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Video geht viral

Wie in „Fluch der Karibik“: Piraten-Schönling macht Propaganda für Huthi-Rebellen

Ein Video des Huthi-Influencers Rashid al-Haddad geht viral. Das ist kein Zufall. Die Mittel für die Propaganda bekommen die Rebellen aus einer ganz anderen Quelle.

Berlin – Als wäre das alles nur ein Film: Wie ein Möchtegern-Jack Sparrow aus „Fluch der Karibik“ schippert der Pirat mit dem Flaumbärtchen übers Wasser, blickt verträumt in die Kamera. Im Hintergrund: Das riesige Frachtschiff Galaxy Leader, das er und seine Kumpane soeben anscheinend gekapert haben. Es sind Huthi-Rebellen, die seit Monaten Handelsschiffe im Roten Meer angreifen. Die Aufnahmen gehen in den sozialen Medien weltweit viral, der Piraten-Schönling bekommt bei Tiktok und X (vormals Twitter) für seinen Auftritt viele bewundernde Kommentare. Kein Zufall: Dahinter steckt eine Propaganda-Strategie.

Huthi-Rebellen feiern Influencer Raashid al-Haddad – wegen seines Aussehens

Auch und gerade von westlichen Nutzerinnen und Nutzern gibt es viel Applaus für den jungen Huthi-Anhänger – wegen seines Aussehens. „Der Typ sollte Model werden“, kommentiert ein Nutzer bei Twitter. „Verdammt, der ist heiß“, schreibt eine andere. Weil viele offenbar eine Ähnlichkeit zwischen ihm und dem französischen Schauspieler Timothée Chalamet erkennen, hat der Pirat inzwischen einen Spitznamen: Timhouthi Chalamet.

Eigentlich heißt der Huthi-Influencer laut diversen Social-Media-Profilen Rashid al-Haddad. Er bezeichnet sich selbst bisweilen als Schauspieler und Fotograf. Schon vor dem Video hatte er eine gewisse Fangemeinde in den sozialen Medien. Ein Instagram-Account ist aktuell allerdings nicht mehr aufrufbar. Es ist wohl kein Zufall, dass ausgerechnet er Protagonist im Kaper-Video ist, das immer wieder geteilt wurde. Die Huthi wollen eine Botschaft senden und ein bestimmtes Image im Westen verankern: Das der jungen Rebellen, die für eine vermeintlich gerechte Sache streiten. Offenbar verfängt das bei manchen. Tatsächlich sind schon jetzt immer öfter in Kommentaren Sätze wie diese zu lesen: „Die Huthi haben noch nie jemanden getötet und werden grundlos angegriffen.“

Huthi-Rebellen sind antisemitisch und antiwestlich: „Tod den USA, Fluch über die Juden“

Dabei ist klar: Die Huthi sind keine harmlosen Helden. „Die Huthi sind antisemitisch und antiwestlich. Ihr Motto lautet: Gott ist groß, Tod Israel, Tod den USA, Fluch über die Juden, Sieg für den Islam“, erklärt Terrorismus-Experte Hans-Jakob Schindler von der Initiative Counter Extremism Project (CEP). Mächtiger Hauptverbündeter der Huthi-Rebellen ist der Iran: „Ein Ziel der Iraner ist es, ihre Rivalen, die Saudis, empfindlich zu stören und ausbluten zu lassen“, so Hans-Jakob Schindler.

Saudi-Arabien grenzt an den Jemen und bekämpft die Huthi-Rebellen. Ein Grund: Die Saudis sind Sunniten, die Huthi gehören den Schiiten an. Die beiden muslimischen Strömungen sind zerstritten und die Saudis wollen das Gebiet der Huthi lieber unter sunnitischer Kontrolle sehen. Wenn zwei sich streiten, freut sich bisweilen der Dritte – in diesem Fall die Iraner, die Saudi-Arabien als Konkurrenz im Nahen Osten wahrnehmen. „Iran unterstützt die Huthi im Konflikt im Jemen gerade so viel, dass sie nicht verlieren, aber auch nicht gewinnen können“, sagt Hans-Jakob Schindler. Regelmäßig beliefern die Iraner die jemenitische Miliz mit Waffen. „Mittlerweile sind die Huthi so weit, ihre Drohnen und Raketen weitgehend selbst bauen zu können. Der Iran liefert ihnen die Teile dafür“, so Schindler.

Iran unterstützt Huthi-Rebellen im Roten Meer mit Waffen – aber auch mit Tech-Expertise

Aber nicht nur das: Der Iran hat versierte Tech-Experten und Medien-Profis und hilft den Huthi bei der Verbreitung ihrer antiwestlichen und antisemitischen Propaganda. „Die Huthi dominieren die Telekommunikationsstruktur in den Gebieten unter ihrer Kontrolle im Jemen zu 100 Prozent. Das ist eine ihrer Haupteinnahmequellen“, erklärt Terror-Experte Hans-Jakob Schindler.

Nach und nach haben die Huthi lokale Sender übernommen und kritische Journalisten mundtot gemacht. Die Gruppierung kontrolliert Dutzende TV- und Radio-Formate, betreibt immer mehr Internetseiten. Über den Sender „Al-Masirah“ verbreiten sie Nachrichten, daneben gibt es Seifenopern und andere Unterhaltungsprogramme. Das Angebot soll so groß sein, dass die Menschen im kontrollierten Gebiet abseits des Huthi-Rundfunks gar nichts anderes mehr sehen und die Inhalte und Narrative der Huthi online massenhaft teilen – bis sie auch im Ausland ankommen. „Was im Internet passiert, ist unter ihrer Kontrolle“, sagt Hans-Jakob Schindler. „Bei Social-Media-Aktivitäten stehen ihnen Iraner als Berater zu Seite. An technischer Expertise fehlt es nicht.“

Angriffe gegen Huthi im Roten Meer: Auch Deutschland schickt Fregatte „Hessen“

Derweil gehen die Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer weiter. Offiziell wollen die Huthi die Hamas im Krieg in Israel unterstützen. Aber: „Es richtet sich keinesfalls nur gegen Schiffe, die israelische Häfen anfahren. Die greifen alles an, was da fährt, um den globalen Güterstrom zu gefährden“, sagt Schindler. Die Reedereien Maersk und Cosco lassen ihre Schiffe schon nicht mehr durchs Rote Meer fahren. Derweil interveniert eine breite Militärkoalition gegen die Piratenangriffe, auch Deutschland wird die Fregatte „Hessen“ ins Rote Meer schicken. Bis sich die Lage normalisiert, wird es noch lange dauern, glaubt Schindler. „Das ist nicht in zwei, drei Monaten vorbei.“

Rubriklistenbild: © Osamah Yahya/imago

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