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Keine Sondersitzung geplant
Heizungsgesetz gestoppt: Karlsruhe-Klatsche sorgt für neues Ampel-Chaos – wie geht es weiter?
Sondersitzung ja oder nein? Der Stopp des Heizungsgesetzes hat die Ampel kalt erwischt. Plötzlich steht das Vorhaben wieder auf der Kippe.
Update vom 6. Juli, 13.26 Uhr: Die Entscheidung ist gefallen: Eine Sondersitzung zur Rettung des Heizungsgesetzes soll es nicht geben. Darauf verständigten sich die Fraktionsspitzen nach einer Beratung, wie mehrere Medien übereinstimmend berichteten. Stattdessen soll das Gesetz in einer regulären Sitzungswoche des Bundestages Anfang September verabschiedet werden. Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht in einem Eilverfahren die für Freitag geplante Verabschiedung des Heizungsgesetzes gestoppt. Durch den neuen Termin wird das Thema die Parteien nun auch in die Landtagswahlkämpfe von Bayern und Hessen im Herbst 2023 begleiten.
Heizungsgesetz gestoppt: Ampel berät nach Karlsruhe-Klatsche über Sondersitzung
Erstmeldung vom 6. Juli, 11.41 Uhr: Berlin – Krisensitzung statt Party: Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Eilverfahren das lange umstrittene Heizungsgesetz am Mittwochabend vorerst gestoppt. Als die Karlsruher Richter ihren Urteilsspruch verkünden, ist die SPD zusammen mit den anderen Fraktionen beim sommerlichen Hoffest im Kanzleramt versammelt. Sofort zieht sich Kanzler Olaf Scholz mit Fraktionschef Rolf Mützenich und Parteichef Lars Klingbeil zu Beratungen zurück. Es herrscht Alarmstimmung. Denn es droht ein neuer Ampel-Zoff um das Vorhaben von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
Nach dem Karlsruher Urteil ist das Vorgehen beim Heizungsgesetz völlig unklar. Kann es wie geplant noch ab 2024 in Kraft treten? Am Donnerstag (6. Juli) wollen die Ampel-Fraktionen das weitere Vorgehen beraten. „Wir wollen Planungssicherheit für Bürgerinnen und Bürger, für die Industrie und die Wirtschaft“, sagte die Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann im Deutschlandfunk. Zur Debatte steht eine Sondersitzung im Bundestag während der parlamentarischen Sommerpause. Doch das ist umstritten – selbst in der eigenen Koalition.
Heizungsgesetz gestoppt: Nach Urteil streitet Bundestag über Sondersitzung
Eigentlich sollte der Bundestag am Freitag über das von Wirtschaftsminister Robert Habeck vorgelegte Heizungsgesetz in zweiter und dritter Lesung final entscheiden. Doch das Vorhaben wurde vom Bundesverfassungsgericht in letzter Minute gestoppt, nachdem der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann ein Eilverfahren eingereicht hatte. Er begründete dies damit, dass die Abgeordneten zu wenig Zeit für die Durchsicht des Gesetzesvorhabens gehabt hätten. Dem Bundestag war die endgültige Fassung erst am vergangenen Freitag vorgelegt worden. Die Frist sei zu kurz, urteilten dann auch die Richter.
Streiten nach dem Karlsruher Urteil weiter über das Heizungsgesetz: Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
Wochenlang hatten die Ampel-Partner über das Heizungsgesetz, das für Verbraucher viele Änderungen bringt, gestritten. Vor allem die FDP hatte Bedenken, während die Grünen das Vorhaben noch unbedingt vor der parlamentarischen Sommerpause vom Tisch haben wollten. Nach zähen Verhandlungen einigte man sich schließlich auf die Verabschiedung am Freitag. Doch nun gerät der Zeitplan ins Wanken.
Sondersitzung zum Heizungsgesetz in Ampel umstritten: SPD dafür, FDP dagegen
In der SPD zeigte man sich offen für eine Sondersitzung während der Sommerpause. „Ausdrücklich weist das Gericht auf diese Möglichkeit hin“, stellte Fraktionsvize Matthias Miersch in der Rheinischen Post klar. Tatsächlich hatten die Karlsruher Richter in ihrem Urteil dieses Vorgehen eingeräumt. Dadurch bliebe die das Inkrafttreten des Gesetzes zum geplanten Zeitpunkt am 1. Januar 2024 „ohne Weiteres möglich“, hieß es in einer Mitteilung des Bundesverfassungsgerichtes.
Nur ein kleiner Aufschub und eine Sonderschicht während der Ferien? Ganz so einfach scheint die Sache nicht zu werden. Zwar betonte SPD-Fraktionschef Mützenich, dass durch das Urteil nicht der Inhalt zur Debatte stehe, sondern nur der Zeitplan. Doch bei der FDP ging man bereits wieder auf Abstand. Der Bundestag solle das Urteil respektieren und jetzt nicht „wieder hektisch Sondersitzungen einberaumen“, mahnte der energiepolitische Sprecher der FDP, Michael Kruse.
Bei der Union schlug man ähnliche Töne an. Nach dem vorläufigen Stopp des Heizungsgesetzes sprach sich der CDU-Politiker Thorsten Frei für einen neuen Anlauf aus. Er riet im Deutschlandfunk dazu, das Gesetz zurückzuziehen. „Die Koalition sollte jetzt nicht so weitermachen wie bisher – nämlich weiter mit dem Kopf durch die Wand.“
Karlsruher Urteil zum Heizungsgesetz: Union will Eilverfahren für Wahlkampf ausschlachten
Doch wäre eine Verschiebung wirklich so schlimm? Die Antwort lautet: ja und nein. Denn hinter dem Streit über das Vorgehen steckt auch eine Wahlkampfstrategie. Nach der Sommerpause stehen im Herbst 2023 zwei wichtige Landtagswahlen in Hessen und in Bayern an. Bei SPD und Grünen will man das Thema aus der heißen Wahlkampfphase heraushalten. Denn der Streit der vergangenen Wochen hat Spuren hinterlassen. Er hat dafür gesorgt, dass das Vorhaben, das Hausbesitzer nach und nach zum Einbau einer Wärmepumpe verpflichten soll, in weiten Teilen der Bevölkerung unpopulär geworden ist. Das zeigen auch die aktuellen Umfragen.
Was sagt das neue Heizungsgesetz?
Lange war das Heizungsgesetz umstritten. Die Grünen wollen damit eine wichtige Weichenstellung voranbringen. Geplant ist, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden soll. Nach dem Stand der Technik passiert dies vor allem durch den Betrieb mit einer Wärmepumpe. Bestehende Heizungen können weiterlaufen und repariert werden.
Für die Union ist das ein gefundenes Treffen. Allen voran Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und seinen Koalitionspartner, die Freien Wähler um Hubert Aiwanger, machen seit Wochen gezielt Stimmung gegen das Heizungsgesetz und die Öko-Partei um Habeck. Unterstützt werden sie dabei von der Schwesterpartei. So erklärte CDU-Parteichef die Grünen unlängst zum Hauptgegner – und nicht die AfD.
Vor diesem Hintergrund soll die Auseinandersetzung nun in den Wahlkampf gezogen werden – darauf deuten auch die Reaktionen der Union nach dem Karlsruher Urteil hin. Die Bundesregierung wäre gut beraten, innezuhalten, empfahl Merz. Der energiepolitische Sprecher Andreas Jung schlug weitere Expertenanhörungen zum Heizgesetz nach dem Sommer vor. Und Fraktionsvize Alexander Dobrindt (CSU) forderte die Bundesregierung auf, das Gesetz komplett zurückzuziehen.
Gekipptes Heizungsgesetz: Kubicki mit Seitenhieb auf Grüne
Unterstützung erhielt die Union dabei ausgerechnet auch von Teilen der FDP. Die Liberalen, die bei den vergangenen Landtagswahlen mehrfach herbe Niederlagen hinnehmen wollen, suchen seit Jahresbeginn nach einer klaren Linie – durchaus auch in Abgrenzung zur Ampel. Einen Seitenhieb auf seinen Koalitionspartner konnte sich FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki offenbar nicht verkneifen. Der vom Verfassungsgericht verfügte Stopp für eine Bundestagsabstimmung über das Heizungsgesetz sei die „verdiente Quittung für die Grünen, die in dieses Verfahren einen unerklärlichen Druck hineingegeben haben“, wetterte der FDP-Politiker.
Kabinett Scholz: Nach dem Ampel-Aus kommt Rot-Grün ohne Mehrheit
Der Stimmungsaufhellung dürfte das nicht beigetragen haben. Vieles spricht dafür, dass der Streit um das Heizungsgesetz die Koalitionäre im Sommer weiter begleitet – Sondersitzung hin oder her. (jkf)