„Echte Lebensgefahr“
Drama um Gaza-Krankenhaus: Wird es zum Schlachtfeld? Rettungsmission für Babys geplant
Aufgrund der Kämpfe zwischen Israel und der Hamas befinden sich die Menschen im Schifa-Krankenhaus in Gaza in Lebensgefahr. Die Klinik ist Ziel von Angriffen.
Gaza – Die Lage in Gaza-Stadt rund um das Al-Schifa-Krankenhaus wird immer dramatischer. Patienten und Patientinnen sowie das medizinische Personal müssen stundenlang ohne Strom und Wasser auskommen. In der Nacht auf Samstag (11. November) sollen laut den Angaben der Hamas 13 Menschen getötet worden sein. Die israelische Armee kündigte an, Säuglinge aus dem Krankenhaus zu evakuieren. Derweil teilte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit, dass sie den Kontakt zu Mitarbeitenden der Schifa-Klinik, verloren haben. Das Krankenhaus hat sich zum Schauplatz des Israel-Krieges entwickelt.
Israel-Krieg: Gaza-Krankenhaus in „katastrophale Lage“ – Babys in „echter Lebensgefahr“
Aufgrund der schweren Gefechte zwischen der israelischen Armee und der islamistischen Hamas ist im Schifa-Krankenhaus im Norden des Gazastreifens Chaos ausgebrochen. Das Krankenhaus ist mit 700 Betten das größte und wichtigste Krankenhaus im Gazastreifen. Die Versorgung der Patienten wird immer schwerer. Ein Chirurg, der für Ärzte ohne Grenzen in der Schifa-Klinik arbeitet, berichtete am Samstag über den Tod zweier Frühchen aufgrund von Stromausfällen. Weitere 37 Frühchen befänden sich in „echter Lebensgefahr“, wie die israelische Ärzteorganisation Physicians for Human Rights Israel berichtet. Die Lage sei „katastrophal“, erklärte Ärzte ohne Grenzen.
Die israelische Armee kündigte ihre Hilfe bei der Evakuierung der Säuglinge an. Das Personal der Klinik habe das Militär gebeten, „dass wir morgen [Sonntag] dabei helfen, die Babys auf der pädiatrischen Station in ein sichereres Krankenhaus zu bringen“, sagte Armeesprecher Daniel Hagari am Samstagabend. „Wir werden die notwendige Unterstützung leisten.“
Schifa-Krankenhaus „vollkommen umzingelt“ – Anhaltende Schüsse und Luftangriffe
Auch ein erwachsener Patient sei wegen des Ausfalls seines Beatmungsgeräts gestorben. Es gäbe kein Wasser, kein Strom und keine Lebensmittel für die Patienten und Patientinnen. Zahlreiche Zivilisten und Zivilistinnen suchen in dem Gebäude Zuflucht, um sich vor den Kämpfen zu schützen. Das Krankenhaus sei „vollkommen umzingelt“, es gebe Bombardements in der Nähe, erklärte der Direktor des Krankenhauses, Mohammed Abu Salmija. Er sprach von „israelischen Angriffen“. Das medizinische Team könne nicht arbeiten. Dutzende Leichen könnten nicht fortgeschafft und beerdigt werden.
Zeugen in dem Krankenhaus berichteten der Nachrichtenagentur AFP am Telefon von ununterbrochenen Schüssen, Luftangriffen und Artilleriefeuern in der Nähe des Krankenhauskomplexes. Über eine nahe dem Krankenhaus installierte Live-Kamera von AFP waren den ganzen Tag über Schüsse und Explosionen zu hören. Auch andere Kliniken sind nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten betroffen. Ganze 20 der 36 Krankenhäuser im Gazastreifen seien „nicht mehr funktionsfähig“.
WHO verliert Kontakt zu Mitarbeitenden im Schifa-Krankenhaus
Die WHO hat nach eigenen Angaben den Kontakt zu den Mitarbeitenden des Krankenhauses verloren. „Da immer wieder erschreckende Berichte über wiederholte Angriffe auf das Krankenhaus auftauchen, gehen wir davon aus, dass sich unsere Kontakte den Zehntausenden Vertriebenen angeschlossen haben und aus der Gegend fliehen“, teilte das Regionalbüro der WHO am Sonntagmorgen (12. November) mit. Sie riefen erneut zu einem „sofortigen Waffenstillstand“ auf. „Berichten zufolge ist die Zahl der stationären Patienten fast doppelt so hoch wie die Kapazität des Krankenhauses, selbst wenn die Leistungen auf lebensrettende Notfallversorgung beschränkt werden“, hieß es von der WHO weiter.
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Für die Situation der Klink machen sich die Hamas und Israel gegenseitig verantwortlich. Die Hamas beschuldigt die israelische Armee, das Krankenhaus zu beschießen. Die israelische Armee wiederum dementierte Angriffe auf das Krankenhaus. „In den vergangenen Stunden wurden Falschinformationen verbreitet, wir würden das Schifa-Krankenhaus umzingeln und angreifen. Dies sind falsche Berichte“, sagte Armeesprecher Daniel Hagari am Samstagabend. „Die Hamas lügt über das, was in den Krankenhäusern passiert.“
Hamas-Kontrollzentrale im Schifa-Krankenhaus? – Schutzstatus nach Genfer Konvention bröckelt
Laut den Erkenntnissen israelischer Geheimdienste missbraucht die herrschende Hamas das Schifa-Krankenhaus als Kommando- und Kontrollzentrum. Der Armeesprecher betonte, es gebe weiterhin „eine festgelegte Passage, um das Krankenhaus zu betreten oder zu verlassen“. Israel wirft der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas immer wieder vor, Krankenhäuser als Verstecke und Kommandozentralen zu nutzen und Zivilisten sowie Zivilistinnen als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen, was die Hamas bestreitet. Die Angaben beider Seiten lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.
Der Beschuss von Kliniken, in denen Patient und Patientinnen versorgt werden, ist laut der Genfer Konvention Art. 18 verboten. Krankenhäuser müssen geschützt werden. Auf diesen Schutzstatus wies auch Außenministerin Annalena Baerbock bei ihrem dritten Besuch im Nahen Osten am Samstag hin. „Zugleich machen die Genfer Konfessionen auch deutlich, dass wenn diese zivilen Orte ganz bewusst zum Abschuss militärischer Aktivitäten [...] genutzt werden oder Kommandozentralen sich darin befinden, diese Orte ihren besonderen Schutzstatus verlieren können“, sagte die Außenministerin nach Gesprächen mit der israelischen und palästinensischen Seite.
Am Sonntag kündigten die israelischen Streitkräfte auf X an, Evakuierungen aus dem Schifa-Krankenhaus und aus zwei weiteren Kliniken im Norden zu ermöglichen. Dazu teilten sie einen Evakuierungsweg, der es den Menschen ermöglichen soll, nach Süden zu gelangen, um dort Schutz zu suchen. (vk mit afp)
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