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„Für die Mehrheit, die gerade denken kann“

„Grüne und linke Spinner“: Merz-Rede vor Bundestagswahl „verstörend“

Vor der Bundestagswahl erhält Merz für eine Rede viel Kritik. Der Union-Kanzlerkandidat attackierte linke und grüne Partei-Anhänger mit drastischen Worten.

München – Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) erntet für seine letzte öffentliche Rede vor der Bundestagswahl viel Kritik. Der Grund: Im Münchener Löwenbräukeller attackierte Deutschlands möglicher neuer Bundeskanzler linke Parteien mit drastischen Worten: „Links ist vorbei. Es gibt keine linke Mehrheit mehr und keine linke Politik mehr. Es ist vorbei. Es geht nicht mehr.“

Merz wolle Politik für die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger machen. „Für die Mehrheit, die gerade denken kann. Und die auch noch alle Tassen im Schrank haben“, sagte der Christdemokrat und fügte an: „Und nicht für irgendwelche grünen und linken Spinner auf dieser Welt, die da draußen rumlaufen. Die haben in der Mehrheit der Bevölkerung nichts zu suchen. Gar nichts.“

Dann fragte Merz in seiner Rede an die Demonstrantinnen und Demonstranten gerichtet: „Wo waren die denn, als Walter Lübcke in Kassel ermordet worden ist von Rechtsradikalen?“ Mit dieser Aussage verdrehte Merz die Tatsachen. Tage und Wochen nach Lübckes Ermordung demonstrierten Tausende Menschen gegen Rechtsextremismus.

Merz erhält für Rede vor Bundestagswahl viel Kritik

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: SPD-Co-Chef Lars Klingbeil warf Merz die Spaltung der Gesellschaft vor. „Friedrich Merz macht auf den letzten Metern des Wahlkampfes die Gräben in der demokratischen Mitte unseres Landes nochmals tiefer“, schrieb der Sozialdemokrat auf X und weiter: „Kann man machen. Schlau ist es allerdings nicht.“

Bundestagswahl 2025: Von „Tünkram“ bis zum „Tor zur Hölle“ – denkwürdige Zitate aus dem Wahlkampf

Bundestag - Vertrauensfrage
„Fritze Merz erzählt gern Tünkram“ – SPD-Kanzler Scholz am 16. Dezember zu Vorwürfen von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU), der Amtsinhaber sei bei Debatten auf EU-Ebene passiv und melde sich nicht zu Wort. „Tünkram“ ist Plattdeutsch und bedeutet dummes Zeug oder Unsinn. © Michael Kappeler/dpa
Olaf Scholz, Wahlparteitag SPD
„Manch einer hat uns schon abgeschrieben. Das kann unsere sozialdemokratische Partei mit über 160 Jahren Kampferfahrung aber überhaupt nicht beeindrucken.“ – SPD-Ko-Chefin Saskia Esken (rechts) beim Parteitag am 11. Januar in Berlin zu den schwachen Umfragewerten für die Sozialdemokraten und der Hoffnung auf eine Aufholjagd bis zur Wahl. © Imago
Nach Todesfahrt auf Weihnachtsmarkt in Magdeburg-Rechte Proteste
„Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration.“ – AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel beim Parteitag am 11. Januar in Riesa zur Aufnahme des umstrittenen Begriffs in das Wahlprogramm, der im rechten Spektrum für die massenhafte Ausweisung von Menschen mit Migrationshintergrund steht. © dpa
AfD-Bundesparteitag in Riesa
„Wenn wir am Ruder sind, wir reißen alle Windkraftwerke nieder. Nieder mit diesen Windmühlen der Schande!“ – AfD-Kanzlerkandidatin Weidel beim Parteitag am 11. Januar in Riesa. © Sebastian Kahnert/dpa
Habeck liest aus seinem neuen Buch
„Ich war nicht gut in Rechtschreibung früher und hatte einen leichten Schlag in Richtung Legasthenie.“ – Der Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck räumt am 12. Januar ein, als Schüler eine Rechtschreibschwäche gehabt zu haben. Habeck thematisierte bei der „Wahlarena“ des „Mannheimer Morgen“ in Mannheim seine Schulzeit und persönliche Schwächen. © Kay Nietfeld/dpa
Wahlplakate in Wiesbaden - SPD
„Es gibt, glaube ich, keinen Kanzler in der Bundesrepublik, der sich so im Detail in Gesetze eingemischt hat, damit sie pragmatisch werden.“ – Olaf Scholz zieht am 13. Januar eine positive Bilanz seines Wirkens als Regierungschef. „Es sind unglaublich viele Entscheidungen getroffen worden, die ohne meine Intervention gar nicht zustande gekommen wären“, sagte er den NRW-Lokalradios. © Arne Dedert/dpa
Nach tödlichem Angriff in einem Park in Aschaffenburg
„Das Maß ist endgültig voll.“ – Unions-Kanzlerkandidat Merz am 23. Januar nach dem Messerangriff von Aschaffenburg auf eine Kindergartengruppe mit zwei Toten, den ein Geflüchteter aus Afghanistan begangen haben soll. © Daniel Vogl/dpa
Demo gegen Rechts - Berlin
„Ich gucke nicht rechts und nicht links. Ich gucke in diesen Fragen nur geradeaus.“ – Merz am 24. Januar bei der Ankündigung, für Anträge zur Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag auch eine Mehrheit mit AfD-Unterstützung zu tolerieren. Die Menschen sehen das kritisch und gehen auf die Straße. © Christophe Gateau/dpa
Demonstration zur Migrationspolitik - Berlin
„Die Brandmauer bröckelt.“ – Die AfD-Fraktion am 29. Januar im Online-Dienst X zur bisher geltenden Abgrenzung der CDU von der in Teilen als rechtsextremistisch eingestuften Partei, nachdem erstmals mit ihrer Hilfe ein Unionsantrag eine Mehrheit im Bundestag erhalten hat. © Sebastian Gollnow/dpa
209. Bundestagssitzung: Heidi Reichinnek, Linke
„Allen politischen Differenzen zum Trotz hätte ich mir niemals vorstellen können, dass eine christlich-demokratische Partei diesen Dammbruch vollzieht und mit Rechtsextremen paktiert.“ – Die Vorsitzende der Linken im Bundestag, Heidi Reichinnek, am 29. Januar im Bundestag in ihrer viral gegangenen Rede zum mit AfD-Stimmen verabschiedeten Unionsantrag. © Imago
Bundestag - Regierungserklärung
„Und deshalb, finde ich, kann ich ihm nicht mehr trauen.“ – Kanzler Olaf Scholz über das Verhalten von Friedrich Merz am 29. Januar 2025. Das sei „wahrscheinlich ein ganz bedeutender Tag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ gewesen, sagte Scholz in der ARD-Sendung „Maischberger“. Die Union habe einen Konsens aufgekündigt, den es die ganze Nachkriegsgeschichte über unter den Demokraten in Deutschland gegeben habe.  © Kay Nietfeld/dpa
Demonstration fuer die Brandmauer und gegen die CDU
„Für falsch halte ich es, (…) sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen.“ – Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisiert am 30. Januar das Vorgehen von Merz. © Matthias Gränzdörfer/Imago
Wahlkampf Grüne - Berlin
„Tun Sie es nicht, Herr Merz.“ – Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck appelliert am 28. Januar eindringlich an Unionsfraktionschef Friedrich Merz, keine gemeinsame Sache mit der AfD zu machen.  © Christoph Soeder/dpa
Sitzung, Bundestag, Plenum
„Das Tor zur Hölle können wir noch gemeinsam schließen.“ – SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich am 31. Januar in der Bundestagsdebatte über eine angekündigte Zustimmung der AfD auch zu einem Migrationsgesetz der Union. Dieses scheiterte aber letztlich auch an fehlender Unterstützung aus der Union. © Bernd Elmenthaler/Imago
Bundestag
„Ich bin mit mir persönlich sehr im Reinen, dass wir es wenigstens versucht haben.“ – Merz am 31. Januar nach dem Scheitern seines Gesetzentwurfs zur Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag, obwohl auch dieser von den AfD-Abgeordneten geschlossen unterstützt wurde. © Kay Nietfeld/dpa
Nach tödlichem Angriff in Aschaffenburg - Trauerfeier
„Diese Woche hat die Union klargemacht, dass es ihr ernst ist. Und damit ist die Glaubwürdigkeit auch eines neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz enorm gestiegen.“ – CSU-Chef Markus Söder sieht am 2. Februar die Position der Union nach den umstrittenen Abstimmungen zur Migrationspolitik im Bundestag deutlich gestärkt.  © Daniel Vogl/dpa
Bundesparteitag der CDU - Friedrich Merz + Markus Söder
„Mit den Grünen ist kein Richtungswechsel und keine Koalition möglich.“ – CSU-Chef Markus Söder anlässlich des CDU-Parteitags am 3. Februar auf X. © Imago
Wahlkampf – ZDF-Livesendung "Schlagabtausch"
„Wie dumm kann man sein zu sagen, man macht Sanktionen, um Russland zu schaden. Am Ende schaden wir vor allem unserer Wirtschaft.“ – BSW-Chefin Sahra Wagenknecht am 6. Februar in einer ZDF-Wahlrunde zu ihrer Forderung nach einer Wiederaufnahme der Gaslieferungen aus Russland. © Christoph Soeder/dpa
Scholz und Merz im TV-Duell
„Wir können auf die FDP keine Rücksicht nehmen.“ – Merz am 7. Februar, nachdem er mögliche Wähler der in Umfragen weiterhin schwächelnden FDP aufgerufen hat, ihre Stimme der Union zu geben. © Kay Nietfeld/dpa
FDP Bundesparteitag
„33 oder 31 Prozent für die CDU machen keinen Unterschied, aber vier oder sechs Prozent für die FDP ändern maßgeblich das Gefüge in der Bundesrepublik.“ – FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner reagiert beim Sonderparteitag in Potsdam am 9. Februar auf die Aussage von Merz. © Michael Kappeler/dpa
Scholz und Merz im TV-Duell
„Was ist Bubatz?“ – Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz kann am 9. Februar mit dem Begriff „Bubatz“ nichts anfangen. Auf dem Live-Streaming-Portal Twitch antwortete Merz nach dem TV-Duell bei ARD und ZDF mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf die Frage, ob „Bubatz“ legal bleibe: „Bleibt was legal?“ Daraufhin entgegnete die Moderatorin: „Bubatz“. Merz’ Replik: „Was ist Bubatz?“ Die Moderatorin: „Gras.“ Merz sagte dann: „Also wenn Sie meinen, Cannabis, dann sage ich: Nein, wir wollen das wieder korrigieren.“ © Kay Nietfeld/dpa
Kundgebung "Brandmauer statt Brandstiftung"
„Friedrich Merz tritt an, Europa zu Grabe zu tragen“ – Kanzler Scholz am 11. Februar in der letzten Plenardebatte des Bundestags vor der Wahl mit Blick auf Merz’ Pläne, Geflüchtete an den Grenzen zu den EU-Nachbarn zurückzuweisen. © Fabian Sommer/dpa
TV-Runde im Bundestagswahlkampf
„Weil ich dieses animalische Grunzen der AfD-Fraktion voraussehen konnte, möchte ich einordnen, worüber wir reden, wenn wir Klimaschutz sagen.“ – Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck reagiert in einer Rede im Bundestag am 11. Februar auf Zwischenrufe der AfD, nachdem er den Klimaschutz als drängendste Aufgabe der Zukunft bezeichnet hat. © Kay Nietfeld/dpa
Bundestag
„Wir werden möglicherweise miteinander reden müssen.“ – Unions-Kanzlerkandidat Merz wendet sich in seiner Plenarrede am 11. Februar im Bundestag an die SPD – und nimmt dabei eine mögliche Koalitionsoption für die Zeit nach der Wahl in den Blick. © Kay Nietfeld/dpa
ZDF-Sendung "Klartext"
„Wenn sich die Menschen zurückziehen, dann ist es vorbei mit Deutschland. (…) Demokratie ist kein Zuschauersport, es geht nur, wenn Menschen sich bei den Wahlen engagieren.“ – Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck am 13. Februar in der ZDF-Sendung „Klartext“ auf den Kommentar eines Zuschauers hin, der erklärt hatte, er wisse nicht mehr, was er wählen solle. © Michael Kappeler/dpa

So urteilte auch SPD-Generalsekretär Matthias Miersch: „Statt zu einen, entscheidet sich Friedrich Merz, noch einmal richtig zu spalten. So spricht niemand, der Kanzler für alle sein will – so spricht ein Mini-Trump“, sagte der SPD-Politiker. Wer linke Politik beenden will, erkläre Millionen Menschen, dass ihre Sorgen keinen Platz mehr haben. „So redet kein Bundeskanzler, so redet ein rechter Demagoge“, so Miersch.

Zukunftsforscherin Maja Göpel zeigte sich alarmiert. Die Merz-Rede sei „ernsthaft verstörend.“ Die Wissenschaftlerin schrieb auf X: „Für Demonstrationen gegen Rechts ‚linke und grüne Spinner‘ beschimpfen, die ‚nicht mehr geradeaus denken können‘? Das sind circa 45 Prozent der Bürger:innen in Deutschland - gegenüber 35 Prozent, die nicht rechtsradikal wählen.“

Wie Merz: Söder greift Grüne bei Rede in München an

Wegen der Merz-Rede könnte die SPD in möglichen Koalitionsgesprächen die Verhandlungen schwerer gestalten, um ihre Inhalte als kleinerer Regierungspartner durchzusetzen. Falls Merz das Bundeskanzler-Amt übernehmen wird, will er in den ersten 100 Tagen drei bestimmte Wahlversprechen schnellstmöglich einlösen.

Friedrich Merz und Markus Söder stehen beim gemeinsamen Wahlkampfabschluss von CSU und CDU für die Bundestagswahl zusammen und gestikulieren.

Auch CSU-Chef Markus Söder äußerte verbale Attacken – gerichtet auf sein Lieblingsfeindbild: die Grünen. Erneut schloss der bayerische Ministerpräsident Schwarz-Grün nach der Bundestagswahl aus. Denn: Wirtschaftsminister und Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck verfolge eine Politik, die der Autobranche in Deutschland schade.

Söder verwies dabei auf eine Habeck-Aussage vom Freitag. Dort knüpfte der Vizekanzler eine Regierungsbeteiligung an das Verbrenner-Aus. Für Söder eine klare rote Linie.

Nach Bundestagswahl: Will Union ohne feste Koalitionspartner regieren?

„Damit ist endgültig klar: Keine Koalition mit den Grünen, liebe Freunde“, rief Söder zum CSU-Publikum und setzte Richtung Merz nach: „Lieber Friedrich, darum kümmere ich mich.“ Unter einem möglichen Kanzler Merz kommen wohl vor allem CDU-Politiker als Wirtschaftsminister infrage.

Das kategorische Ausschließen Söders einer schwarz-grünen Regierung könnte enorme Folgen nach der Bundestagswahl haben. Laut aktuellen Umfragen kann die Union ohne die Grünen keine Mehrheit im Deutschen Bundestag bilden. Für eine Große Koalition reichen die Stimmen nicht. Auch eine sogenannte Deutschland-Koalition zwischen Union, SPD und FDP hat zurzeit keine Chance, weil die Liberalen an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnten.

In diesen Konstellationen bliebe der Union als einzige Machtoption eine Minderheitsregierung. Aber: Was Deutschland nach der zerbrochenen Ampel-Regierung und in der Zeit der turbulenten Weltpolitik mit US-Präsident Donald Trump und dem russischen Kremlchef Wladimir Putin nicht braucht, ist eine instabile Regierung. (Jan-Frederik Wendt)

Rubriklistenbild: © Sven Hoppe/dpa

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