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EU-Beitritt

EU-Beitritt der Ukraine: Laut Kommission 90 Prozent der Auflagen erfüllt – Entscheidung im Dezember

Sieben Reformauflagen muss die Ukraine erfüllen, um EU-Mitgliedsstaat zu werden. Laut EU-Kommission seien bereits 90 Prozent erfüllt. Sie empfiehlt Beitrittsverhandlungen, worüber die EU-Mitglieder im Dezember abstimmen.

Update von Mittwoch, 8. November, 14.20 Uhr: Nachdem die EU-Kommission den Mitgliedsländern die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Ukraine und dem Nachbarland Moldau empfohlen hat, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: „Der Fortschritt, den wir in der Ukraine sehen, ist beeindruckend.“ Das Land arbeite täglich hart an den nötigen Reformen für einen EU-Beitritt und habe „über 90 Prozent der nötigen Schritte“ erfüllt.

Als Beispiele nannte von der Leyen den Kampf gegen Korruption, gegen Geldwäsche und die Stärkung des Justizsystems. Ungeachtet des Kriegs hätten die ukrainische Regierung und das Parlament in Kiew „ihre Entschlossenheit gezeigt, die nötigen Reformen für den EU-Beitrittsprozess umzusetzen.“ Zudem zeigten „aktuelle Umfragen, dass rund 90 Prozent der Ukraine eine EU-Mitgliedschaft unterstützen“.

Die Empfehlung ist ein Präzedenzfall: Erstmals schlägt die Kommission die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit einem Land im Krieg vor. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte dies als „richtigen Schritt“ für sein Land wie für Europa. Regierungschef Denys Schmyhal betonte, die Ukraine wolle ein „gleichwertiges, starkes und vollwertiges“ EU-Mitglied werden.

EU-Beitritt der Ukraine – es gibt auch Kritik

Die EU gebe damit ein „deutliches politisches Signal“ in Richtung Moskau, sagte der Ukraine-Berichterstatter Michael Gahler (CDU) dem Deutschlandfunk. Parlaments-Vizepräsidentin Katarina Barley (SPD) sprach von einem „logischen Schritt“. Bei den Beitrittskriterien dürfe es aber „keine Abkürzungen“ für Kiew geben, betonte sie.

Doch es gibt auch Kritik. Der frühere EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte kürzlich in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen davor gewarnt, die Ukraine in die EU aufzunehmen. Sie sei „auf allen Ebenen der Gesellschaft korrupt“, sagte der Luxemburger.

Die Beitrittsverhandlungen nehmen in der Regel Jahre in Anspruch. Im Fall der Ukraine kämen auf die EU riesige Herausforderungen zu, insbesondere bei der Verteidigungspolitik und den milliardenschweren Agrarsubventionen, die umverteilt werden müssten, wie die AFP berichtet. Als Mindestvoraussetzung für einen EU-Beitritt der Ukraine gilt ein Waffenstillstand mit Russland, wie Diplomaten betonen.

Ukraine-Krieg: Die Ursprünge des Konflikts mit Russland

Menschen in Kiews feiern die Unabhängigkeit der Ukraine von der Sowjetunion
Alles begann mit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989. Die Öffnung der Grenzen zunächst in Ungarn leitete das Ende der Sowjetunion ein. Der riesige Vielvölkerstaat zerfiel in seine Einzelteile. Am 25. August 1991 erreichte der Prozess die Ukraine. In Kiew feierten die Menschen das Ergebnis eines Referendums, in dem sich die Bevölkerung mit der klaren Mehrheit von 90 Prozent für die Unabhängigkeit von Moskau ausgesprochen hatte. Im Dezember desselben Jahres erklärte sich die Ukraine zum unabhängigen Staat. Seitdem schwelt der Konflikt mit Russland. © Anatoly Sapronenkov/afp
Budapester Memorandum
Doch Anfang der 1990er Jahre sah es nicht danach aus, als ob sich die neuen Staaten Russland und Ukraine rund 30 Jahre später auf dem Schlachtfeld wiederfinden würden. Ganz im Gegenteil. Im Jahr 1994 unterzeichneten Russland, das Vereinigte Königreich und die USA in Ungarn das „Budapester Memorandum“ – eine Vereinbarung, in der sie den neu gegründeten Staaten Kasachstan, Belarus und der Ukraine Sicherheitsgarantien gaben.  © Aleksander V. Chernykh/Imago
Ukrainedemo, München
Als Gegenleistung traten die drei Staaten dem Atomwaffensperrvertrag bei und beseitigten alle Nuklearwaffen von ihrem Territorium. Es sah danach aus, als ob der Ostblock tatsächlich einen Übergang zu einer friedlichen Koexistenz vieler Staaten schaffen würde. Nach Beginn des Ukraine-Kriegs erinnern auch heute noch viele Menschen an das Budapester Memorandum von 1994. Ein Beispiel: Die Demonstration im Februar 2025 in München.  © Imago
Orangene Revolution in der Ukraine
Bereits 2004 wurde deutlich, dass der Wandel nicht ohne Konflikte vonstattengehen würde. In der Ukraine lösten Vorwürfe des Wahlbetrugs gegen den Russland-treuen Präsidenten Wiktor Janukowytsch Proteste  © Mladen Antonov/afp
Ukraine proteste
Die Menschen der Ukraine erreichten vorübergehend ihr Ziel. Der Wahlsieg Janukowytschs wurde von einem Gericht für ungültig erklärt, bei der Wiederholung der Stichwahl setzte sich Wiktor Juschtschenko durch und wurde neuer Präsident der Ukraine. Die Revolution blieb friedlich und die Abspaltung von Russland schien endgültig gelungen. © Joe Klamar/AFP
Wiktor Juschtschenko ,Präsident der Ukraine
Als der Moskau kritisch gegenüberstehende Wiktor Juschtschenko im Januar 2005 Präsident der Ukraine wurde, hatte er bereits einen Giftanschlag mit einer Dioxinvariante überlebt, die nur in wenigen Ländern produziert wird – darunter Russland. Juschtschenko überlebte dank einer Behandlung in einem Wiener Krankenhaus.  © Mladen Antonov/afp
Tymoschenko Putin
In den folgenden Jahren nach der Amtsübernahme hatte Juschtschenko vor allem mit Konflikten innerhalb des politischen Bündnisses zu kämpfen, das zuvor die demokratische Wahl in dem Land erzwungen hatte. Seine Partei „Unsere Ukraine“ zerstritt sich mit dem von Julija Tymoschenko geführten Parteienblock. Als Ministerpräsidentin der Ukraine hatte sie auch viel mit Wladimir Putin zu tun, so auch im April 2009 in Moskau. © Imago
Das Bündnis zerbrach und Wiktor Janukowitsch nutzte bei der Präsidentschaftswahl 2010 seine Chance.
Das Bündnis zerbrach und Wiktor Janukowytsch nutzte bei der Präsidentschaftswahl 2010 seine Chance. Er gewann die Wahl mit knappem Vorsprung vor Julija Tymoschenko. Amtsinhaber Wiktor Juschtschenko erhielt gerade mal fünf Prozent der abgegebenen Stimmen.  © Yaroslav Debely/afp
Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew, Ukraine, 2014
Präsident Wiktor Janukowytsch wollte die Ukraine wieder näher an Russland führen – auch aufgrund des wirtschaftlichen Drucks, den Russlands Präsident Wladimir Putin auf das Nachbarland ausüben ließ. Um die Ukraine wieder in den Einflussbereich Moskaus zu führen, setzte Janukowytsch im November 2013 das ein Jahr zuvor verhandelte Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union aus.  © Sergey Dolzhenko/dpa
Maidan-Proteste Ukraine
Es folgten monatelange Massenproteste in vielen Teilen des Landes, deren Zentrum der Maidan-Platz in Kiew war. Organisiert wurden die Proteste von einem breiten Oppositionsbündnis, an dem neben Julija Tymoschenko auch die Partei des ehemaligen Boxweltmeisters und späteren Bürgermeisters von Kiew, Vitali Klitschko, beteiligt waren. © Sandro Maddalena/AFP
Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew, der Hauptstadt der Ukraine
Die Forderung der Menschen war eindeutig: Rücktritt der Regierung Janukowiysch und vorgezogene Neuwahlen um das Präsidentenamt. „Heute ist die ganze Ukraine gegen die Regierung aufgestanden, und wir werden bis zum Ende stehen“, so Vitali Klitschko damals. Die Protestbewegung errichtete mitten auf dem Maidan-Platz in Kiew ihr Lager. Janukowytsch schickte die Polizei, unterstützt von der gefürchteten Berkut-Spezialeinheit. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, die über mehrere Monate andauerten. © Sergey Dolzhenko/dpa
Der Platz Euromaidan in Kiew, Hauptstadt der Ukraine, ist nach den Protesten verwüstet.
Die monatelangen Straßenkämpfe rund um den Maidan-Platz in Kiew forderten mehr als 100 Todesopfer. Etwa 300 weitere Personen wurden teils schwer verletzt. Berichte über den Einsatz von Scharfschützen machten die Runde, die sowohl auf die Protestierenden als auch auf die Polizei gefeuert haben sollen. Wer sie schickte, ist bis heute nicht geklärt. Petro Poroschenko, Präsident der Ukraine von 2014 bis 2019, vertrat die These, Russland habe die Scharfschützen entsendet, um die Lage im Nachbarland weiter zu destabilisieren. Spricht man heute in der Ukraine über die Opfer des Maidan-Protests, nennt man sie ehrfürchtig „die Himmlischen Hundert“. © Sergey Dolzhenko/dpa
Demonstranten posieren in der Villa von Viktor Janukowitsch, ehemaliger Präsident der Ukraine
Nach rund drei Monaten erbittert geführter Kämpfe gelang dem Widerstand das kaum für möglich Gehaltene: Die Amtsenthebung Wiktor Janukowytschs. Der verhasste Präsident hatte zu diesem Zeitpunkt die UKraine bereits verlassen und war nach Russland geflohen. Die Menschen nutzten die Gelegenheit, um in der prunkvollen Residenz des Präsidenten für Erinnerungsfotos zu posieren. Am 26. Februar 2014 einigte sich der „Maidan-Rat“ auf eigene Kandidaten für ein Regierungskabinett. Präsidentschaftswahlen wurden für den 25. Mai anberaumt. Die Ukraine habe es geschafft, eine Diktatur zu stürzen, beschrieb zu diesem Zeitpunkt aus der Haft entlassene Julija Tymoschenko die historischen Ereignisse.  © Sergey Dolzhenko/dpa
Ein Mann stellt sich in Sewastopol, eine Stadt im Süden der Krim-Halbinsel, den Truppen Russlands entgegen.
Doch der mutmaßliche Frieden hielt nicht lange. Vor allem im Osten der Ukraine blieb der Jubel über die Absetzung Janukowytschs aus. Gouverneure und Regionalabgeordnete im Donbass stellten die Autorität des Nationalparlaments in Kiew infrage. Wladimir Putin nannte den Umsturz „gut vorbereitet aus dem Ausland“. Am 1. März schickte Russlands Präsident dann seine Truppen in den Nachbarstaat. Wie Putin behauptete, um die russischstämmige Bevölkerung wie die auf der Krim stationierten eigenen Truppen zu schützen. In Sewastopol, ganz im Süden der Halbinsel gelegen, stellte sich ein unbewaffneter Mann den russischen Truppen entgegen. Aufhalten konnte er sie nicht. © Viktor Drachev/afp
Bürgerkrieg in Donezk, eine Stadt im Donbas, dem Osten der Ukraine
Am 18. März 2014 annektierte Russland die Halbinsel Krim. Kurz darauf brach im Donbass der Bürgerkrieg aus. Mit Russland verbündete und von Moskau ausgerüstete Separatisten kämpften gegen die Armee und Nationalgarde Kiews. Schauplatz der Schlachten waren vor allem die Großstädte im Osten der Ukraine wie Donezk (im Bild), Mariupol und Luhansk. © Chernyshev Aleksey/apf
Prorussische Separatisten kämpfen im Donbas gegen Einheiten der Ukraine
Der Bürgerkrieg erfasste nach und nach immer mehr Gebiete im Osten der Ukraine. Keine der Parteien konnte einen nachhaltigen Sieg erringen. Prorussische Separatisten errichteten Schützengräben, zum Beispiel nahe der Stadt Slawjansk. Bis November 2015 fielen den Kämpfen laut Zahlen der Vereinten Nationen 9100 Menschen zum Opfer, mehr als 20.000 wurden verletzt. Von 2016 an kamen internationalen Schätzungen zufolge jährlich bis zu 600 weitere Todesopfer dazu. © Michael Bunel/Imago
Trümmer von Flug 17 Malaysian Airlines nach dem Abschuss nahe Donezk im Osten der Ukraine
Aufmerksam auf den Bürgerkrieg im Osten der Ukraine wurde die internationale Staatengemeinschaft vor allem am 17. Juli 2014, als ein ziviles Passagierflugzeug über einem Dorf nahe Donezk abstürzte. Alle 298 Insassen kamen ums Leben. Die Maschine der Fluggesellschaft Malaysian Airlines war von einer Boden-Luft-Rakete getroffen worden. Abgefeuert hatte die Rakete laut internationalen Untersuchungen die 53. Flugabwehrbrigade der Russischen Föderation. In den Tagen zuvor waren bereits zwei Flugzeuge der ukrainischen Luftwaffe in der Region abgeschossen worden. © ITAR-TASS/Imago
Russlands Präsident Putin (l.), Frankreichs Präsident Francois Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Petro Poroschenko in Minsk
Die Ukraine wollte den Osten des eigenen Landes ebenso wenig aufgeben wie Russland seine Ansprüche darauf. Im September 2014 kamen deshalb auf internationalen Druck Russlands Präsident Putin (l.), Frankreichs Präsident François Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Petro Poroschenko in Minsk zusammen. In der belarussischen Hauptstadt unterzeichneten sie das „Minsker Abkommen“, das einen sofortigen Waffenstillstand und eine schrittweise Demilitarisierung des Donbass vorsah. Die OSZE sollte die Umsetzung überwachen, zudem sollten humanitäre Korridore errichtet werden. Der Waffenstillstand hielt jedoch nicht lange und schon im Januar 2015 wurden aus zahlreichen Gebieten wieder Kämpfe gemeldet. © Mykola Lazarenko/afp
Wolodymyr Selenskyj feiert seinen Sieg bei der Präsidentschaftswahl in der Ukraine 2019
Während die Ukraine im Osten zu zerfallen drohte, ereignete sich in Kiew ein historischer Machtwechsel. Wolodymyr Selenskyj gewann 2019 die Präsidentschaftswahl und löste Petro Poroschenko an der Spitze des Staates ab.  © Genya Savilov/afp
Wolodymyr Selenskyj
Selenskyj hatte sich bis dahin als Schauspieler und Komiker einen Namen gemacht. In der Comedy-Serie „Diener des Volkes“ spielte Selenskyj von 2015 bis 2017 bereits einen Lehrer, der zunächst Youtube-Star und schließlich Präsident der Ukraine wird. Zwei Jahre später wurde die Geschichte real. Selenskyj wurde am 20. Mai 2019 ins Amt eingeführt. Kurz darauf löste der bis dato parteilose Präsident das Parlament auf und kündigte Neuwahlen an. Seine neu gegründete Partei, die er nach seiner Fernsehserie benannte, erzielte die absolute Mehrheit.  © Sergii Kharchenko/Imago
Russische Separatisten in der Ost-Ukraine
Selenskyj wollte nach seinem Wahlsieg die zahlreichen innenpolitischen Probleme der Ukraine angehen: vor allem die Bekämpfung der Korruption und die Entmachtung der Oligarchen. Doch den neuen, russland-kritischen Präsidenten der Ukraine holten die außenpolitischen Konflikte mit dem Nachbarn ein. © Alexander Ryumin/Imago
Ukraine Militär
Im Herbst 2021 begann Russland, seine Truppen in den von Separatisten kontrollierte Regionen in der Ost-Ukraine zu verstärken. Auch an der Grenze im Norden zog Putin immer mehr Militär zusammen. Selenskyj warnte im November 2021 vor einem Staatsstreich, den Moskau in der Ukraine plane. Auch die Nato schätzte die Lage an der Grenze als höchst kritisch ein. In der Ukraine wurden die Militärübungen forciert. © Sergei Supinsky/AFP
Putin
Noch drei Tage bis zum Krieg: Am 21. Februar 2022 unterzeichnet der russische Präsident Wladimir Putin verschiedene Dekrete zur Anerkennung der Unabhängigkeit der Volksrepubliken Donezk und Lugansk. © Alexey Nikolsky/AFP
Explosion in Kiew nach Beginn des Ukraine-Kriegs mit Russland
Am 24. Februar 2022 wurde der Ukraine-Konflikt endgültig zum Krieg. Russische Truppen überfielen das Land entlang der gesamten Grenze. Putins Plan sah eine kurze „militärische Spezialoperation“, wie die Invasion in Russland genannt wurde, vor. Die ukrainischen Streitkräfte sollten mit einem Blitzkrieg in die Knie gezwungen werden. Moskau konzentrierte die Attacken auf Kiew. Innerhalb weniger Tage sollte die Hauptstadt eingenommen und die Regierung Selenskyjs gestürzt werden. Doch der Plan scheiterte und nach Wochen intensiver Kämpfe und hoher Verluste in den eigenen Reihen musste sich die russische Armee aus dem Norden des Landes zurückziehen. Putin konzentrierte die eigene Streitmacht nun auf den Osten der Ukraine. © Ukrainian President‘s Office/Imago
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, bei einer Fernsehansprache aus Kiew
Seit Februar 2022 tobt nun der Ukraine-Krieg. Gesicht des Widerstands gegen Russland wurde Präsident Wolodymyr Selenskyj, der sich zu Beginn des Konflikts weigerte, das Angebot der USA anzunehmen und das Land zu verlassen. „Ich brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit“, sagte Selenskyj. Die sollte er bekommen. Zahlreiche westliche Staaten lieferten Ausrüstung, Waffen und Kriegsgerät in die Ukraine. Hunderttausende Soldaten aus beiden Ländern sollen bereits gefallen sein, ebenso mehr als 10.000 Zivilpersonen. Ein Ende des Kriegs ist nach wie vor nicht in Sicht. © Ukraine Presidency/afp

EU-Beitritt der Ukraine: Kommission empfiehlt Verhandlungen – Entscheidung im Dezember

Update von Mittwoch, 8. November, 12.40 Uhr: Die EU-Kommission empfiehlt die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine. Vor der ersten Gesprächsrunde soll das Land allerdings begonnene Reformen abschließen müssen. Das geht nach dpa-Informationen aus einem vorgelegten Bericht der Behörde unter der Leitung von Ursula von der Leyen hervor. Sie sprach von einem „historischen Tag“.

Auf Grundlage neuer Bewertungen können zudem auch Moldau und eingeschränkt Bosnien-Herzegowina auf einen Start von EU-Beitrittsverhandlungen hoffen. Georgien sollte nach Ansicht der EU-Kommission den Status eines Beitrittskandidaten bekommen können. Dies ist der erste Schritt im Beitrittsprozess.

Sollten die Regierungen der EU-Staaten der Empfehlung der EU-Kommission zustimmen, könnten erstmals in der Geschichte der EU Beitrittsverhandlungen mit einem Land im Krieg geführt werden. Ob die Empfehlungen umgesetzt werden, muss nun einstimmig von den EU-Staaten entschieden werden. Die Ukraine hofft, dass die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder bei ihrem letzten regulären Gipfeltreffen des Jahres am 14. und 15. Dezember ihre Zustimmung zum Start der Beitrittsverhandlungen geben.

EU-Beitritt der Ukraine: Kommission empfiehlt Verhandlungen – Von der Leyen stellt Plan vor

Update von Mittwoch, 8. November, 12.30 Uhr: Die EU-Kommission empfiehlt die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine. Vor der ersten Gesprächsrunde soll das Land allerdings begonnene Reformen abschließen müssen. Das geht laut dpa-Informationen aus einem am Mittwoch vorgelegten Bericht der Brüsseler Behörde für die EU-Mitgliedstaaten hervor.

EU-Erweiterung steht bevor: von der Leyen stellt Plan für Ukraine vor

Erstmeldung von Mittwoch, 8. November, 11.30 Uhr: Brüssel - Zwischen Raketenangriffen und Panzer-Attacken: Die Ukraine ist trotz des Krieges mit Russland weiterhin bestrebt, in die EU aufgenommen zu werden. Am Mittwoch, 8. November, wird die EU-Kommission laut dpa-Informationen eine klare Empfehlung abgeben, ob und wie die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine geführt werden können.

Dass diese Diskussion überhaupt geführt wird, war Anfang 2022 noch undenkbar. Die Ukraine war bekannt für ihre Korruption auf höchster Ebene, Defizite bei der Rechtsstaatlichkeit und einen zweifelhaften Umgang mit nationalen Minderheiten. Gut 20 Monate nach dem Beginn des russischen Angriffs gegen das osteuropäische Land ist die Welt eine andere: Die Ukraine ist nun ein ernstzunehmender Kandidat für den Beitritt zur EU.

Ukraine will zur EU beitreten: Auflagen bei Korruptionsbekämpfung und Medienfreiheit

Ursula von der Leyen mit Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Beim EU-Kommissionsbericht könnte sie eine Empfehlung zum Beitritt der Ukraine zur EU aussprechen.

Bereits im Juni 2022 wurde der Ukraine der Kandidatenstatus verliehen wurde. Damals vereinbarten die EU-Staaten mit dem Land, dass für den nächsten Schritt im Beitrittsprozess sieben Reformauflagen erfüllt werden müssen. Die EU verlangt von der Ukraine unter anderem eine stärkere Korruptionsbekämpfung, die Einhaltung von Standards im Kampf gegen Geldwäsche und ein Gesetz gegen den übermäßigen Einfluss von Oligarchen. Zudem geht es um Medienfreiheit und den Schutz von nationalen Minderheiten. Am heutigen Mittwoch, 8. November, bewertet die EU-Kommission nun, wie weit die Ukraine mit den Reformen bislang gekommen ist.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen forderte bei einem Besuch in Kiew eine noch nachdrücklichere Korruptionsbekämpfung und die Verabschiedung des neuen Gesetzes über Lobbytätigkeiten, wie dpa berichtete. Zudem mahnte sie die Verschärfung von Vorschriften über die Angabe von Vermögenswerten sowie die vollständige Umsetzung von Empfehlungen zum Schutz von nationalen Minderheiten an.

Bewerbung als EU-Land: Ukraine braucht Einstimmigkeit der EU-Staaten

Das ist vor allem dem EU-Land Ungarn wichtig. Die Regierung in Budapest war in der Vergangenheit der Meinung, dass die Ukraine die Rechte der ungarischen ethnischen Minderheit in der Region Transkarpatien verletzt. Dies geschehe zum Beispiel über ein Bildungsgesetz, das den Schulunterricht in den Sprachen der Minderheiten nur noch in eingeschränkter Form zulässt. Sollte die Ukraine bei den Reformen nicht liefern, riskiert sie, dass es Vetos gibt. Alle relevanten Entscheidungen zum Beitrittsprozess erfordern Einstimmigkeit unter den EU-Staaten.

Nach dpa-Informationen wird von der Leyen eine positive Bewertung der Reformfortschritte des Landes präsentieren und den Regierungen der EU-Staaten offiziell die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen empfehlen. Demnach geht die EU-Kommission davon aus, dass noch ausstehende Reformschritte von der Ukraine in kurzer Zeit erledigt werden können und die Grundsatzentscheidung über den Start von Beitrittsverhandlungen nicht verschoben werden muss.

Entscheidung über Beitrittsverhandlungen mit Ukraine: EU-Gipfel im Dezember

  • Die sieben Reformauflagen
  • Reform des Verfassungsgerichts (Minimierung des politischen Einflusses)
  • Justizreform, unabhängige Besetzung der Gremien High Council of Justice (HCJ) und High Qualification Commission of Judges (HQCJ)
  • Bekämpfung der Korruption mithilfe des Specialised Anti-Corruption Prosecutor’s Office (SAP) und des National Anti-Corruption Bureau of Ukraine (NABU)
  • Kampf gegen Geldwäsche
  • Entmachtung der Oligarchen, Schaffung eines Oligarchenregisters
  • Änderung der Mediengesetzgebung
  • Neue Gesetzgebung zum Minderheitenschutz

Die Zustimmung der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten könnte bei dem EU-Gipfel am 14. und 15. Dezember erfolgen. Um sicherzustellen, dass die Ukraine auch noch die bislang nicht erfüllten Auflagen abhakt, würde dann vermutlich vereinbart werden, weitere notwendige Entscheidungen für die Verhandlungen davon abhängig zu machen.

Denn erst wenn die Auflagen angemessen erfüllt werden, können im nächsten Schritt die Beitrittsverhandlungen beginnen. Über diese Verhandlungen wird sichergestellt, dass ein Bewerberland alle EU-Rechtsvorschriften in nationales Recht übernimmt.

Ukraine als EU-Mitgliedsstaat: Vor Kriegsende eher unwahrscheinlich

Sowohl die EU als auch die Ukraine wollen den Beitrittsprozess so schnell wie möglich vorantreiben, um den mehr als 40 Millionen Ukrainern zu zeigen, dass sie eine Perspektive haben, EU-Bürger zu werden. Der Start der Beitrittsverhandlungen könnte zudem ein weiteres Zeichen sein, dass es sich lohnt, für Freiheit und Demokratie zu kämpfen. „Sie kämpfen nicht nur für Ihre eigene Freiheit, Demokratie und Zukunft, sondern auch für unsere“, sagte von der Leyen.

Wie lange es allerdings tatsächlich noch dauert, bis die Ukraine der EU beitreten kann, lässt sich noch nicht genau sagen. Die Türkei etwa wurde 1999 EU-Kandidat - und war wohl noch nie weiter von einer Mitgliedschaft entfernt als heute. Theoretisch kann ein Beitrittskandidat auch nie Mitglied werden.

Dass die Ukraine vor Kriegsende Mitglied der EU wird, ist allerdings unwahrscheinlich. Denn während des Ukraine-Krieges könnte Kiew als EU-Mitgliedsstatt nach Artikel 42, Absatz 7 des EU-Vertrags militärischen Beistand von anderen EU-Staaten einfordern - die EU wäre offiziell Kriegspartei.

Bewerbung als EU-Mitglied: Moldau und Westbalkan-Länder im Gespräch

Laut AFP-Informationen könnte die EU-Kommission in ihrem Bericht neben der Empfehlung zu Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine auch den Beitritt des Nachbarlandes Moldau befürworten. Georgien sei hingegen nicht mehr im Gespräch, da es auch nicht den Kandidatenstatus erhalten hat.

Auch die Türkei ist ein Kandidatenland, die Verhandlungen mit der EU sind jedoch seit Jahren eingefroren. Im Kommissionsbericht sollen indes auch die die Fortschritte der Westbalkan-Länder wie Serbien, das Kosovo und Bosnien-Herzegowina thematisiert werden. (Lisa Mariella Löw)

Rubriklistenbild: © Ukrainisches Präsidialamt/Planet/dpa

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