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Personalmangel bei der Bundeswehr

Ringen um neuen Wehrdienst: Ranghöchster Soldat der Bundeswehr will auch Frauen verpflichten

Wie lässt sich das Personalproblem der Bundeswehr lösen? Wohl nicht ohne Verpflichtungen, meint Generalinspekteur Breuer. Er fordert mehr Gleichberechtigung in der Diskussion.

Berlin – Die von Personalsorgen geplagte Bundeswehr ringt um Nachwuchs. Zum Höhepunkt der Spannungen im Kalten Krieg in den Achtzigerjahren zählte die Truppe rund eine halbe Million Soldaten. Seitdem geht ihre Zahl stetig bergab – wie die Bundeswehr auf ihrer Website mitteilt, stehen aktuell rund 260.000 Menschen, darunter 180.517 in Uniform und 80.713 zivile Angestellte, in ihrem Dienst. Ausgesetzt worden war die Wehrpflicht 2011 nach 55 Jahren unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). 

Bundeswehr-Generalinspekteur Breuer fordert, Deutschland müsse „kriegstüchtig“ sein

Als Wladimir Putins Angriffskrieg auf die Ukraine Ende Februar 2022 überwunden geglaubte globale Bedrohungsszenarien reaktivierte und die Nato-Verbündeten in Bredouille brachte, rückte auch der Personalmangel der Bundeswehr zunehmend in den Fokus der Debatten. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will alle jungen Leute eines Jahrgangs per Fragebogen erfassen, um sich ein Bild über die theoretisch Einsetzbaren zu verschaffen. Der CDU geht das nicht weit genug: Im neuen Grundsatzprogramm fordert sie, die Wehrpflicht wieder einzuführen

Debatte um einen neuen Wehrdienst: Auch Frauen könnten verpflichtet werden. (Symbolfoto)

Zur Frage, wie eine personelle Trendwende bei der Bundeswehr eingeleitet werden könne, meldete sich nun auch Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer zu Wort. Als Generalinspekteur ist er der ranghöchste Soldat und direkter Berater von Verteidigungsminister Pistorius. Breuer fordert, im Falle einer Wiedereinführung der Wehrpflicht auch Frauen in die Pflicht einzubeziehen. 

„Wir haben im Moment eine ausgesetzte Wehrpflicht, die laut Grundgesetz allein auf die männliche Bevölkerung zielt. Hier sollte man Gleichberechtigung herstellen – aber dazu brauchen wir erst eine entsprechende politische und gesellschaftliche Diskussion“, sagte Breuer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Breuer betonte, dass Deutschland „kriegstüchtig“ sein müsse.

Wehrpflicht auch für Frauen? „Ganz ohne verpflichtende Anteile wird es dabei nicht gehen“

Bezug nahm Breuer gegenüber dem RND auch zum neuen Wehrdienstmodell von Verteidigungsminister Pistorius, das dieser im Juni vorgestellt hatte. Seinem Modell zufolge solle der Wehrdienst aus einem sechsmonatigen Grundwehrdienst mit einem optionalen freiwilligen Wehrdienst für eine Dauer von bis zu 17 zusätzlichen Monaten bestehen. Dazu soll die bereits erwähnte obligatorische Erfassung per Fragebogen eingeführt werden, in der junge Männer dann Auskunft über ihre Bereitschaft und Fähigkeit für einen Wehrdienst geben müssten. Junge Frauen könnten dies auf Wunsch auch tun. 

Grundsätzlich sprach sich Generalinspekteur Breuer für Pistorius’ Wehrdienstmodell aus: „Militärisch betrachtet brauchen wir eine Aufwuchsfähigkeit, nicht zuletzt mit Blick auf die Planungen der Nato.“ Auch, weil Deutschland eine zentrale Drehscheibe für das Bündnis sei. Obwohl Breuer dem neuen Wehrdienstmodell von Verteidigungsminister Pistorius beipflichtete, fürchtet er jedoch, dass es die aktuell großen personellen Lücken bei der Bundeswehr nicht schließen könnte. Insgesamt liegt der personelle Bedarf der Bundeswehr Breuer zufolge aktuell bei über 400.000 Zeit- und Berufssoldaten sowie Reservisten.

Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer

„Um diesen Bedarf zu decken, brauchen wir ungefähr 100.000 Reservisten zusätzlich“, verdeutlichte Breuer weiter. Zwar könne Pistorius’ neues Wehrdienstmodell diesen Bedarf womöglich zunächst abdecken: Aber dennoch: „Ganz ohne verpflichtende Anteile wird es dabei nicht gehen“, gab Breuer mahnend zu verstehen.

Wiedereinführung der Wehrpflicht: Was spricht dafür und was dagegen?

Über bis zu 900.000 Reservisten könnte die Bundeswehr laut dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) verfügen. Wie viele von ihnen überhaupt einsatzbereit sind, ist allerdings unklar. Der Bundeswehr-Reservistenverband befindet eine Wiedereinführung der Wehrpflicht unter anderem deshalb als unumgänglich. Ohne verpflichtenden Wehrdienst sei Deutschland nicht verteidigungsfähig, meint der Reservistenverband-Präsident Patrick Sensburg.

Neben einer gut ausgebildeten und ausgestatteten Truppe brauche es deshalb eine ebenso gut ausgebildete und ausgestattete Reserve. Auch der Bundeswehrverband sieht die Notwendigkeit, mehr Personal zu gewinnen und zu binden. Sonst drohe die Einsatzbereitschaft „auf ein Maß zu sinken, das kaum zu verantworten wäre“, wurde Sensburg vor Kurzem (29. Juni 2024) vom Deutschlandfunk zitiert.

Gegner der Wehrpflicht argumentieren vor allem mit dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen. Auch in der Ampel-Koalition gibt es deutlichen Widerspruch gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht. So setzt sich SPD-Chef Lars Klingbeil dafür ein, bei der Rekrutierung weiterhin auf Freiwilligkeit zu setzen und die Bundeswehr dafür attraktiver zu machen. Für Johannes Vogel, den ersten parlamentarischen Geschäftsführer der FDP, wäre die Rückkehr zur Wehrpflicht gar ein Hindernis „auf dem Weg zur Profi-Bundeswehr“, zitiert ihn der Deutschlandfunk. Vogel greift damit ein zweites Argument gegen die Wehrpflicht auf: Zur effektiven Landesverteidigung sind Wehrpflichtige heute womöglich gar nicht mehr in der Lage. (fh)

Rubriklistenbild: © Bernd von Jutrczenka/dpa

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