Im August soll in Nord- und Ostsyrien gewählt werden. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will das verhindern, um einen „Terrorstaat“ zu verhindern.
Ankara – Das türkische Militär greift immer wieder Ziele in Nordostsyrien (Kurdisch: Rojava) an . Offiziell begründet Ankara die Militäraktionen mit dem Kampf gegen Terrorismus. Insbesondere die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien und die Syrisch-Demokratischen-Kräfte (SDF) sind für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ein Dorn im Auge. Am Samstag griff Erdogan erneut die Führung in der Nachbarregion an.
Die anstehenden Kommunalwahlen Mitte August will die Türkei verhindern. „Es gibt keine Wahlen, das sollten wir zuerst klarstellen“, sagte der Staatschef unmissverständlich vor Journalisten nach seiner Rückkehr von Besuchen in Spanien und Italien. „Es gibt einen Plan, der darauf abzielt, eine terroristische Organisation zu legitimieren und einen Terrorstaat in der Region zu errichten.“
Erdogan schickt seinen Außenminister nach Russland Erdogan verwies darauf, dass sein Außenminister Hakan Fidan „kritische“ Gespräche mit Präsident Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow geführt habe. „Die Terrororganisation PKK und andere werden keine Gelegenheit haben, in Syrien frei zu agieren. Sollte eine solche Situation eintreten, werden wir sicherlich unsere Einheiten entsprechend mobilisieren. Wir werden nicht zulassen, dass direkt vor unserer Nase ein Terrorstaat errichtet wird. Wir werden nie und nimmer zögern, alles zu tun, was notwendig ist, um dies zu erreichen“. Erdogan sagte, dass die Türkei solche Pläne in der Vergangenheit erfolgreich vereitelt habe.
Der Deutschland-Vertreter der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, Khaled Davrisch, hat im Gespräch mit fr.de von IPPEN.MEDIA kein Verständnis für die Worte des türkischen Präsidenten gezeigt. „Im Zuge der bevorstehenden Kommunalwahlen möchten wir betonen, dass unser Ziel darin besteht, mehr Stabilität in die Region zu bringen. Eine gesteigerte Stabilität in Nord- und Ostsyrien oder gar in ganz Syrien würde der Türkei bessere Chancen bieten, ihre inneren Herausforderungen zu bewältigen“. Man wolle eine umfassende Lösung für ganz Syrien zu erreichen. „Präsident Erdogan hat hierbei nicht die Wahlen im Fokus. Es ist wichtig zu betonen, dass die Unterdrückung von Minderheiten, Massaker und Vertreibungen in der heutigen Türkei bereits vor der Gründung der PKK stattgefunden haben“.
Offenbar sucht die türkische Regierung nach Vorwänden, weiterhin die Gegend militärisch anzugreifen. „Die Behauptung, er wolle einen PKK-Staat verhindern, dient lediglich als Vorwand, um die demokratisch aufgebaute Selbstverwaltung durch verschiedene Ethnien in Nord- und Ostsyrien zu eliminieren. Wir setzen uns weiterhin für eine friedliche und stabile Zukunft für alle Menschen in der Region ein“, so Davrisch.
Recep Tayyip Erdoğan: Der Weg zur Macht des türkischen Präsidenten Armut, Haft, absolute Macht: Der Sohn eines Küstenschiffers wird in einer politischen Karriere vom eifrigen Koranschüler zum absoluten Machthaber in der Türkei. Recep Tayyip Erdogans Weg kann getrost unüblich genannt werden. Aufgewachsen in einem religiösen, doch armen Vorort von Istanbul macht er als talentierter Fußballer auf sich aufmerksam. Der religiöse Vater verbietet den Traum vom Fußball und schickt ihn auf eine Religionsschule, auf welcher er ein neues Talent entdeckt. Die freie Rede ist damals eines der wichtigsten Fächer und der junge Recep macht schon damals mit seinem Redetalent auf sich aufmerksam und konnte aufgrund des ISKI-Skandals als Außenseiter Bürgermeister Istanbuls werden. © Mehmet Gulbiz/dpa Es folgte ein großer Wahlerfolg seiner Partei bei den Parlamentsgutswahlen 2002. Zwar durfte Erdogan aufgrund eines Gedichtes, für welches er zu einem Politikverbot und einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, nicht das Amt des Ministerpräsidenten nicht einnehmen. Dafür installierte er seinen Parteikollegen Abdullah Gül in dem Amt, welcher kurzerhand die Gesetze änderte, um das Vergehen, welches Erdogan ein Politikverbot einbrachte, umschrieb. © Jeff_J._Mitchell/Imago Nachdem Gül die Verfassungsänderung durchgebracht hatte, und eine Annullierung der Wahl in der Provinz Siirt stattfand, konnte er nachträglich als Abgeordneter ins Parlament einziehen. Somit war er erneut offiziell Politiker und in der Lage, Ämter innezuhaben. Er wurde am 12. März 2003 Ministerpräsident und Gül übernahm den Posten des Außenministers. Hier auf diesem Foto wird Erdogan als Parlamentsabgeordneter vereidigt. © Anadolu Ajansi/dpa Erdogan wurde am 12. März 2003 Ministerpräsident, Abdullah Gül übernahm den Posten des Außenministers. Zunächst öffnete sich die Türkei dem Westen und schuf etwa die Todesstrafe ab. Außenpolitisch verfolgte Erdogan zudem anfangs eine Annäherung an die EU, sodass ein möglicher Beitritt im Raum stand. Auch verbesserte sich das Verhältnis der Türkei zu ihren östlichen Nachbarn deutlich. © dpa/epa Der nächste politische und wirtschaftliche Erfolg ist die Abzahlung sämtlicher Schulden, welche die Türkei in 19 Jahren als Schuldner bei der IWF und Weltbank hatten. Die Türkei hat sich in 50 Jahren fast 47 Milliarden US-Dollar aus dem Fonds geliehen. Nachdem bei Verhandlungen keine Einigung über eine neue Standby-Vereinbarung getroffen werden konnte, entschied sich die Türkei den Rest der Schulden 2009 anlässlich der Jahrestagung der IWF und Weltband (siehe Bild) zu tilgen. Der nächste politische und wirtschaftliche Erfolg ist die Abzahlung sämtlicher Schulden, welche die Türkei in 19 Jahren als Schuldner bei der IWF und Weltbank hatten. Die Türkei hat sich in 50 Jahren fast 47 Milliarden US-Dollar aus dem Fonds geliehen. Nachdem bei Verhandlungen keine Einigung über eine neue Standby-Vereinbarung getroffen werden konnte, entschied sich die Türkei den Rest der Schulden 2009 anlässlich der Jahrestagung der IWF und Weltband (siehe Bild) zu tilgen. © epa Jaffe / Imf Handout Auf diesen auch international anerkannten politischen Erfolg folgte noch im selben Jahr ein Eklat. Als Israels Premierminister Shimon Peres das Vorgehen seines Staates im Gazastreifen rechtfertigte, fragte er Erdogan, wie er auf einen Raketenbeschuss Istanbuls reagieren würde. Erdogan reagierte verärgert und rief: „One Minute(s)! One Minute(s)!“ Daraufhin gab ihm der Moderator wieder das Wort. Er kritisierte Israels Vorgehen gegen die palästinensische Bevölkerung und warf der Israels Regierung vor, bewusst unschuldige Zivilisten und Kinder getötet zu haben. Währenddessen versuchte der Moderator immer wieder, Erdogans Rede zu beenden. Erdogan war der Ansicht, die Redezeit sei unfair verteilt und verließ das Podium. Auf diesen auch international anerkannten politischen Erfolg folgte noch im selben Jahr ein Eklat. Als Israels Premierminister Shimon Peres das Vorgehen seines Staates im Gazastreifen rechtfertigte, fragte er Erdogan, wie er auf einen Raketenbeschuss Istanbuls reagieren würde. Erdogan reagierte verärgert und rief: „One Minute(s)! One Minute(s)!“ Daraufhin gab ihm der Moderator wieder das Wort. Er kritisierte Israels Vorgehen gegen die palästinensische Bevölkerung und warf der Israels Regierung vor, bewusst unschuldige Zivilisten und Kinder getötet zu haben. Währenddessen versuchte der Moderator immer wieder, Erdogans Rede zu beenden. Erdogan war der Ansicht, die Redezeit sei unfair verteilt und verließ das Podium. © dpa/epa Der Eklat in Davos und nachfolgende Abreise des türkischen Staatschefs hatten zur Folge, dass Erdogan von Anhängern der Hamas-Bewegung auf Demonstrationen gefeiert wurde. Aber auch in seiner türkischen Heimat stieß er mit seinen Worten auf fruchtbaren Boden und wurden auch von seinen eigenen Anhängern für diese Aktion gefeiert. Am Istanbuler Flughafen waren Flaggen sowie Spruchbänder mit Texten wie „Willkommen zurück, Eroberer von Davos“ oder „Welt, schau auf unseren Ministerpräsidenten“ zu sehen. Der Eklat in Davos und nachfolgende Abreise des türkischen Staatschefs hatten zur Folge, dass Erdogan von Anhängern der Hamas-Bewegung auf Demonstrationen gefeiert wurde. Aber auch in seiner türkischen Heimat stieß er mit seinen Worten auf fruchtbaren Boden und wurden auch von seinen eigenen Anhängern für diese Aktion gefeiert. Am Istanbuler Flughafen waren Flaggen sowie Spruchbänder mit Texten wie „Willkommen zurück, Eroberer von Davos“ oder „Welt, schau auf unseren Ministerpräsidenten“ zu sehen. © Nabil Mounzer/dpa/epa Allzu lange hielt diese innertürkische Zufriedenheit mit ihrem Staatschef jedoch nicht vor. Am 28. Mai 2013 beginnen in der Türkei Dauerproteste gegen Erdogan. Ursprung war eine Demonstration gegen ein geplantes Bauprojekt auf dem Gelände des Gezi-Parks, woher die Protestwelle ihren Namen hat. Ein übermäßiger Gewalteinsatz seitens der Polizei sorgte für die Eskalation der Proteste. Schnell fanden weitere Proteste in großen türkischen Städten gegen die als autoritär angesehene Regierung Erdogans AKP statt. Allzu lange hielt diese innertürkische Zufriedenheit mit ihrem Staatschef jedoch nicht vor. Am 28. Mai 2013 beginnen in der Türkei Dauerproteste gegen Erdogan. Ursprung war eine Demonstration gegen ein geplantes Bauprojekt auf dem Gelände des Gezi-Parks, woher die Protestwelle ihren Namen hat. Ein übermäßiger Gewalteinsatz seitens der Polizei sorgte für die Eskalation der Proteste. Schnell fanden weitere Proteste in großen türkischen Städten gegen die als autoritär angesehene Regierung Erdogans AKP statt. © Tolga Bozoglu/dpa Bei den Protesten spielte auch die Besetzung des Taskim-Platzes eine große Rolle. Rund um den Platz herum fanden Ausschreitungen und gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Demonstranten statt. Es wurde zu einem Symbol von Widerstand gegen Polizeigewalt. In Anlehnung auf den Arabischen Frühling wurden die Proteste dort auch als „Türkischer Frühling“ bekannt. Am 12. Juni 2013 wurde der Platz, erneut mit hoher Polizeigewalt, geräumt. Bei den Protesten spielte auch die Besetzung des Taskim-Platzes eine große Rolle. Rund um den Platz herum fanden Ausschreitungen und gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Demonstranten statt. Es wurde zu einem Symbol von Widerstand gegen Polizeigewalt. In Anlehnung auf den Arabischen Frühling wurden die Proteste dort auch als „Türkischer Frühling“ bekannt. Am 12. Juni 2013 wurde der Platz, erneut mit hoher Polizeigewalt, geräumt. © Burak Akbulut/Anadolu Agency/dpa Doch weitere Proteste sollten folgen. Diesmal sehr persönlich an Erdogan gerichtet. Auslöser war ein angeblicher Mitschnitt eines Telefonates mit seinem Sohn Bilal, indem es darum geht, wie sie Millionensummen vor Korruptionsermitteln verstecken können. „Wir haben hier auch 30 Millionen Euro!“, riefen die Demonstranten, die sich erneut nahe dem Taskim-Platz sammelten. Sie verteilten große Menschen Falschgeld, um auf Korruption aufmerksam zu machen. Doch weitere Proteste sollten folgen. Diesmal sehr persönlich an Erdogan gerichtet. Auslöser war ein angeblicher Mitschnitt eines Telefonates mit seinem Sohn Bilal, indem es darum geht, wie sie Millionensummen vor Korruptionsermitteln verstecken können. „Wir haben hier auch 30 Millionen Euro!“, riefen die Demonstranten, die sich erneut nahe dem Taskim-Platz sammelten. Sie verteilten große Menschen Falschgeld, um auf Korruption aufmerksam zu machen. © Imago Seit Herbst 2014 residiert Erdogan im Präsidentschaftspalast im Naturschutzgebiet Atatürk Orman Çiftliği in der Hauptstadt Ankara. Der Gebäudekomplex gilt umstritten – unter anderem, weil er trotz eines gerichtlichen Verbots errichtet wurde. Kritisiert werden darüber hinaus die Größe des Palasts: rund 1000 Zimmer sollen vorhanden sein. Weiter waren die Kosten in Höhe von etwa 1,37 Milliarden Türkische Lira enorm für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Seit Herbst 2014 residiert Erdogan im Präsidentschaftspalast im Naturschutzgebiet Atatürk Orman Çiftliği in der Hauptstadt Ankara. Der Gebäudekomplex gilt umstritten – unter anderem, weil er trotz eines gerichtlichen Verbots errichtet wurde. Kritisiert werden darüber hinaus die Größe des Palasts: rund 1000 Zimmer sollen vorhanden sein. Weiter waren die Kosten in Höhe von etwa 1,37 Milliarden Türkische Lira enorm für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. © Turkish President Press Office/Imago Für internationale Schlagzeilen sorgte Satiriker Jan Böhmermann, als er den türkischen Präsidenten in einem Schmähgedicht diffamierte. Die Regierung der Türkei sowie auch Erdogan selbst erstatteten Strafanzeige gegen Böhmermann; die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren ein. Am 4. Oktober 2016 gab die Staatsanwaltschaft Mainz bekannt, dass das Ermittlungsverfahren gegen Böhmermann eingestellt wurde. Der Satiriker und Fernsehmoderator spielte in seiner damaligen Sendung „Neo Magazin Royale“ hin und wieder auf das Gedicht an, äußerte sich aber nicht zu dem Prozess. Für internationale Schlagzeilen sorgte Satiriker Jan Böhmermann, als er den türkischen Präsidenten in einem Schmähgedicht diffamierte. Die Regierung der Türkei sowie auch Erdogan selbst erstatteten Strafanzeige gegen Böhmermann; die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren ein. Am 4. Oktober 2016 gab die Staatsanwaltschaft Mainz bekannt, dass das Ermittlungsverfahren gegen Böhmermann eingestellt wurde. Der Satiriker und Fernsehmoderator spielte in seiner damaligen Sendung „Neo Magazin Royale“ hin und wieder auf das Gedicht an, äußerte sich aber nicht zu dem Prozess. © Presidential Press Office/Spata/dpa Am Abend des 15. Juli 2016 kam es offiziellen Angaben zufolge zu einem Putschversuch von Teilen des türkischen Militärs. Da die Revolte bei einem Großteil der Bevölkerung jedoch auf Ablehnung stieß, und auch bei der politischen Opposition wenig Anklang fand, fiel der Putsch schon am nächsten Tag wieder in sich zusammen. Die Erdogan-Regierung machte prompt die Gülen-Bewegung für den Putschversuch verantwortlich, was diese aber zurückwies. Das Foto zeigt Anhänger von Präsident Erdogan auf einem Panzer auf der Bosporusbrücke am 16. Juli 2016. Am Abend des 15. Juli 2016 kam es offiziellen Angaben zufolge zu einem Putschversuch von Teilen des türkischen Militärs. Da die Revolte bei einem Großteil der Bevölkerung jedoch auf Ablehnung stieß, und auch bei der politischen Opposition wenig Anklang fand, fiel der Putsch schon am nächsten Tag wieder in sich zusammen. Die Erdogan-Regierung machte prompt die Gülen-Bewegung für den Putschversuch verantwortlich, was diese aber zurückwies. Das Foto zeigt Anhänger von Präsident Erdogan auf einem Panzer auf der Bosporusbrücke am 16. Juli 2016. © dpa/EPA Im Jahr 2017 setzte Recep Tayyip Erdogan mithilfe eines Referendums eine Verfassungsänderung durch, bei der es vor allem um die Bündelung der Exekutivbefugnisse ging. Dadurch gewann der türkische Präsident noch mehr Einfluss auf die Justiz. Die Opposition sprach von Wahlbetrug. Auch Untersuchungen von Forschenden legen nahe, dass das Referendum manipuliert wurde. Im Jahr 2017 setzte Recep Tayyip Erdogan mithilfe eines Referendums eine Verfassungsänderung durch, bei der es vor allem um die Bündelung der Exekutivbefugnisse ging. Dadurch gewann der türkische Präsident noch mehr Einfluss auf die Justiz. Die Opposition sprach von Wahlbetrug. Auch Untersuchungen von Forschenden legen nahe, dass das Referendum manipuliert wurde. © Turkish Presidential Press Office/Imago Unter Erdogan begann 2018 in der Türkei eine Währungskrise, woraufhin die türkische Lira in den folgenden Jahren Rekordwertverluste einbüßte. Zwischen 2019 und 2021 tausche der Präsident dreimal den Chef der türkischen Zentralbank, weil sie die lockere Finanzpolitik nicht mittragen wollten. Für 2022 hob Erdogan den Mindestlohn um 50 Prozent an und forderte von Arbeitgebern weitere Steuern. Dies soll den Verlusten entgegenwirken. Unter Erdogan begann 2018 in der Türkei eine Währungskrise, woraufhin die türkische Lira in den folgenden Jahren Rekordwertverluste einbüßte. Zwischen 2019 und 2021 tausche der Präsident dreimal den Chef der türkischen Zentralbank, weil sie die lockere Finanzpolitik nicht mittragen wollten. Für 2022 hob Erdogan den Mindestlohn um 50 Prozent an und forderte von Arbeitgebern weitere Steuern. Dies soll den Verlusten entgegenwirken. © Sha Dati/Imago Erdogan wird mit seiner islamisch-konservativen AKP wieder im Wahlbündnis mit der ultranationalistischen MHP antreten. Ein Teil der Opposition hat sich zu einem Bündnis zusammengeschlossen („Sechser-Tisch“), zu dem unter anderem die größte Oppositionspartei CHP und die nationalkonservative Iyi-Partei gehören. Ein weiteres Bündnis bildet die pro-kurdische Oppositionspartei HDP mit kleineren Parteien. Im Jahr 2023 trat Erdogan mit seiner islamisch-konservativen AKP wieder im Wahlbündnis mit der ultranationalistischen MHP bei der Türkei-Wahl an. Ein Teil der Opposition schloss sich zu einem Bündnis zusammen („Sechser-Tisch“), zu dem unter anderem die größte Oppositionspartei CHP und die nationalkonservative Iyi-Partei gehörten. Ein weiteres Bündnis bildet die pro-kurdische Oppositionspartei HDP mit kleineren Parteien. © Adem Altan/afp Seit den schweren Erdbeben muss sich die Regierung scharfer Kritik an ihrem Krisenmanagement stellen. Vielerorts wurde beklagt, dass Rettungsteams zu spät, in zu geringer Zahl und mit zu wenig Ausrüstung in die Krisenregion gekommen seien. Unter Trümmern verschüttete Menschen hätten so nicht gerettet werden können. In den Erdbebengebieten herrschten vielerorts Minusgrade, viele der Eingeschlossenen erfroren. Nach dem schweren Erdbeben in der Türkei im Jahr 2023 musste sich die Regierung Erdogans scharfer Kritik an ihrem Krisenmanagement stellen. Vielerorts wurde beklagt, dass Rettungsteams zu spät, in zu geringer Zahl und mit zu wenig Ausrüstung in die Krisenregion gekommen seien. Unter Trümmern verschüttete Menschen hätten so nicht gerettet werden können. In den Erdbebengebieten herrschten vielerorts Minusgrade, viele der Eingeschlossenen erfroren. © Bulent Kilic/afp Die Kritik an der Regierung nach den schweren Erdbeben traf auch Erdogan persönlich. Ende Februar, also rund drei Wochen nach den Beben, entschuldigte sich Erdogan erstmals bei den Menschen dafür und bat um Vergebung für Verzögerungen bei der Erbeben-Hilfe. Erdogan räumte Versäumnisse ein und sagte bei einem Besuch in Adiyaman, aufgrund der großen Zerstörung, der Wetterbedingungen und der Schäden an der Infrastruktur habe man in den ersten Tagen nicht in der „gewünschten Effektivität“ arbeiten können. „Wie jeder Sterbliche können auch wir Fehler, Mängel und Makel haben.“ Die Kritik an der Regierung nach den schweren Erdbeben traf auch Erdogan persönlich. Ende Februar, also rund drei Wochen nach den Beben, entschuldigte sich Erdogan erstmals bei den Menschen dafür und bat um Vergebung für Verzögerungen bei der Erbeben-Hilfe. Erdogan räumte Versäumnisse ein und sagte bei einem Besuch in Adiyaman, aufgrund der großen Zerstörung, der Wetterbedingungen und der Schäden an der Infrastruktur habe man in den ersten Tagen nicht in der „gewünschten Effektivität“ arbeiten können. „Wie jeder Sterbliche können auch wir Fehler, Mängel und Makel haben.“ © Adem Altan/afp Erdogan bat zudem „um ein Jahr“ Zeit, um „die Wunden des Erdbebens zum Großteil“ zu heilen. Die Opposition kritisierte dagegen den Vorstoß des türkischen Präsidenten. Man nehme die Entschuldigung nicht an, schrieb etwa die prokurdische Partei HDP auf Twitter. Ali Babacan, der Chef der Oppositionspartei Deva, erklärte rundheraus, Erdogan könne der Verantwortung nicht entkommen. Erdogan bat zudem „um ein Jahr“ Zeit, um „die Wunden des Erdbebens zum Großteil“ zu heilen. Die Opposition kritisierte dagegen den Vorstoß des türkischen Präsidenten. Man nehme die Entschuldigung nicht an, schrieb etwa die prokurdische Partei HDP auf Twitter. Ali Babacan, der Chef der Oppositionspartei Deva, erklärte rundheraus, Erdogan könne der Verantwortung nicht entkommen. © Press Office of the Presidency of Turkey/afp Auch Erdogans Hauptrivale im Kampf um das Präsidentenamt macht Erdogan für die Folgen verantwortlich. „Sie waren in allen möglichen Dingen untätig, so wie hier auch“, sagte Kemal Kilicdaroglu von der kemalistisch-sozialdemokratischen CHP. „Sie haben wirklich keine Ahnung, wie man einen Staat regiert. Ich sage es ganz offen: Wenn jemand hauptverantwortlich für diese Folgen ist, dann ist es Erdogan.“ Auch Erdogans Hauptrivale im Kampf um das Präsidentenamt macht Erdogan für die Folgen verantwortlich. „Sie waren in allen möglichen Dingen untätig, so wie hier auch“, sagte Kemal Kilicdaroglu von der kemalistisch-sozialdemokratischen CHP. „Sie haben wirklich keine Ahnung, wie man einen Staat regiert. Ich sage es ganz offen: Wenn jemand hauptverantwortlich für diese Folgen ist, dann ist es Erdogan.“ © Yasin Akgul/afp Erdogan kontert, indem er seinen stärksten Herausforderer Wahlen wegen Treffen mit der prokurdischen Partei HDP scharf kritisiert. Kilicdaroglu habe den parlamentarischen Arm einer „Terrororganisation“ zum Partner gemacht, sagte Erdogan. Die HDP, die bei der Präsidentenwahl keinen eigenen Kandidaten aufstellt, dürfte die Bewerbung Kilicdaroglus unterstützen. Die HDP-Stimmen könnten entscheidend sein. Erdogan konterte, indem er seinen stärksten Herausforderer Wahlen wegen Treffen mit der prokurdischen Partei HDP scharf kritisierte. Kilicdaroglu habe den parlamentarischen Arm einer „Terrororganisation“ zum Partner gemacht, sagte Erdogan. Die HDP, die bei der Präsidentenwahl in der Türkei 2023 keinen eigenen Kandidaten aufstellte, unterstützte die Bewerbung Kilicdaroglus, die durch HDP-Stimmen auf einen Sieg über Erdogan hofften. © Francisco Seco/dpa AKP-Kandidat mit seiner Anhängerschaft und in Begleitung seiner Ehefrau Emine Erdogan. Wenn auch knapp, so konnte Erdogan sich trotz allem 2023 bei den Präsidentschaftswahlen im zweiten Versuch durchsetzen. Verpassten beim ersten Wahlgang alle Kandidaten die absolute Mehrheit noch, holte Erdogan diese mit 52 Prozent der Stimmen in der sich anschließenden Stichwahl. Den Sieg feierte der AKP-Kandidat mit seiner Anhängerschaft und in Begleitung seiner Ehefrau Emine Erdogan. © MURAT CETIN MUHURDAR/AFP massive Protestwelle in weiten Teilen der Türkei Am 19. März 2025 nahm die türkische Polizei Erdogans Gegenspieler und Bürgermeister der Stadt Istanbul, Ekrem İmamoğlu, fest. Dem CHP-Politiker wurden Korruption und Unterstützung der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorgeworden. İmamoğlus Festnahme und die weiteren Verhaftungen von über 100 Personen lösten eine massive Protestwelle in weiten Teilen der Türkei aus. Die Proteste richteten sich dabei vor allem gegen die Regierung Erdogans, der vorgeworfen wurde, die Festnahmen seien politisch motiviert. © ED JONES/AFP Epizentrum der Proteste gegen Erdogan war die Metropole Istanbul Epizentrum der Proteste gegen Erdogan war die Metropole Istanbul. Dort kam es am 29. März 2025 zur größten Demonstration der Türkei seit den Gezi-Protesten 2013. Hunderttausende Menschen beteiligten sich. Laut CHP-Vertretern soll die Zahl sogar bei mehr als zwei Millionen gelegen haben. Die Polizei ging zum Teil mit aller Härte gegen die Demonstrationen vor. Laut Angaben des türkischen Innenministeriums wurden etwa 2.000 Menschen festgenommen. © KEMAL ASLAN/AFP Als ein Mittel des Widerstands gegen Erdogan setzt die Protestbewegung auch auf Boykottaufrufe. Als ein Mittel des Widerstands gegen Erdogan setzt die Protestbewegung auch auf Boykottaufrufe. Produkte von Unternehmen, denen eine Nähe zu Erdogan unterstellt wird, sollten nicht mehr gekauft werden, so die Forderung der Opposition. „Stoppt alle Einkäufe! Supermärkte, Online-Shopping, Restaurants, Benzin, Kaffee, Rechnungen, kauft nichts“, sagte Özgür Özel, Vorsitzender der CHP-Partei. © ADEM ALTAN/AFP Beziehung zwischen Türkei und Syrien: Erdogan will von eigenen Problemen ablenken Ähnlich sieht es auch der Nahostreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Dr. Kamal Sido. Solche Drohungen aus Ankara dienten auch der Ablenkung von eigenen Problemen. „Der türkische Machthaber Erdogan versucht erneut, mit neuen Gewalt- und Kriegsdrohungen gegen die Kurden und andere Volksgruppen in Nordsyrien von den eigenen Problemen, der Wirtschaftskrise und der Unbeliebtheit bei der Bevölkerung im eigenen Land abzulenken. Er wolle keinen ,Terrorstaat´ an seiner Grenze dulden. Dabei spielt er auf die für August geplanten Kommunalwahlen in der ,Autonomen Verwaltung Nord- und Ostsyriens‘ (AANES) an. Wohl wissend, dass die Kurden keinen Staat gründen wollen, sondern lediglich selbstverwaltete kommunale Strukturen für ganz Syrien fordern“, so Sido im Gespräch mit unserer Redaktion.
Wahlen seien notwendig, um den Bürgerkrieg und die Zersplitterung des Landes zu beenden, das Land zu stabilisieren und Strukturen zu schaffen, damit die geflüchteten Syrerinnen und Syrer in ihre angestammten Gebiete zurückkehren können.
GfbV fordert deutsche Parteien zum „Einwirken“ auf die Türkei auf Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert deswegen die Bundesregierung und auch die Oppositionsparteien zum Handeln auf. „Vor diesem Hintergrund erneuern wir unsere Forderung an die Ampel-Regierung aus SPD , Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie an die oppositionelle CDU /CSU, auf den Nato-Partner Türkei einzuwirken. Die Menschen in Syrien brauchen Frieden und politische Lösungen für die bestehenden Konflikte und keinen neuen Krieg. Das von der Bundesregierung unterstützte Konzept Erdogans ist in Syrien gescheitert. Erdogan hat in den besetzten Gebieten Syriens, wie in der kurdischen Region Afrin, Terrorregime installiert, die täglich schwerste Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen begehen“, so Sido. (erpe)