„Harter und schneller Kurs“
Söder startet Bezahlkarte in Bayern: Nur noch 50 Euro Bargeld für Flüchtlinge
Bayern setzt den Startschuss für die Bezahlkarte für Asylbewerber. CSU-Chef Markus Söder erklärte, was auf Flüchtlinge zukommt.
Update vom 21. März, 11.55 Uhr: In Bayern ist die Bezahlkarte für Asylbewerber in den ersten Kommunen gestartet. Im Bund dagegen geht der Streit darum weiter. CDU-Chef Friedrich Merz hat den Grünen jetzt eine Blockade bei der geplanten bundesweiten Regelung zu Bezahlkarten vorgeworfen. „Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich verstehe es nicht“, so Merz in der ntv-Sendung „Frühstart“. Es ist eine Vereinbarung mit den Ministerpräsidenten, alle 16 Bundesländer haben zugestimmt, und die Grünen hier in Berlin liegen quer im Saal.“
Erstmeldung: Söder startet Bezahlkarte in Bayern - Nur noch 50 Euro Bargeld für Flüchtlinge
München – „Unsere Bezahlkarte kommt schneller und ist härter“. Das kündigte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Februar an. Und tatsächlich startet die Bezahlkarte für Flüchtlinge noch wie angestrebt vor Ostern – zumindest in einigen Modellgemeinden. Am Mittwoch (20. März) gab Söder den Startschuss für die Pilotphase.
Gemeinsam mit Innenstaatssekretär Sandro Kirchner und Thomas Karmasin, Präsident des bayerischen Landkreistags, gab Söder am Mittwochmittag in München eine Pressekonferenz zur bereits beschlossenen Bezahlkarte für Flüchtlinge. Starten wird die Bezahlkarte zunächst in den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Günzburg und Traunstein sowie der kreisfreien Stadt Straubing.
Söder zur Bezahlkarte in Bayern: Ja zu Hilfe, Nein zu Geldtransfers ins Ausland
Söder sagte bei der Pressekonferenz, die Bezahlkarte löse nicht alle Probleme, sei aber „Bestandteile der Problemlösung“ angesichts der hohen Herausforderungen durch die Migration. Bayern setzte damit ein Zeichen, dass Asylbewerbern geholfen werde, aber sage auch „Nein zu Geldtransfers ins Ausland“. Der Geldhahn für illegale Schlepper werde deutlich reduziert. Bayern sei dabei „schneller und konsequenter“ als die anderen deutschen Bundesländer. Einen Kommentar des Münchner Merkur zur Bezahlkarte lesen Sie hier.
Laut Innenstaatssekretär Sandro Kirchner handelt es sich um eine normale Debit-Karte im Mastercard-System, kann also breit eingesetzt werden. Die Kosten für die Einführung übernehme der Freistaat.
Söder nennt Details zur Bezahlkarte: Wie viel Bargeld darf angehoben werden, wer bekommt sie?
Die Bezahlkarte werde an Asylbewerber ab 14 Jahren ausgegeben, betreffe derzeit also rund 70.000 Menschen in Bayern, so Söder. Diese könnten damit in Geschäften des Postleitzahlen-Gebiets ihres Landkreises Lebensmittel, Kleidung, Hygieneartikel und anderes kaufen. Auch die Kommunikation sei abgedeckt.
Nicht möglich seien mit der Bezahlkarte Online-Shopping, Glücksspiele und Überweisungen ins Ausland. Pro Monat und pro Person könne mit der Karte 50 Euro Bargeld abgehoben werden. Dies sei ein geringerer Betrag als in anderen Bundesländern geplant, so Söder. Insgesamt fahre Bayern mit der Bezahlkarte einen „harten und schnellen Kurs“, erklärte er.
Bezahlkarte für Asylbewerber in Bayern: Söder beantwortet offene Fragen
Spannend war bei Söders Pressekonferenz, wie die Bezahlkarte genau ausgestaltet werden soll. Mehrere offene Fragen wurden beantwortet.
- Pro Monat und Asylbewerber können 50 Euro Bargeld abgehoben werden. Dies ist laut Söder ausreichend für Pausenbrot, ÖPNV oder ähnliches.
- Die Karte soll an Asylbewerber ab 14 Jahren ausgegeben werden.
- Die Bezahlkarte soll zunächst in den Geschäften des Postleitzahlengebiets des Landkreises gelten. Die Landkreise und Kommunen können dies aber individuell anpassen.
- Im zweiten Quartal erfolge der „bayernweite Roll-Out“ der der Bezahlkarte, sagte Söder.
Noch unklar ist, wie die Bezahlkarte bei notwendigen teureren Leistungen, wie dem Bezahlen eines Anwalts, funktioniert. Die Vergabe der Bezahlkarte in Bayern ist bereits abgeschlossen: Den Zuschlag der europaweiten Ausschreibung des Innenministeriums ging an das Unternehmen „Paycenter“ aus Freising.
Bezahlkarte in Bayern soll Pull-Faktoren für Flüchtlinge schmälern – Söder stellt Karte vor
Ziel der Bezahlkarte soll es sein, durch Reduzierung des zur Verfügung stehenden Bargelds Zuzugsanreize – sogenannte Pull-Faktoren – zu vermeiden, so Söder bei der Pressekonferenz. Im letzten Jahr habe es in Deutschland 330.000 Asylanträge gegeben, Landkreise und Kommunen seien überlastet. Der Anreiz, nach Deutschland zu kommen, werde mit der Bezahlkarte beschränkt auf die Notwendigkeit, eine neue Heimat zu finden. Soziale Anreize wie Geldleistungen soll an Gewicht genommen werden, so der Ministerpräsident.
Jedoch ist es strittig, ob bar ausgezahlte Sozialleistungen wirklich ein Anreiz für Flüchtlinge sind, ihr Land zu verlassen und nach Deutschland zu fliehen. Reem Alabali-Radovan, Staatsministerin von Kanzler Olaf Scholz (SPD), widersprach im Interview mit IPPEN.MEDIA: „Umfragen und Studien zeigen, dass anteilige Bar-Leistungen wirklich kein Grund sind, warum Menschen zu uns fliehen.“
Bayerns Ministerpräsidenten seit 1945




Bezahlkarte für Asylbewerber auch von Ampel-Koalition geplant – Söder geht Sonderweg
Eingeführt werden soll die Bezahlkarte für Flüchtlinge früher oder später nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland. Darauf hatte sich die Ampel-Koalition im November geeinigt. Die bayerische Regierung hat sich aber für einen Sonderweg bei der Einführung entschieden – genauso wie Mecklenburg-Vorpommern. „Im Bund wird wohl erst im Herbst etwas passieren“, sagte Söder bei der Pressekonferenz am Mittwoch, die Ausschreibung starte wohl erst im Juni. „Wir in Bayern sind schneller und konsequenter.“
Die 13 anderen Bundesländer haben sich auf ein gemeinsames Vergabeverfahren für die Bezahlkarte geeinigt. Dieses soll bis zum Sommer 2024 abgeschlossen sein, hieß es. In der Stadt Hamburg gibt es die Bezahlkarten schon jetzt – im Rahmen eines Pilotprojekts. Die Erkenntnisse sollen dann in das bundesweite Konzept einfließen.
Grüne blockieren Gesetzesänderung für Asylbewerber-Bezahlkarte im Bund
In der Ampel-Koalition gibt es schon seit Wochen ein zähes Ringen um die Einführung der Bezahlkarte. Die Regierung von Olaf Scholz hatte sich dafür auf eine Gesetzesänderung geeinigt. Die Grünen blockieren diese jedoch, weil sie ihrer Meinung nach nicht notwendig ist. Politiker aus SPD und FDP sehen dagegen das Risiko von Klagen gegen die Karte, wenn es keine Regelung auf Bundesebene gibt. Kritiker der Bezahlkarte sehen darin ein Mittel, um die Rechte und persönlichen Freiheiten von Asylbewerbern einzuschränken. (smu)
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