor. Nach seinem Vize äußerte sich nun auch Bundeskanzler Olaf Scholz zu den sich häufenden antisemitischen Vorfällen in Deutschland – wenn auch im deutlich kleineren Format. Im Interview mit dem Mannheimer Morgen (Montagsausgabe) übte Scholz den Schulterschluss mit den Betroffenen und richtete einen deutlichen Appell an die deutsche Bevölkerung.
„Wer Juden in Deutschland angreift, greift uns alle an“, stellte sich Scholz an die Seite der Jüdinnen und Juden. Dabei setzt der Bundeskanzler großes Vertrauen in die Institutionen des Staates: „Die Strafverfolgungsbehörden haben die nötigen Instrumente und müssen sie konsequent nutzen. Mein Eindruck ist: Polizeibehörden und Gerichte wissen, was zu tun ist.“ Im Kampf gegen den Antisemitismus wendet sich Scholz aber auch an die Bevölkerung. Alle sollten sich „für den Schutz von Jüdinnen und Juden in Deutschland einsetzen.“
Mehrere Vorfälle auf Palästina-Demonstration in Berlin
Angesichts erneuter Vorfälle im Rahmen verschiedener Kundgebungen scheinen die Worte des Kanzlers dringend nötig. In Berlin, wo die Polizei am Samstag 9.000 Teilnehmende zählte, wurde unter anderem ein Starbucks-Laden Ziel des Hasses. Auf einem auf der Plattform X hochgeladenen Video ist zu sehen, wie eine Gruppe die Filiale in Berlin-Mitte belagert, dort gegen die Scheiben spuckt und „shame on you“, vermutlich gegen Kunden gerichtet, skandiert. Der Hintergrund ist wohl, dass Starbucks-Gründer Howard Schultz Jude ist und sich seit den rechtsradikalen Aufmärschen in Charlottesville 2017 auch als solcher offen zu Wort meldet.
Dass Kritik sowie eine gewisse Mehrdimensionalität auf der Kundgebung in Berlin nicht gewollt war, zeigt ein weiterer Vorfall. Eine Person wollte mit einem kleinen Plakat an der Kundgebung teilnehmen, wurde jedoch von Ordnern abgewiesen. „Protect Gaza Civilians! Free Gaza from Hamas!“ stand auf dem Schild des verhinderten Demo-Teilnehmers. Deutlich ist in einem auf X verbreiteten Video zu sehen, dass die Person mehrfach als „Zionist“ bezeichnet wurde.
Bilder zeigen, wie der Krieg in Israel das Land verändert




Shoah-Relativierung und Kalifat-Forderungen in Nordrhein-Westfalen
Nicht nur in der Hauptstadt brach sich der Hass bahn, sondern auch auf Kundgebungen in Nordrhein-Westfalen. Schon am Freitagabend sorgte eine Demonstration in Essen für Schlagzeilen. Teilnehmende hielten neben palästinensischen Fahnen auch Banner, die denen des Islamischen Staats und der Taliban ähnelten, so die Polizei. Daneben wurde von Teilnehmenden die Errichtung eines islamistischen Kalifats, sowohl durch Rufe als auch auf Schildern, gefordert. Ermittlungstechnische Schritte sind bereits eingeleitet.
Gerade einmal 35 Kilometer entfernt wurde einen Tag später in Düsseldorf eine weitere Demo abgehalten. Zu Beginn der Kundgebung setzten sich Personen an die Spitze des Zugs, die mit Plakaten die israelischen Angriffe auf Gaza und die West-Bank mit der Vernichtung der Juden in Nazi-Deutschland gleichsetzten. Abgebildet war eine mit der Jahreszahl „2023“ versehene Bombe sowie ein Duschkopf mit „1933“, der wohl als Zeichen für die Gaskammern in den Konzentrationslagern herhalten musste. Dazu die Frage „Wo ist der Unterschied?“. (sch)
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