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Instagram, TikTok und Co.
Migration als Schlüssel zum Erfolg – Linke im Aufwind zur Bundestagswahl
Die Linke gewinnt in den Umfragen an Boden. Die Gründe dafür und warum Social Media weniger Einfluss hat, erläutert Marcus Maurer, Professor an der Universität Mainz.
Berlin – Die Linke hat ein turbulentes Jahr hinter sich. Nachdem mehrere Bundestagsmitglieder der Partei sich dem neuen Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) angeschlossen hatten, verlor sie sogar ihren Status als Fraktion und fristet seither ein Dasein als Gruppe im Bundestag. In den Umfragen zur Bundestagswahl lag die Linke lange Zeit unter der Fünf-Prozent-Hürde, womit sie den Einzug in den Bundestag bei den anstehenden Neuwahlen am 23. Februar verpasst hätte.
Dagegen legte das BSW seit seiner Gründung einen raketenhaften Start hin. Noch im Herbst 2024 erreichte das Bündnis im ZDF-Politbarometer ganze acht Prozent in den Umfragen. Doch das Blatt hat sich seither drastisch gewendet. Denn in aktuellen Umfragen liegt die Linke deutlich über der Fünf-Prozent-Hürde, wogegen das BSW den Einzug in den Bundestag laut aktueller Erhebungen verpassen würde. Das hat laut Marcus Maurer, Professor fürKommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt politische Kommunikation an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, vor allem einen Grund. Im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau erklärt er: Die Linkspartei hat ein „Alleinstellungsmerkmal“.
Migration im Wahlkampf zur Bundestagswahl – Experte für politische Kommunikation sieht Linke im Vorteil
„Die SPD und auch Teile der Grünen haben sich so ein bisschen genötigt gefühlt, in diesen Wettbewerb ‚wer schafft die meisten Abschiebungen‘ einzutreten“, erklärte Maurer im Gespräch mit unserer Redaktion. Er sagte weiter, dass die Linkspartei infolgedessen ein „Alleinstellungsmerkmal“ in der Migrationspolitik aufweisen könne. Die Linke sei „die einzige Partei, die bedingungslos für Migration ist. Und das hilft ihnen natürlich gerade.“
Mit Blick in die Parteiprogramme zur Bundestagswahl bestätigt sich dieses Bild. Die Unionsparteien aus CDU und CSU wollen einen „faktischen Aufnahmestopp“ erwirken. Neben einer Ausweitung der Abschiebungen will die Union um Kanzlerkandidaten Friedrich Merz zudem die Sozialleistungen für Asylsuchende drastisch kürzen. Auch die in Teilen rechtsextreme AfD kündigt in ihrem Programm eine „umfassende Rückführungsoffensive“ an und nahm sogar das umstrittene Wort „Remigration“ ganz offiziell mit auf.
Bundestagswahl 2025: Von „Tünkram“ bis zum „Tor zur Hölle“ – denkwürdige Zitate aus dem Wahlkampf
Zwar treten Grüne, SPD und FDP nicht für einen generellen Stopp bei der Migration ein. Die Parteien eint jedoch, dass sie sich für schnellerer Abwicklungen von Rückführungen einsetzen. „Ausreisepflichtige, die schwere Straftaten begangen haben, müssen nach Verbüßung ihrer Straftaten prioritär zurückgeführt werden“, heißt es beispielsweise im Programm der Grünen unter deren Kanzlerkandidat Robert Habeck. Alleine die Linke lehnt Abschiebungen, auch von Straftätern, grundsätzlich ab.
Wahlkampf vor der Bundestagswahl – Werden soziale Medien überschätzt?
Im Vorfeld der Bundestagswahl ist auch immer die Rede vom Wahlkampf in den sozialen Medien die Rede. Im Interview mit t-online sprach Parteichefin Reichinnek davon, dass ihre Partei Plattformen wie TikTok und Instagram „schlicht verschlafen“ habe. „Drei Viertel der Menschen informieren sich über Kurzvideos. Da muss man präsent sein“, hebt die Linken-Chefin die Bedeutung der sozialen Medien im Wahlkampf hervor. Gerade junge Menschen informieren sich laut der Studie #UseTheNews des Leibniz-Instituts für Medienforschung über soziale Medien.
Doch spielt die Online-Präsenz tatsächlich eine so entscheidende Rolle für den Wahlkampf zur Bundestagswahl? Marcus Maurer geht zumindest nicht davon aus. Zunächst würde der „Anteil junger Menschen, die diese Botschaften tatsächlich zu sehen kriegen“ überschätzen. „Nur weil viele Menschen in den sozialen Medien unterwegs sind, heißt das nicht, dass sie dort auch mit politischen Informationen konfrontiert werden“, erklärt der Professor für politische Kommunikation.
Die Linken finden nach einer Durststrecke zurück über die Fünf-Prozent-Hürde. Marcus Maurer, Professor für politische Kommunikation, erklärt, wie das Comeback gelang.
Zudem glaube er, dass junge Menschen in dieser Frage eine zu große Naivität unterstellt werde. Man dürfe nicht davon ausgehen, dass sich jugendliche Wählerinnen und Wähler rein von der Existenz politischer Akteure in den sozialen Medien in ihrer Wahlentscheidung beeinflussen lassen würden. „Wir tun ja letztlich so, als ob junge Menschen so unfassbar naiv wären, dass sie demjenigen hinterherlaufen, der sie mit den meisten Informationen zuschüttet“, bemerkt Maurer. „Bei der Europawahl war es die AfD, die bei jungen Leuten so populär war und das soll an sozialen Medien gelegen haben. Und jetzt, ein Jahr später ist es dann die Linkspartei und das soll wieder an sozialen Medien gelegen haben. So einfach ist es nicht.“
Soziale Medien im Wahlkampf – Warum Linke und AfD lieber auf TikTok und Co. unterwegs sind
Dass die Linke vor allem auf sozialen Medien wie TikTok aktiv ist, sei auch „aus der Not heraus geboren“, erklärt Maurer weiter. Parteien der politischen Ränder seien vor allem deshalb online aktiv, „weil sie in den klassischen Nachrichtenmedien, anders als die anderen Parteien, nicht sehr präsent sind – und wenn, dann hauptsächlich negativ“.
Ein Beispiel für den Online-Auftritt der Linken ist die „Mission Silberlocke“, bei der die Partei-Urgesteine Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch auf TikTok oder Instagram auftreten. Dort erklären die Politiker die Ziele ihrer Partei oder geben sich etwaigen Social-Media-Trends hin. So kann man auch mal einen Bodo Ramelow dabei beobachten, wie er mit einem Einkaufswagen durch einen Supermarkt fährt, um zu zeigen, wie viel man bei einem Wegfall der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel sparen könnte.
Auch dieses Vorgehen passt laut Maurer zur kommunikativen Logik der Online-Plattformen. „Die müssen nicht die Mitte ansprechen, die müssen sich nicht immer total gut benehmen – die können auch mal ein bisschen lustig sein“, erklärt Maurer. Aber auch die Emotionalisierung von Inhalten passe ins Bild. „Wut, Angst, all das kommt in sozialen Medien gut an.“ Klassische Parteien aus der Mitte könnten sich dieser Taktik eher weniger bedienen, „und wollen das vielleicht auch gar nicht“.
Die Linken in den Umfragen zur Bundestagswahl – Wirklich ein so großer Erfolg?
Dass der Erfolg überhaupt nicht mit dem der Präsenz auf den sozialen Medien zu tun hat, glaubt Maurer aber auch nicht. Doch es sei eben ein „kleiner Baustein“ und nicht das ausschlaggebende Kriterium. Neben der Möglichkeit, dass sich manche von dem „jungen Anstrich“ der Partei angesprochen fühlen, sei es auch denkbar, dass eben viele junge Menschen der Meinung sind, dass es keine Einschränkungen in der Migration geben solle. „Das ist, glaube ich, viel wichtiger als soziale Medien“, so Maurer.
Woran es letztendlich liegt, wird den Mitgliedern der Linken am Ende egal sein. Vielmehr wird man sich über Umfrageergebnisse von bis zu neun Prozent freuen, wie eine Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov zuletzt ergab. Allerding müsse man auch hier differenzieren, mahnt Maurer an, der auch das Ergebnis der YouGov-Umfrage infrage stellt. Faktisch stehe die Partei immer noch bei sechs bis sieben Prozent „und das ist nicht mehr, als sie vor einem Jahr hatten“. (nhi)