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„Offensichtlich imitiertMerz da Trump, er nähert sich damit Rechtspopulisten frei nach dem Motto von Franz Josef Strauß ‚rechts von der CDU/CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben‘“, sagt der politische Psychologe Prof. Thomas Kliche.
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird das deutsche Gegenüber von US-Präsident Donald Trump ab Februar Friedrich Merz heißen. Beide sind typische „alte weiße Männer“, Trump ist Immobilien-Mogul und Merz hat mit seiner Blackrock-Vergangenheit ebenfalls jahrelange Erfahrungen in der Wirtschaft. Und Trumps Politikstil verfängt nun offenbar auch in Deutschland. Sprechen Merz und Trump also eine Sprache?
„Funktionär“ gegen „intrigantes Raubritter“: Soviel Trump steckt in Kanzlerkandidat Merz
Kliche sieht trotz der vermeintlichen Gemeinsamkeiten gravierende Unterschiede.„Merz ist ein Funktionär, Trump ein rabiater Raubritter. Merz hat seine Erfahrungen in der Welt des Investments gesammelt: Er hat Fremd-Vermögen verwaltet, in Teams eingebunden, in kooperativen Entscheidungen, die auf Einschätzung von Fachleuten beruhten und diskutiert wurden – zudem ohne Öffentlichkeit, nicht medienwirksam, er als Person stand im Hintergrund“, so Kliche.
Trump sei einen ganz anderen Weg gegangen. „Seine Entscheidungen hat er über eigenes Kapital getroffen, rasch und kompromisslos, er konnte Normen austesten oder brechen und hat damit Erfolg gehabt. Brutale Alleingänge sind Teil seines Habitus geworden.“ Dabei habe er immer auf eine heroische Selbstinszenierung Wert gelegt und war sehr Medien-affin. „Das macht Merz zu einem kühlen Teamplayer, Trump zu einem histrionisch (egozentrisch, dramatisch-theatralisch, manipulativ – Anm. d. Redaktion) auftretenden Tribun“, sagt der Psychologe.
Auch die Wirtschaftsfelder der beiden unterschieden sich diametral. „Immobilien sind greifbar und wenig komplex. Es geht um An- und Verkauf, Bau und Umbau. Das ist überschaubar, das kann man mit Deals steuern, mit Schlüsselverträgen. Daher kommt Trumps Duktus, alles als ‚best deal ever‘ verkaufen zu wollen“, sagt Kliche. Merz Erfahrungen im Investmentbereich seien komplexer und liefen nicht punktuell, sondern kontinuierlich und in Verflechtungen ab.
Merz hat in Deutschland weniger Handlungsspielraum als Trump in den USA
Dennoch beeinflussen die Erfahrungen aus der Wirtschaft beide Männer in ihrem Handeln als Politiker, ist Kliche überzeugt. „Trump entscheidet vieles im Alleingang. Er will so viel Macht wie möglich auf sich vereinen und ist bereit, dafür die Gewaltenteilung in den USA abzubauen und die Demokratie zu schwächen. In Deutschland liegen die Dinge anders. Das Wahlergebnis wird Merz nicht so viel Macht geben. Er ist stärker Forderungen seiner Partei, seiner Koalition und der europäischen Verträge verpflichtet.“
Und gerade für ein komplexes System wie eine Demokratie sei es von Vorteil, wenn man kompromiss- und bündnisfähig ist. „Da ist Merz deutlich besser aufgestellt als Trump, der wie der Elefant im Porzellanladen vorprescht“, sagt der ehemalige Vorsitzende der Sektion „Politische Psychologie“ im Berufsverband Deutscher Psychologen und Mitherausgeber der Zeitschrift für Politische Psychologie.
Mit den Herausforderungen im Umgang mit Donald Trump und seinem erratischen Politikstil haben Staats- und Regierungschefs bereits in seiner ersten Amtszeit Erfahrungen gemacht. US-Psychologen haben Donald Trump zahlreiche psychische Erkrankungen diagnostiziert: eine antisoziale Persönlichkeitsstörung, bösartigen Narzissmus. Damit verstoßen sie gegen die Goldwater-Regel, die Psychologen untersagt, Ferndiagnosen zu stellen. Das kritisiert auch der Politikpsychologe Thomas Kliche als unseriös. Aber: „Trump zeigt eine narzisstische Persönlichkeitsakzentuierung. Anzeichen sind die Brutalität, mit der er auftritt, ein selbstbezogener Standpunkt, die Verbiegung der Wirklichkeit, die Selbstgefälligkeit, mit der er andere verletzt, die Missachtung moralischer und rechtlicher Normen und sein Kreisen um öffentliche Aufmerksamkeit und die Unterwürfigkeit und positive Bewertung durch andere.“
Politikpsychologe: Trumps Verhalten könnte auch „machiavellistisch inszeniert“ sein
Dennoch warnt Kliche vor Diagnosen. „Trumps Vorgehen ist auch mit politischer Zweckmäßigkeit erklärbar. Er hat damit Erfolg. Deswegen kann ein Großteil auch berechnend, machiavellistisch inszeniert sein. Und er tritt dieses Mal mit einer ausgearbeiteten Veränderungsstrategie und Profi-Teams im Hintergrund an, er hat sein Handeln massiv professionalisiert.“
Donald Trumps Kabinett: Liste voller skandalöser Überraschungen
Außerdem verberge sich in Trumps Persönlichkeit auch der Schlüssel zum möglichen Verhandlungserfolg: „Trump denkt in zwei Währungen: Durchsetzung und Erfolg einerseits, Eitelkeit und Schmeichelei andererseits. Da kann man ihn packen“, so Kliche. In Verhandlungen müsse sein Gegenüber auf starke Standpunkte vorbereitet sein und seinerseits keine Wehr- und Hilflosigkeit zeigen. „Trump nimmt nur einen Gegner ernst, der ihm entschieden entgegentritt, die Macht einsetzen kann und trotzdem bereit ist, ihm persönlich zu nützen, also an Trumps Erfolgsinszenierung mitzuwirken oder wenigstens nicht zu stören.“ Darauf sollte der neue Bundeskanzler vorbereitet sein.