Vertrauensfrage, Neuwahlen, Minderheitsregierung
Nach Ampel-Bruch: Wie geht es mit Deutschland weiter? Aiwanger will kandidieren
Nach dem Ampel-Bruch fordert CDU/CSU, dass Bundeskanzler Olaf Scholz umgehend im Bundestag die Vertrauensfrage stellt. Der Kanzler visiert vorerst eine Minderheitsregierung an, braucht dafür aber den Oppositionsführer Friedrich Merz. Geht es nach Scholz, würde es eine Neuwahl auch frühestens im März geben. Währenddessen hat Bayerns Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger von den freien Wählern angekündigt, dass dieser für den Bundestag kandidieren werde.
Berlin/Bayern - Eine Neuwahl erst im März? Geht es nach Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) und der deutschen Wirtschaft, muss das schneller gehen. Nach dem Bruch der Ampel-Regierung visiert Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einen März-Termin an. Da Scholz noch Gesetzesvorhaben durch den Bundestag bringen will, ist er auf Hilfe von CDU/CSU angewiesen. Merz sprach am Mittag im Kanzleramt rund eine halbe Stunde mit Scholz über den Fahrplan. Über Inhalte oder Ergebnisse wurde zunächst nichts bekannt.
Der Kanzler will die Vertrauensfrage im Bundestag am 15. Januar stellen. Merz fordert, die Vertrauensfrage „spätestens Anfang nächster Woche“ zu stellen, um dann in der zweiten Januarhälfte zu wählen.
Was passiert nach der Vertrauensfrage?
Wenn der Kanzler die Vertrauensfrage im Parlament stellt und keine Mehrheit bekommt, wird er den Bundespräsidenten bitten, den Bundestag aufzulösen. Dafür hat der Präsident nach Artikel 68 des Grundgesetzes maximal 21 Tage Zeit. Er ist allerdings nicht verpflichtet, dies zu tun. Macht er es, dann muss binnen 60 Tagen gewählt werden.
„Wir können es uns einfach nicht leisten, jetzt über mehrere Monate hin eine Regierung ohne Mehrheit in Deutschland zu haben und anschließend über weitere Monate einen Wahlkampf zu führen und dann möglicherweise mehrere Wochen Koalitionsverhandlungen zu führen“, sagte Merz. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, es wäre eine „Respektlosigkeit gegenüber den Bürgern“, wenn die Regierung weiter im Amt bliebe.
Vermutlich schwierige Regierungsbildung nach Neuwahl
Wie im Fall einer Neuwahl eine Regierungsbildung aussehen könnte, ist völlig offen. Die Union könnte zwar aktuell damit rechnen, stärkste Kraft zu werden - wer als Koalitionspartner infrage kommt, ist aber unklar. In Umfragen, die vor dem Bruch der Ampel erhoben wurden, hatten die Unionsparteien zuletzt mit Werten über 30 Prozent deutlich vorn gelegen, die Ampel-Parteien standen hingegen deutlich schwächer da als bei der Bundestagswahl 2021. Die SPD lag bei Werten um 15 Prozent, die Grünen um zehn Prozent, die FDP musste demnach sogar um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen. CSU-Chef Markus Söder hat Schwarz-Grün wiederholt kategorisch ausgeschlossen.
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) würde nach dem Scheitern der Ampel eine Zusammenarbeit mit der Union bei Vorhaben von SPD und Grünen begrüßen. „Ich würde mich darüber freuen und bin natürlich jederzeit bereit, dazu den Weg zu suchen“, sagte Habeck in Berlin. „Ob es gelingt, punktuell, wo es Interessenüberschneidungen mit der Union und Grünen und SPD gibt, zu Einigungen zu kommen, bleibt abzuwarten. Ich würde das begrüßen.“ Mit Blick auf die Union sagte Habeck, er glaube nicht, dass ihr das im Wahlkampf schaden würde. Es gehe darum, konkrete Probleme zu lösen.
Aiwanger strebt für Freie Wähler Bundestagsdirektmandat an
Bayerns Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger (Freien Wähler) hat für die geplante Neuwahl des Bundestags eine Bewerbung um ein Direktmandat für die Freien Wähler angekündigt. Aiwanger werde für den Bundestag kandidieren, teilte die Partei am Donnerstag mit.
Aiwanger selbst schrieb im Onlinedienst X, seine Partei strebe bei der Neuwahl den Gewinn von drei Direktmandaten an und wolle auf diesem Weg in Fraktionsstärke in den Bundestag einziehen. Die Fünfprozenthürde ist für die Freien Wähler allen Umfragen zufolge in weiter Ferne. Aiwanger erklärte zum Ziel der Freien Wähler, zusammen mit Union und FDP die nächste Bundesregierung zu stellen.
Aiwanger in Bayern beliebt, letzte Wahlergebnisse ernüchternd
Bei der Landtagswahl in Bayern hatte Aiwanger 2023 seinen Stimmkreis Landshut deutlich gewonnen, die Freien Wähler konnten damals zwei Direktmandate in Bayern holen. Wie ein Sprecher der Freien Wähler sagte, soll Aiwanger am Samstag kommender Woche auf einem Bundesparteitag zudem zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gekürt werden.
Das Ergebnis bei der Landtagswahl in Bayern, wo die Freien Wähler im vergangenen Jahr mit 15,8 Prozent zweitstärkste Kraft wurden, war der größte Erfolg in der Geschichte der Partei. Die Wahlergebnisse in diesem Jahr fielen allerdings ernüchternd aus. Bei der Landtagswahl in Brandenburg verpassten die Freien Wähler mit 2,6 Prozent den Wiedereinzug in das Potsdamer Landesparlament, in Thüringen holten sie 1,3 Prozent und in Sachsen 2,3 Prozent. Bei der Europawahl waren es 2,7 Prozent. (mz/dpa/afp)
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