Israel-Palästina-Konflikt
„Skandalös“ und „abscheulich“: Diplomatischer Streit zwischen Israel und Spanien eskaliert
Spanien zählt zu den schärfsten Kritikern Israels in Gaza. Ein provokantes Video von Israels Außenminister Katz heizt den Streit beider Länder weiter an. Spaniens Außenminister reagiert.
Tel Aviv/Madrid – Infolge der geplanten Anerkennung eines Staates Palästina durch Spanien, scheint sich der diplomatische Konflikt zwischen dem Staat auf der iberischen Halbinsel und Israel nun täglich weiter zuzuspitzen. Am Sonntag bezeichnete der spanische Außenminister José Manuel Albares ein Video, das der israelische Außenminister Israel Katz zuvor auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) veröffentlicht hatte, als „skandalös“ und „abscheulich“.
Im von Katz geteilten 18 Sekunden langen Video werden Aufnahmen des Terrorangriffs der islamistischen Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 gezeigt, während die Videosequenz immer wieder von Szenen eines Paares beim Flamenco-Tanz unterbrochen wird. In großen Lettern prangt in dem Video: „Hamas: Gracias España“ (dt.: „Hamas: Danke, Spanien“).
Außenminister Albares: Spanien wird sich nicht „vom Weg des Friedens abbringen“ lassen
Albares sagte am Sonntag in Brüssel: „Niemand wird uns einschüchtern, und wir werden uns auch nicht auf Provokationen einlassen, die uns vom Weg des Friedens abbringen.“ Erst am Samstag hatte der spanische Außenminister Israel zum sofortigen Ende seines Militäreinsatzes in Rafah im Süden des Gazastreifens aufgefordert, wie es auch der Internationale Gerichtshof (IGH) zuvor angeordnet hatte.
Am Sonntag ereignete sich dann allerdings ein weiterer verheerender israelischer Luftangriff auf Rafah. Nach Angaben von Hilfsorganisationen sind dabei zahlreiche Menschen in einem Zeltlager mit geflüchteten Zivilisten ums Leben gekommen. Arabische Staaten werfen Israel vor, den Angriff gezielt auf die Geflüchteten gerichtet zu haben. Israel hingegen bezeichnete den Angriff als einen „Präzisionsschlag“ gegen die Hamas.
Im ohnehin schon lodernden Streit zwischen Spanien und Israel dürfte dies nun weiteres Öl ins Feuer gießen. Und auch in Anbetracht der aktuellen Anschuldigungen der spanischen Verteidigungsministerin Margarita Robles gegen Israel, in Gaza „einen wahren Völkermord“ zu begehen, dürfte sich Robles nach Israels jüngstem Angriff auf Rafah in ihrer Haltung bestätigt sehen.
Spanien, Irland und Norwegen fordern von Israel eine Anerkennung Palästinas als Staat
Dabei wird schon seit Monaten überdeutliches Unverständnis aus Spanien entgegen dem Vorgehen Israels in Gaza und besonders in Rafah laut. Und überhaupt gehört Spanien zu den schärfsten Kritikern des militärischen Vorgehens Israels in Gaza. So setzte die linke Regierung unter Ministerpräsident Pedro Sánchez in Madrid bereits im Oktober alle Waffenexporte nach Israel aus.
Vergangenen Mittwoch dann forderte Spanien den israelischen Staat gemeinsam mit Norwegen und Irland auf, Palästina als Staat anzuerkennen. Obwohl die Mehrheit der UN-Mitgliedsstaaten Palästina inzwischen als Staat anerkennt, gilt dies nicht für westliche Nationen wie die USA und Großbritannien sowie die Mehrzahl der EU-Staaten, darunter Deutschland und Frankreich.
Eine Anerkennung Palästinas als Staat gilt als bedeutender Anreiz für die palästinensische Seite, im Fall von Friedensverhandlungen Zugeständnisse zu machen. Kritikerinnen und Kritiker einer Anerkennung wenden jedoch ein, in Palästina fehle es an wichtigen Kriterien, einen derartigen Schritt realisieren zu können. So etwa ist die Grenze zwischen Israel und Palästina weiterhin strittig. Selbes gilt auch für den politischen Status von Ostjerusalem.
Israel reagiert mit Einschränkungen gegen Spanien auf Forderungen einer Anerkennung Palästinas
Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtete, reagierte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu empört auf die gemeinsame Forderung Irlands, Norwegens und Spaniens. Demnach soll Netanjahu die Botschafter der Staaten ins Außenministerium einberufen haben, um ihnen eine Rüge zu erteilen. Auch kündigte Israels Außenminister Katz bereits am Donnerstag Einschränkungen für die Arbeit spanischer Diplomaten in Israel an.
Der spanischen Botschaft in Tel Aviv und dem spanischen Generalkonsulat in Ostjerusalem sei es somit bis auf Weiteres untersagt, ihre Dienste für Palästinenserinnen und Palästinenser aus dem von Israel besetzten Westjordanland anzubieten, teilte Außenminister Israel Katz am Donnerstag auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) mit.
In response to Spain's recognition of a Palestinian state and the antisemitic call by Spain's Deputy Prime Minister to not just recognize a Palestinian state but to 'liberate Palestine from the river to the sea,' I have decided to sever the connection between Spain's…
— ישראל כ”ץ Israel Katz (@Israel_katz) May 24, 2024
Begründet wurde die Maßnahme Israels mit einer vorangegangenen Äußerung der zweiten Vizepräsidentin der linken Koalitionsregierung Spaniens und Ministerin für Arbeit und Sozialwirtschaft, Yolanda Diáz. Die Arbeitsministerin hatte vergangene Woche eine Rede, in der sie die Europäische Union aufforderte, ihre Beziehungen zu Israel abzubrechen, die Redewendung „Palästina wird frei sein vom Fluss bis zum Meer“ verwendet.
Spanische Arbeitsministerin erklärt sich für Verwendung von Palästina-Slogan
Mit dieser häufig publik gemachten Forderung von Unterstützerinnen und Unterstützern Palästinas ist gemeint, es solle ein freies Palästina geben auf einem Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer – dort, wo sich das gegenwärtige Staatsgebiet Israels befindet. Die Formulierung wird als antisemitisch verstanden, weil sie den palästinensischen Hoheitsanspruch ausdrückt und Israels das Existenzrecht abspricht.
Bilder zeigen, wie der Krieg in Israel das Land verändert




Wie die Times of Israel am Sonntag berichtete, erklärte Díaz gegenüber der Nachrichtenagentur EFE, dass der von ihr verwendete Slogan kein Aufruf zur ethnischen Säuberung Israels von Juden darstellen sollte, wie ihre Kritiker behaupten. Dienen sollte er als Befürwortung, dass „Israel und Palästina eine Zukunft in Frieden und Wohlstand teilen müssen“, betonte Díaz gegenüber EFE. „Ich bin nicht antisemitisch“, fügte sie hinzu und reagierte damit auf die entsprechende Kritik mehrerer jüdischer Gruppen in Spanien und darüber hinaus. (fh)
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