Meloni: „Völlig inakzeptabel“
Gewalt im Kosovo: Neue Proteste nach Attacke auf KFOR-Soldaten - Putins Medien und Djokovic springen auf
Im Kosovo flammt der Konflikt auf: Nato-Soldaten der KFOR-Truppe werden attackiert - Serbien versetzt seine Armee in Bereitschaft. Die Proteste bleiben.
Update vom 30. Mai, 13.20 Uhr: Einen Tag nach den schweren Zusammenstößen zwischen militanten Serben und der Schutztruppe KFOR mit rund 80 Verletzten auf beiden Seiten haben sich am Dienstag (30. Mai) erneut Serben im Norden des Kosovos zu Protesten versammelt. Demonstranten fanden sich vor den Gemeindeämtern in Zvecan, Leposavic und Zubin Potok ein, die von der Nato-geführten KFOR gesichert werden, berichtete das kosovarische Nachrichtenportal koha.net. Zu den Zusammenstößen war es am Montagnachmittag in Zvecan gekommen, als die KFOR-Truppe eine gewalttätig gewordene Menge unter Einsatz von Tränengas auflöste.
Eskalation im Kosovo: Nato-Soldaten mit Brandsätzen attackiert - Putins Medien springen auf
Erstmeldung vom 29. Mai, 22.31 Uhr: Pristina/München - Wieder bereiten Ausschreitungen im Kosovo internationale Sorge - und liefern Russland Munition für Vorwürfe gegen die Nato: Bei gewaltsamen Protesten ethnischer Serben im Kosovo in der Ortschaft Zvecan sind nach Nato-Angaben rund zwei Dutzend Soldaten der Kfor-Friedenstruppe verletzt worden. Die zum Schutz von Rathäusern eingesetzten Soldaten seien am Montag (29. Mai) aus Menschenmengen heraus mit explodierenden Brandsätzen angegriffen worden, teilte die Kosovo Force (KFOR) der Nato mit.
Ein Serbe wurde durch Schüsse verletzt, teilte das Krankenhaus in der nahen Stadt Mitrovica mit. Weitere 52 Serben seien dort mit Verletzungen eingeliefert worden, so das Krankenhaus.
Nato-Soldaten im Kosovo verletzt - Putins Staatsmedien erheben Vorwürfe
Rund 25 Soldaten aus Italien und Ungarn hätten Knochenbrüche und Verbrennungen erlitten. Andere Quellen nennen höhere Zahlen. Der italienische Außenminister Antonio Tajani sprach von elf verletzten Italienern, das Budapester Portal hvg.hu von 20 verletzten ungarischen Soldaten. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni nannte die Vorfälle „inakzeptabel und unverantwortlich“. Die aus ethnischen Albanern bestehende Polizei ging Augenzeugen zufolge mit Tränengas gegen die Proteste vor. Das serbische Staatsfernsehen berichtete, auch zwei Serben seien verletzt worden.
Diese Meldung griff auch die russische Staatsagentur Tass auf. Hier hieß es jedoch, KFOR-Soldaten der Nato hätten „Serben im Kosovo attackiert“. Serbien und Russland verbindet eine lange gewachsene Partnerschaft - zudem erhebt der Kreml immer wieder Vorwürfe gegen die Nato. Die Nato verurteilte die Angriffe auf die KFOR-Truppen scharf. „Solche Angriffe sind völlig inakzeptabel. Die Gewalt muss sofort aufhören. Wir rufen alle Seiten auf, von Handlungen Abstand zu nehmen, die die Spannungen weiter anheizen, und in einen Dialog einzutreten“, hieß es von einer Sprecherin der Militärallianz.
Kosovo: Serbien versetzt Armee in höchste Gefechtsbereitschaft - Eklat um Djokovic in Paris
Serbien versetzte unterdessen seine Streitkräfte in höchste Gefechtsbereitschaft, wie Verteidigungsminister Milos Vucevic mitteilte. Bereits am Freitag hatte der serbische Präsident Aleksandar Vucic Gefechtsbereitschaft angeordnet, allerdings zunächst auf einer niedrigeren Stufe.
Ins politische Geschehen mischte sich einmal mehr auch der serbische Tennis-Star Novak Djokovic ein. „Kosovo ist das Herz Serbiens! Stoppt die Gewalt“, schrieb er nach seinem Auftakt-Match beim vielbeachteten Grand-Slam-Turnier Roland Garros in Paris auf eine Kamera. Die schriftliche Äußerung wurde unter anderem auf Großleinwänden im Stadion übertragen. Die keineswegs rein pazifistische Äußerung sorgte für einigen Aufruhr: In sozialen Medien forderten Nutzer unter anderem eine Sperre für Djokovic.
"Kosovo is the heart of Serbia - stop the violence", Novak Djokovic wrote on camera after winning the first round of Roland Garros pic.twitter.com/zoAuBxDtjv
— Spriter (@Spriter99880) May 29, 2023
Kosovo-Kommunalwahlen sorgen für aufgeheizte Stimmung - Eskalation bei Mitrovica
Hintergrund des in den zuletzt wieder aufgeflammten Konflikts zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit im Kosovo sind die Kommunalwahlen vom 23. April. Die Serben, die im nördlichen Landesteil die Mehrheit der Bevölkerung stellen, hatten die Wahlen boykottiert. In der Folge gewannen auch in mehrheitlich serbisch bewohnten Gemeinden albanische Bürgermeisterkandidaten.
Zu deren Amtsantritten am Montag versammelten sich ethnische Serben zu Protesten. Zur Eskalation kam es, als sich die serbische Menge in Zvecan weigerte, die dort noch stehenden Fahrzeuge der kosovarischen Polizei wegfahren zu lassen. Der KFOR-Trupp löste daraufhin die Versammlung auf.
Aus Protest gegen die Politik der albanischen Bevölkerungsgruppe hatten sich ethnische Serben bereits im vergangenen Jahr aus der Polizei und anderen öffentlichen Ämtern zurückgezogen. Der Kosovo hatte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Diese wird jedoch weder Serbien noch von der serbischen Bevölkerungsgruppe im Kosovo anerkannt. Die von der Nato entsandte Kfor soll seit 1999 auf Basis eines UN-Mandats für Sicherheit in dem Land sorgen. (rtr/fn)