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„Aghet“

Jahrestag des Völkermords an den Armeniern: Weiterhin keine Anerkennung

Vor 109 Jahren begann im Osmanischen Reich der Völkermord an den Armeniern. Bis heute leugnet die Türkei den Völkermord. Auch die aktuelle Lage in Armenien ist angespannt.

Istanbul – Heute ist der Jahrestag des Völkermordes an den Armeniern, unter ihnen auch „Aghet“ genannt. Am 24. April 1915 begann mit der Deportation der armenischen Elite aus Istanbul die Vernichtung von rund 1,5 Millionen Armeniern im Osmanischen Reich. Bis heute hat die Türkei den Genozid nicht anerkannt. Auch das Trauern um die Opfer der Vernichtungskampagne wird in dem Land bis heute stellenweise verhindert.

Seit 2020 Gedenkfeier an Genozid-Opfern in der Türkei verboten

„Unsere Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer des Völkermords an den Armeniern 1915, die wir von 2010 bis 2019 in Istanbul und verschiedenen Städten der Türkei organisiert haben, ist seit 2020 verboten“, teilte die Plattform zur Erinnerung an den 24. April (24 Nisan Anma Platformu) mit. Geplant war eine Gedenkveranstaltung im Istanbuler Stadtteil Kadiköy, die das Gouverneursamt der Millionenmetropole erneut verboten hat. „Wir sehen das Verbot unserer Gedenkveranstaltung ohne jegliche Begründung als Beharren auf einem antidemokratischen Schritt“, heißt es in der Erklärung.

Das türkische Verteidigungsministerium hat zum 109. Jahrestag des Völkermordes eine eigene Version der Geschichte veröffentlicht. „Wir gedenken mit Barmherzigkeit derer, die ihr Leben im sogenannten armenischen Völkermord verloren haben, bei dem allerdings wehrlose und unschuldige Türken brutal massakriert wurden“.

Anerkennung des Völkermords in Türkei gefährlich

Wer sich in der Türkei für die Anerkennung des Völkermordes an den Armeniern einsetzt, wird weiterhin bedroht. „Wir erhalten viele Drohungen und Beleidigungen wegen dieses Themas. Vielleicht sollten wir einen Aufruf an diejenigen richten, die uns bedrohen und beleidigen. Wenn dieses Thema diskutiert wird, werden auch sie befreit werden. Wenn sie eine Demokratisierung wollen, wenn sie Rechte für sich selbst fordern, muss der Prozess von 1915 diskutiert werden“, teilt die Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation IHD, Eren Keskin, gegenüber der Nachrichtenseite Bianet mit.

Bild aus 2025 von der Berliner Gedenkveranstaltung anlässlich des Völkermordes an Armeniern 1915.

„Salz in die Wunde streuen“

Die türkisch-armenische Menschenrechtsaktivistin Natali Avazyan kann im Gespräch mit unserer Redaktion das Leugnen historischer Fakten nicht verstehen. „Die Einschränkung und Verhinderung dieser Gedenkfeiern bedeutet, Salz in diese Wunde zu streuen“, sagt Avazyan. Heute würden die Armenier nichts anderes erwarten, als ihr großes Leid anzuerkennen. „Gegenwärtig erwartet kein armenischer Bürger von der türkischen Regierung eine Rückgabe in Form von Eigentum. Das Einzige, was sie wollen, ist die Anerkennung dieser Gräueltaten und der Versuch, die blutende Wunde zu heilen.“

Avazyan erinnert an die Worte des ermordeten türkischen Journalisten Hrant Dink. „Ja, wir Armenier haben ein Auge auf dieses Land geworfen. Das tun wir, denn unsere Wurzeln sind hier. Aber macht euch keine Sorgen. Wir wollen dieses Land nicht wegnehmen. Wir wollen auf dem Grund dieses Landes begraben sein.“

Präsident von Aserbaidschan nennt Armenien „unser Land“

Heute ist der Staat Armenien ebenfalls in Gefahr. An der armenisch-aserbaidschanischen Grenze läuten die Kriegstrommeln immer lauter. Immer wieder kommt es zu Schusswechseln zwischen beiden Seiten. In Aserbaidschan werden Stimmen laut, wonach Teile Armeniens erobert werden sollen. Erst im vergangenen Jahr war Bergkarabach, was die Armenier „Republik Arzach“ nennen, von Aserbaidschan zurückerobert worden. Heute ist das Gebiet praktisch komplett von Armeniern „gesäubert“. Das armenische Erbe, darunter auch über 1000 Jahre alte Kirchen, sind in Gefahr. Der Präsident von Aserbaidschan, Ilham Aliyew, macht keinen Hehl aus seinen Plänen. „Das heutige Armenien ist unser Land“, sagte Aliyew im Mai 2023. Das sei historischer Fakt.

Der Zentralrat der Armenier in Deutschland (ZdA) ist besorgt und fordert eine Anerkennung des Völkermordes. „Die Anerkennung des Genozids ist die unverrückbare Bedingung der Sicherheit Armeniens. Frieden kann es ohne Anerkennung nicht geben – wenn wir unter ‚Frieden‘ mehr verstehen als nur die Abwesenheit des Krieges“, sagt der Vorsitzende der ZdA- Jonathan Spangenberg im Gespräch mit Fr.de von IPPEN.MEDIA.

Druck aus Aserbaidschan und Türkei auf Deutschland

Auch in Deutschland wird es für die Armenier immer schwieriger, auf ihre Lage aufmerksam zu machen. Der Druck aus Baku ist offenbar zu groß. Am 6. März war eine hybride Buchpräsentation des vom ZdA herausgegebenen Bandes „Das kulturelle Erbe von Arzach. Armenische Geschichte und deren Spuren in Berg-Karbach“ im Gebäude der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) geplant. „Aufgrund massiver Drohungen und einer Kampagne seitens der aserbaidschanischen Botschaft“ durfte die Veranstaltung nur noch online durchgeführt werden, teilt das ZdA mit.

Türkei und Aserbaidschan leugnen Völkermord an Armeniern

Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) warnt vor den Machenschaften Aserbaidschans. „Aserbaidschan, dessen Regierung den Völkermord an den Armeniern bis heute leugnet, gehört nicht als gefeierter zuverlässiger Wirtschaftspartner auf die europäische politische Bühne. Der Genozid von 1915 wird geleugnet, mit der Blockade und der Vertreibung der armenischen Bevölkerung aus Berg-Karabach erfüllt das Handeln des Aliew-Regimes die Voraussetzungen, um dies als Völkermord zu qualifizieren. Zudem droht Machthaber Aliew mit der ‚Rückkehr‘ nach ‚West-Aserbaidschan‘, wie er das heutige Staatsgebiet von Armenien nennt und bezeichnet das armenische Staatsgebiet als ‚unser Land‘. Ein Genozid droht sich zu wiederholen. Europa, insbesondere Deutschland, darf hier nicht wegsehen, sondern muss sich für die Existenz Armeniens starkmachen. Aliew wird sonst seinen Worten Taten folgen lassen, die Existenz Armeniens steht auf dem Spiel“, warnt Valerio Krüger, Vorstandssprecher der IGFM, ebenfalls im Gespräch mit unserer Redaktion.

Auch in Köln sieht man, wie schwer es ist, an den Genozid vor 109 Jahren zu gedenken. Im April 2018 wurde ein Mahnmal dazu auf dem Kurt-Rossa-Platz errichtet. „Mit Unterstützung der Kölner Zivilgesellschaft, der Bezirksvertretung Innenstadt und des Rates der Stadt Köln steht das Mahnmal nun seit einem Jahr ununterbrochen an seinem Ort, während es zuvor immer wieder abgebaut wurde“, schreibt die Initiative „Völkermord erinnern“ auf ihrer Internetseite. (erpe)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Christian Ditsch

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