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„Nie gekannte Situation“

Sorgen vor Frankreich-Wahl: Wird das Land unregierbar?

Aktuelle Umfragen vor der Stichwahl in Frankreich schätzen das Ergebnis für Marine Le Pen deutlich schwächer ein als zunächst angenommen. Das liegt auch an einer ungewöhnlichen Allianz.

Paris – Mit dem Beginn der zweiten Wahlrunde in den französischen Überseegebieten steuert Frankreichs Politik-Landschaft auf neue Klarheit über die neuen politischen Verhältnisse des Landes zu. Doch auch wenn laut letzten Umfragen zur Frankreich-Wahl der vorausgesehene Erdrutschsieg von Marine Le Pens Rassemblement National inzwischen ein bisschen weniger wahrscheinlich ist, steuert Frankreich auf schwierige Zeiten zu. Manche warnen sogar davor, dass das Land unregierbar werden könnte.

Der Hintergrund: In den meisten der insgesamt 577 Wahlkreise lag die extrem rechte Partei bei der Frankreich-Wahl zwar deutlich vor dem Bündnis von Regierungschef Macron sowie dem Linksbündnis Nouveau Front Populaire. Für die Stichwahl qualifizierten sich jedoch Kandidatinnen und Kandidaten aller drei Lager. In vielen Fällen hat sich die Person mit den schlechteren Wahlaussichten gegen die Rechtspopulisten aus der Stichwahl zurückgezogen. So haben jetzt die Wählerinnen und Wähler nun vielerorts die Wahl zwischen „rechts“ und „nicht rechts“ – auch wenn sie vielleicht im ersten Wahlgang eine andere Partei unterstützt haben.

Vor der Stichwahl in Frankreich haben etliche Kandidatinnen und Kandidaten ihre Bewerbung auf den Parlamentssitz zurückgezogen, um die Siegchancen der Rechten zu verringern. (Symbolfoto)

Wahl in Frankreich: Rechtspopulisten um Le Pen kritisieren Rückzug von Kandidaten

Während Vertreter des Rassemblement National, wie der Parteivorsitzende Jordan Bardella, den anderen Parteien deshalb ein falsches Spiel vorwerfen, stellt die Entwicklung die politische Landschaft Frankreichs aber auch vor heftigste Probleme. So gibt es auch zwischen den Parteien, die nun gezwungenermaßen zusammenarbeiten, um eine Rechtsregierung zu verhindern, politische Differenzen, die eine Koalition bei der Regierungsarbeit praktisch unmöglich machen würden. Je nach Wahlergebnis steht Frankreichs Politik damit eine weitere Schwächung bevor.

Marine Le Pen hat Frankreich-Wahl 2027 im Blick – trotz Ausschluss

Frankreich: Rassemblement National von Marine Le Pen.
In Frankreich ist der Rassemblement National unter Marine Le Pen (im Bild) in den vergangenen Jahren zu einer führenden Kraft aufgestiegen. So feierte der RN bei der Europawahl 2024 einen klaren Erfolg.  © François Lo Presti/afp
Europawahl - Frankreich
Das starke Ergebnis der rechtsnationalen Partei veranlasste den amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron anschließend dazu, das Parlament aufzulösen.  © Ludovic Marin/dpa
Jean-Marie Le Pen
Die Geschichte des Rassemblement National begann Anfang der Siebziger. Am 5. Oktober 1972 gründeten Jean-Marie Le Pen (hier eine Aufnahme von 2022) und Pierre Bousquet die rechtsextreme Splittergruppe Front National.  © Joel Saget/afp
1. Mai in Paris
Der 1928 geborene Le Pen (hier ein Bild von 2017) tat sich früh als Demagoge hervor, der mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt wurde und den Holocaust als ein „Detail der Geschichte“ abtat. Bousquet (1919 bis 1991) war ein ehemaliger Kollaborateur, der als Rottenführer in der Waffen-SS gedient hatte. Fremdenfeindliche Parolen waren über viele Jahre Markenzeichen der Partei. © Thibault Camus/dpa
Jean-Marie Le Pen
In den 1980er Jahren wurde der FN bei zwei Parlamentswahlen hintereinander mit mindestens einem Abgeordneten in die Nationalversammlung gewählt. Der Durchbruch gelang im Jahr 2002, als Jean-Marie Le Pen als Zweitplatzierter aus der ersten Runde der Präsidentschaftswahl hervorging.  © Joel Saget/afp
Le Pen
Es kam zur Stichwahl, die der amtierende Präsident Jacques Chirac deutlich gewann. Fünf Jahre später verlor Le Pen viele Stimmen und schied im ersten Wahlgang aus.  © Joel Saget/AFP
Marine Le Pen
Einen großen Einschnitt gab es im Januar 2011. Der FN ging nach einem Führungswechsel andere Wege. Die neue Parteivorsitzende trug allerdings einen bekannten Namen: Marine Le Pen. Die studierte Juristin kam 1968 nahe Paris als jüngste Tochter Jean-Marie Le Pens zur Welt.  © Bernard Patrick/Imago
Marine Le Pen/dpa
Mit acht Jahren wurde sie von einer Bombenexplosion aus dem Schlaf gerissen – es handelte sich um einen Anschlag auf ihren Vater. Die Mutter dreier Kinder arbeitete als Anwältin und führte zunächst die Rechtsabteilung der Front National. Ihre zwei Ehen gingen auseinander. © Pascal Pavani
Jean-Marie Le Pen
Marine Le Pen bemüht sich seither, der einst radikal rechten Partei einen moderateren Anstrich zu verpassen. Das ging mit einer Entmachtung ihres Vaters einher.  © Kenzo Tribouillard/afp
Le Pen
Im April und Mai 2015 eskalierten die schon länger bestehenden Spannungen zwischen der Parteivorsitzenden und ihrem Vater. Am 20. August 2015 wurde Jean-Marie Le Pen wegen „schwerer Verfehlungen“ aus der Partei ausgeschlossen.  © Kenzo Tribouillard/AFP
Le Pen Bannon
Anderseits suchte Le Pen im Jahr 2018 die Nähe des früheren Trump-Beraters Steve Bannon. Damals firmierte die rechtsextreme Partei noch unter dem Namen Front National. Später verpasste Le Pen ihr aber einen neuen Namen: Seither ist die Partei als Rasseblement National bekannt. © Philippe Huguen/AFP
Marine Le Pen
Seither ist es Marine Le Pen gelungen, aus der Schmuddelecke zu kommen und sich als staatstragende Politikerin zu inszenieren. Ihre Strategie ist als „Dédiabolisation“ (Entteufelung) bekannt.  © Francois Nascimbeni/AFP
Marine Le Pen
Le Pen verbannte das alte rassistische Vokabular und gibt mittlerweile eher bedachte Worte von sich. Le Pens Kurs hat , in den vergangenen Jahren bis in die bürgerliche Mitte hinein wählbar gemacht.  © Thomas Samson/afp
Marine Le Pen
Die dreimalige Präsidentschaftskandidatin drängte zwar offenen Rassismus zurück, vertritt aber weiter radikale Positionen gegen Einwanderung. Ihre Vorstellungen für Frankreich bleiben auch heute noch deutlich rechts und nationalistisch.  © Ali Al-Daher/AFP
Olga Givernet
Zudem zeigen Studienergebnisse, dass im RN der Antisemitismus noch immer weit verbreitet ist. Die Renaissance-Parlamentarierin Olga Givernet (im Bild) reagierte entsprechend: „Der RN hat ein sauberes Schaufenster, aber die Küche dahinter ist immer noch schmutzig wie eh.“ © Niviere David/Imago
Marine Le Pen mit André Ventura und Tino Chrupalla
In ihrem Bemühen um Salonfähigkeit hat sich Marine Le Pen auch von der deutschen AfD abgegrenzt. Die gilt selbst für RN-Leute als zu extremistisch. Im November 2023 war das noch anders: Beim Treffen rechter Gruppen in Lissabon stand sie noch in einer Reihe neben dem portugiesischen Chega-Politiker André Ventura (Mitte) und AfD-Co-Chef Tino Chrupalla. © Paulo Spranger/Imago
Le Pen zu Besuch bei Putin
Zum Ukraine-Krieg vertreten RN und AfD hingegen nach wie vor sehr ähnliche Positionen. So lehnt Marine Le Pen jegliche Wirtschaftssanktionen gegen das Russland von Präsident Wladmir Putin ab. © Mikhail Klimentyev/dpa
Gabriel Attal
Waffenlieferungen für die Ukraine bedeuten für Le Pen das „Risiko eines dritten Weltkriegs“. Premierminister Gabriel Attal (im Bild) konterte in einer Ukraine-Debatte im Februar 2024: „Wenn Sie 2022 gewählt worden wären, würden wir heute Waffen nach Russland liefern, um die Ukrainer zu zermalmen.“  © Ludovic Marin/afp
Marine Le Pen und Wladimir Putin
Tatsächlich stand in Le Pens Präsidentschaftsprogramm von 2022 der folgende Satz: „Ohne Furcht vor amerikanischen Sanktionen wird eine Allianz mit Russland in gewissen Themen angestrebt.“ Trotzdem wollte sich der RN im Wahlkampf ein wenig von Putin absetzen. Die Partei ließ damals 1,2 Millionen Wahlkampfplakate vernichten, die ein Bild von Marine Le Pen beim Händeschütteln mit Putin zeigten. © Emmanuel Dunand/afp
Marine Le Pen
Zu Russland hat sie dennoch ein wesentlich besseres Verhältnis als zu Deutschland. Die deutsch-französische Partnerschaft will sie rasch beenden. Zwischen Berlin und Paris bestehe eine „tiefe und unheilbare Differenz der Doktrinen“, heißt es in Le Pens Programm. Das Nato-Kommando würde sie nach einem Wahlsieg 2027 verlassen. An dessen Stelle wünscht sich Le Pen für Europa ein russisch-französisches Kommando. © Lou Benoist/afp
Emmanuel Macron
Ohnehin richtet sich der Blick in Frankreich schon längst auf die Präsidentschaftswahl 2027. Nach zwei Amtszeiten kann Emmanuel Macron, der Le Pen zweimal in der Stichwahl besiegte, nicht mehr antreten.  © Sebastien Dupuy/AFP
Marine Le Pen
Wer eine Chance gegen Le Pen hätte, ist unklar. Doch im März 2025 kam dann die vorläufige Wende: Wegen der Veruntreuung von EU-Geld schloss ein Gericht Le Pen verurteilt. Der umstrittenste Teil der Strafe ist, dass sie fünf Jahre lang nicht bei Wahlen antreten darf.  © Guillaume Souvant/afp
Protestkundgebung des Rassemblement National
Diese Strafe war sofort in Kraft getreten – anders als eine teils auf Bewährung ausgesetzte Haftstrafe und obwohl Le Pen gegen das Urteil Berufung einlegte. Das Berufungsgericht hat eine Entscheidung im Sommer 2026 ins Auge gefasst.  © Julien De Rosa/dpa
Marine Le Pen
Le Pen wandte sich dann an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Doch das Straßburger Gericht wies ihren Antrag, den gegen sie verhängten vorläufigen Ausschluss von Wahlen auszusetzen, einstimmig ab, da Le Pen keinerlei nicht wiedergutzumachende Beeinträchtigung drohe, die durch die Menschenrechtskonvention geschützt sei. © Lionel Bonaventure/AFP
Le Pen sieht Bardella als möglichen Präsidentschaftskandidat
Inzwischen hat Le Pen ihren politischen Ziehsohn Jordan Bardella aufgefordert, sich auf eine Kandidatur vorzubereiten – für den Fall, dass sie selbst nicht antreten kann. Noch ist aber offen, wen der RN bei der Präsidentschaftswahl 2027 ins Rennen schicken wird. Die Frage, wer in den ehrwürdigen Élysée-Palast einziehen wird, bleibt damit völlig offen.  © Michel Euler/dpa

Das weiß auch Grünen-Generalsekretärin Marine Tondelier, die in einem vom ZDF zitierten Fernsehinterview von einer „bisher nie gekannten Situation“ sprach und betonte, dass ein Risiko bestünde, dass das Land „unregierbar“ werde. Dennoch rief sie die Parteien dazu auf, eine gemeinsame Basis zu finden, um die Machtübernahme von rechts zu verhindern: „Alle müssen bereit sein, zu tun, was sie noch nie getan haben in diesem Land.“

Zweiter Wahlgang in Frankreich: Rassemblement National deutlich schwächer als angenommen

Am Tag, an dem die Stimmabgabe in den französischen Überseegebieten bereits begonnen hat, zeigt eine aktuelle Umfrage des Instituts Ipsos, wie sehr die Grünen-Politikerin mit ihrer Einschätzung richtig liegen könnte. So käme die Rassemblement National statt der bislang prognostizierten 250 oder mehr Sitze nur noch auf 175 bis 205 Abgeordnete und damit nicht mal mehr in die Nähe einer absoluten Mehrheit von 289 Sitzen. Auf Platz zwei läge der Umfrage zufolge das Linksbündnis mit 145 bis 175 Sitzen, dahinter das Präsidentenlager mit 118 bis 148. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur.

Eine Regierungsbildung im stark gespaltenen Frankreich würde das prognostizierte Ergebnis deutlich erschweren, vor allem weil die Linkspartei und das Präsidentenbündnis noch vor der Wahl eine Zusammenarbeit klar und deutlich ausgeschlossen hatten. Beim Aufweichen dieses Vorhabens sind die Kandidatenabsprachen gegen den Rassemblement National ein erster Schritt. In einer Analyse stufte das Meinungsforschungsinstitut die Aussicht auf ein Regierungsbündnis dennoch als gering ein. (saka mit dpa)

Rubriklistenbild: © Emmanuel Dunand/AFP

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