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Rekordverluste
Nach Fiasko in Brandenburg: Bundestagswahl 2025 lässt Grüne zittern
Nach den jüngsten Landtagswahlen im Osten stecken die Grünen in einer Krise. Insbesondere bei der jungen Wählerschaft verliert die Partei massiv an die AfD.
Potsdam – Für die Grünen ist das Ergebnis bei der Brandenburg-Wahl ein echter Tiefschlag. 6,7 Prozent musste die Partei abgeben und wurde damit sogar unter die fünf-Prozent-Hürde katapultiert. Auch ein Direkt-Mandat, die letzte Hoffnung der Partei am Wahlsonntag, verloren die Grünen an die SPD. Damit ist ein „weiter so“ unter der bislang regierenden Kenia-Koalition mit SPD und CDU endgültig beerdigt. Schlimmer noch aus Sicht der Partei: Es scheint, dass eine Regierungsbildung ohne das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) nicht mehr möglich ist. Und deren Parteichefin hat sich, wie so viele Parteien, auf die Grünen eingeschossen.
Das Ergebnis in Brandenburg reiht sich ein in eine Serie von Verlusten. In Thüringen verpassten die Grünen den Einstieg in den Landtag mit gerade einmal 3,2 Prozent in der Wählergunst. Das ist ein Verlust von zwei Prozentpunkten im Vergleich zu 2019. In Sachsen reichte es zumindest haarscharf für den Sprung ins Parlament. Mit 5,1 Prozent musste die Partei aber auch hier Verluste von 3,5 Prozent hinnehmen. Die Grünen befinden sich in einer beispiellosen Krise – und konservative bis rechte Strömungen scheinen diese gnadenlos auszunutzen.
Migration, Klima, Jugend – die Grünen verlieren bei der Brandenburg-Wahl ihren Markenkern
Den Wahlkampf in den ostdeutschen Bundesländern hat vor allem das Thema Migration geprägt. Größter Anheizer und Profiteur der Asyl-Debatte ist klar die in Teilen rechtsextreme AfD. „Die Zuspitzung auf das Migrationsthema hat der AfD nicht geschadet, das können wir klar beobachten“, sagte Werner Krause, Politikwissenschaftler an der Uni Potsdam, im Gespräch mit Ippen.Media. In Brandenburg könnte die SPD auch wegen der Haltung ihres Spitzenkandidaten Dietmar Woidke zur Asyldebatte gepunktet haben. Im Interview mit der taz sagte der: „Die Lage in Europa hat sich verändert. Auch Länder wie Schweden oder Dänemark, die früher für Liberalität bekannt waren, handeln anders. Deutschland ist gut beraten, auch härter zu agieren.“
Da können die Grünen mit einer traditionell liberalen Migrationspolitik nicht mithalten. Mehr noch: Die Kernthemen der Grünen, wie Umweltschutz oder der drohende Klimawandel, scheinen im Wahlkampf kaum noch eine Rolle zu spielen. Das Desinteresse an diesen Themen zeigt sich vor allem an den Wahlergebnissen der Jugendlichen. Vor einigen Jahren sorgten klimapolitische Bewegungen unter jungen Wählergruppen für einen regelrechten Hype der Öko-Partei.
2019 lagen die Grünen bei der Landtagswahl in Brandenburg bei den 16- bis 24-Jährigen mit 27 Prozent deutlich auf dem ersten Platz. Am Sonntag kam es jedoch zu einem waschechten Erdrutsch und die Partei sank bei den 16- bis 24-Jährigen auf gerade einmal sechs Prozentpunkte ab – ein Rückgang um 21 Prozent. Einen neuen Rekord gab es aber: Die AfD landete in dieser Altersgruppe mit 31 Prozent auf Platz eins und toppte damit sogar das Grünen-Ergebnis aus 2019. „Die Landtagswahl 2019 war eine historisch gute Wahl für die Grünen“, so Kraus gegenüber Ippen.Media. „Das politische Klima war ein anderes, etwa mit Blick auf die Klimadiskussion. Jetzt sind die Grünen wieder auf vorherigen Niveau angekommen.“
Mehr Schaden „als die AfD“ – die Grünen müssen im Wahlkampf hart einstecken
Die Grünen sehen im Wahlkampf nicht nur ihre Kernkompetenzen wegschwimmen, sie gelten auch als allgemeiner Punchingball für Konservative und die politischen Ränder. Das liege vor allem an der Energiepolitik der Umweltpartei, wie Sahra Wagenknecht im Interview mit dem Spiegel sagte. „Das, was die Grünen an Klima- und Umweltpolitik verkörpern, das empfinden sie (die Wähler Anm. d. Red.) als undurchdacht, verlogen und nicht in sich konsistent“, so die Parteichefin. Weil die Grünen mit der Ampel-Koalition in der Regierung sind, würden sie sogar mehr Schaden anrichten „als die AfD“.
Auch aus der Union tönt immer wieder eine klare, wenn auch wechselhafte, Absage an die Grünen. Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, fand im Sommerinterview der ARD deutliche Worte für eine mögliche Koalition mit Robert Habeck, Annalena Baerbock und Co. „Schwarz-Grün geht mit mir nicht, nein. Da kann sich auch jeder drauf verlassen“, so der CSU-Chef. Das wolle er notfalls auch gegen den Willen der Schwesterpartei CSU durchdrücken, denn „ohne uns geht nix“.
Dabei fand Söder schon ganz andere Worte für eine mögliche Schwarz-Grüne-Koalition. Nach dem Ende der GroKo aus SPD und CDU, sprach Söder vor nicht einmal vier Jahren im Spiegel-Interview von einem „großen Reiz“ einer Zusammenarbeit mit den Grünen. „Weil beide politischen Kräfte die ganz großen Fragen unserer Zeit im Blick haben“, so Söder.
Merz nannte Grüne den „Hauptgegner“ – möglicher Stimmungswechsel in der Union?
Auch CDU-Chef Friedrich Merz konnte nicht die Finger vom Grünen-Bashing lassen und erklärte die Partei 2023 sogar zum „Hauptgegner“ in der Bundesregierung. Das sagte Merz jedoch nicht irgendwo, sondern ausgerechnet in Kiel, in Schleswig-Holstein, wo die CDU mit Ministerpräsident Daniel Günther in einer erfolgreichen Koalition mit den Grünen regiert. Günther vertritt folglich eine differenzierte Meinung als die beiden Unionschefs Söder und Merz. Gegenüber der Funke-Mediengruppe sagte er im August: „Wir können den Menschen nicht erzählen, dass Schwarz-Grün generell nicht funktioniert, wenn CDU und Grüne in mehreren Ländern, unter anderem dem bevölkerungsreichsten, sehr erfolgreich zusammen regieren. Das wäre völlig unglaubwürdig.“
Kabinett Scholz: Nach dem Ampel-Aus kommt Rot-Grün ohne Mehrheit
Im Gegensatz zu 2023 zeigt sich Merz nach Ernennung zum Kanzlerkandidaten der Union zwar weiter nicht überzeugt von einer Koalition mit den Grünen, die klare Kante aus Kiel scheint aber zu bröckeln. „Aus heutiger Sicht würde ich sagen, es geht nicht“, sagte er in der ARD. „Wenn es sich in den nächsten zwölf Monaten anders entwickelt, können wir schauen“, so Merz weiter.
Kein „Totalabsturz“ für die Grünen bei der Bundestagswahl
„Es zeigte, sich, ganz nüchtern betrachtet, dass der Rückhalt für post-materielle Ideen weitaus kleiner ist als vermutet und die Gesellschaft offenbar nicht bereit war, den erklärten ‚Zukunftsleitmilieus‘ zu folgen“, erklärte der Sozialforscher Andreas Herteux gegenüber dem Focus. Die Partei könnte es sich mit ihrer zukunftsgerichteten Politik bei den Wählern verscherzt haben. „Teuerungen, Migration, Bürgergeld, Gerechtigkeit oder Sicherheit haben nun, und hier sind wir in der Gegenwart angekommen, eine größere Bedeutung“, so Herteux.
Dass die Partei bei der nächsten Bundestagswahl vollständig scheitert, sei jedoch nicht zu erwarten. Dafür verfüge sie über eine zu breite Stammwählerschaft. „Die Kernklientel dürfte immer mindestens 8 Prozent auf Bundesebene garantieren, vielleicht sogar etwas mehr“, schätzt Herteux ein. Der erhoffte Sprung zur Volkspartei sei aber 2025 nicht zu erwarten. (nhi)