Serbien spricht von „Terror“
Verletzte nach Demonstrationen im Nordkosovo – Serbien versetzt Armee in Alarmbereitschaft
Westliche Länder fordern Serbien zur Zurückhaltung auf: Nach Unruhen im Norden Kosovos wurde Serbiens Armee in Alarmbereitschaft versetzt.
Belgrad – In drei Gemeinden im Norden Kosovos kam es am Freitag (26. Mai) zu Demonstrationen, woraufhin der serbische Präsident Aleksandar Vucic die Armee seines Landes in Bereitschaft versetzte, zudem sollten Truppen näher an die Grenze zum Kosovo verlegt werden. Grund für die Unruhen waren vorangegangene Bürgermeisterwahlen: Ethnische Serben hatten die Wahl zunächst boykottiert und dann versucht, die Bürgermeister am Amtsantritt zu hindern. Die Wahlbeteiligung in der mehrheitlich von ethnischen Serben bewohnten Region hatte bei 3,5 Prozent gelegen.
Wie die tagesschau berichtet, seien Bürgermeister der Gemeinden Zvecan, Leposavic und Zubin Potok daran gehindert worden, in die Gebäude der Stadtverwaltungen zu gelangen. Beim Gemeindeamt im Dorf Zvecan trieb die kosovarische Polizei demnach serbische Demonstranten auseinander. Dabei sollen die Beamten Tränengas und Blendgranaten eingesetzt haben. Von gewalttätigen Protestteilnehmern sollen mehrere Autos in Brand gesteckt worden sein, darunter war auch ein Polizeiauto. Die kosovarische Polizei berichtete von fünf verletzten Beamten, örtliche serbische Gesundheitsbehörden von zehn leichtverletzten Personen. In vier nördlichen Gemeinden des Kosovo leben etwa 50.000 Serbien, darunter auch in Zvecan.
Kosovo-Unruhen: Serbiens Verteidigungsminister spricht von „Terror“
Der Verteidigungsminister Serbiens, Milos Vucevic, sprach am Freitag im Fernsehen im Zusammenhang mit der Alarmbereitschaft des Militärs von einer dringenden Maßnahme. „Es ist klar, dass Terror gegen die serbische Gemeinschaft im Kosovo verübt wird“, sagte er.
Wie der Spiegel berichtet, hätten die von der Regierung in Serbien gelenkten Wortführer der Kosovo-Serben zum Boykott der Wahl aufgerufen. Die Führung in der Hauptstadt Pristina mache für die Unruhen am Freitag Belgrad verantwortlich. Auf Twitter schrieb Blerim Vela: „Die illegalen und kriminellen Strukturen Serbiens im Nord-Kosovo erhielten die Order, die Lage vor Ort zu eskalieren.“ Vela ist der Stabschef der kosovarischen Präsidentin Vjosa Osmani.
Unruhen im Norden Kosovos: Das ist der Hintergrund
Immer wieder gibt es Spannungen mit der serbischen Minderheit im Norden Kosovos. Der Kosovo erklärte sich 2008 für unabhängig von Serbien. Allerdings erkannte die Regierung in Belgrad die Unabhängigkeit nicht an. Auch die im Kosovo lebenden Serben sehen sich als Teil des Nachbarlandes. Der anhaltende Streit zwischen der früheren jugoslawischen Teilrepublik Serbien und dessen ehemaliger Provinz Kosovo ist ein Hindernis auf dem Weg beider Staaten in die Europäische Union. Der EU-Außenbeauftragte befürchtete schon Anfang Mai eine Eskalation im Nord-Kosovo.
USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien rufen Serbien und Kosovo zur Zurückhaltung auf
US-Außenminister Antony Blinken verurteilte am Freitag den Versuch der Behörden im Kosovo, gewaltsam einen Zugang zu den Amtsgebäuden zu schaffen. Dieses Vorgehen sei gegen die Ratschläge der USA und Europas erfolgt, habe die Spannungen „drastisch und unnötig“ verschärft und werde „Auswirkungen auf unsere bilateralen Beziehungen zum Kosovo haben“.
In einer gemeinsamen Stellungnahme forderten Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und die USA eine Zurückhaltung von allen Parteien und eine Deeskalation der Lage, wie das Auswärtige Amt mitteilte. (Reuters/ kat)
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