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„Kann auf Beteiligte zurückfallen“

Der Weg nach dem Ampel-Aus: Übergangsgeld für Lindner, Vertrauensfrage für Scholz

Kanzler Scholz will die Vertrauensfrage nächstes Jahr stellen. Laut einem Experten könnte es bis zur neuen Regierung noch lange dauern.

Berlin – Fast ein Zahlendreher, denn eigentlich ist es ja traditionell der 9. November, der in Deutschland Schicksalswenden einläutet. Diesmal war es ein 6. November. Am Tag, an dem Donald Trump erneut zum US-Präsidenten gewählt wurde, zerbrach die Bundesregierung. Am Abend noch verkündete Kanzler Olaf Scholz die Entlassung von Finanzminister Christian Lindner und damit das Ampel-Aus.

Deutschland pendelt am Tag danach zwischen Schockstarre und Fassungslosigkeit – und steht vor der Frage: Wie geht es jetzt weiter? Bis wir eine neue Regierung haben, kann es jedenfalls noch sehr lange dauern, sagt Philipp Austermann. Er ist Professor für Staatsrecht am Zentralen Lehrbereich der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl. Mit dem Ampel-Aus habe er zu diesem Zeitpunkt nicht gerechnet, sagt er im Gespräch mit IPPEN.MEDIA: „Das war eine Überraschung.“

Lindner nach Ampel-Aus: Ihm steht ein Übergangsgeld zu

Erste direkte Folge: Finanzminister Christian Lindner, Justizminister Marco Buschmann und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger – allesamt FDP – bekommen noch am Donnerstag (7. November) ihre Entlassungsurkunden. Eine Personalie steht schon fest: Jörg Kukies, ein enger Berater von Scholz, soll Lindners Nachfolger werden.

Bekommen Lindner und die anderen Ex-FDP-Minister trotzdem weiter Geld? Jein, sagt Philipp Austermann: „Die Amtszeit der entlassenen Minister endet mit der Überreichung der Urkunden. Dann enden auch die regulären Bezüge. Es gibt allerdings für einen solchen Fall Übergangszahlungen für ausgeschiedene Minister.“ Bereits nach einem Tag Amtszeit stehen Bundesministern rund 81.000 Euro Übergangsgeld zu. Je nach Dauer der Amtszeit kann die Summe auf knapp 243.000 Euro steigen. Das Geld wird mit weiteren Einkünften verrechnet. Für Mandatsträger, also Mitglieder des Bundestags, die auch Diäten beziehen, wird das Übergangsgeld also geringer ausfallen.  

Scholz will Vertrauensfrage im Januar stellen: Wie geht es dann weiter?

Wie geht es dann in den kommenden Monaten weiter? Klar ist: Olaf Scholz will Mitte Januar die Vertrauensfrage stellen. Was passiert, wenn er sie besteht? „Wenn Olaf Scholz wider Erwarten die Vertrauensfrage besteht, hat er keine Möglichkeit, den Bundespräsidenten zu bitten, den Bundestag auflösen zu lassen. Dann müsste er mit einer wenig beschlussfähigen Minderheitsregierung bis zum Ende der Legislatur weitermachen“, erklärt Austermann. Das dürfte nicht im Interesse des Kanzlers sein, so der Experte.  

Nur: Warum wartet Scholz bis Januar, statt die Vertrauensfrage direkt zu stellen und für Klarheit zu sorgen? Wahrscheinlich, um Zeit zu gewinnen, sagt Austermann: „Ich vermute, dass er seine Positionen prominent in den folgenden Wahlkampf einbringen will. Entweder, um den Bundestag darüber noch abstimmen zu lassen. Oder aber, um zu demonstrieren: Diese Punkte hätten wir umgesetzt, wenn die FDP nicht ausgeschert wäre.“

Die Opposition fordert derweil, dass Scholz schon in den kommenden Tagen den Weg für Neuwahlen freimachen soll. „Die Ampelkoalition hat das Land in ein Regierungs- und Vertrauensvakuum geführt und es gibt keinen Grund, den politischen Neuanfang bis März 2025 hinauszuzögern“, sagte etwa die CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler, die auch im Bundesvorstand der Partei ist, gegenüber IPPEN.MEDIA. „Das Theater in Berlin muss endlich ein Ende finden, damit Professionalität und Seriosität wieder einkehren“, so Güler. Die Forderung der Opposition sei durchaus nachvollziehbar, sagt Experte Austermann. „Denn umso schneller hätten wir wieder eine neue Regierung.“

Nach Ampel-Aus: Neue Regierung womöglich erst im Sommer oder später

Nach aktuellem Stand kann das allerdings bis Sommer 2025 oder länger dauern. Austermann rechnet vor: „Wenn Olaf Scholz am 15. Januar die Vertrauensfrage verliert und der Bundespräsident wenige Tage später den Bundestag auflösen sollte, müssen Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen danach stattfinden. In der Regel wird diese Frist ausgereizt, weil Wahlen Vorbereitungen erfordern.“ Weitere 60 Tage danach muss der neue Bundestag zusammentreten. Dann beginnen etwaige Koalitionsverhandlungen. „Das kann sich in den Mai ziehen, wenn es schnell geht. Wenn es wieder ein Gewürge wie beim letzten Mal gibt, dauert es hingegen deutlich länger.“

Wie etwaige Konstellationen aussehen könnten, ist derzeit noch offen. SPD und FDP werden allerdings angesichts der sehr deutlichen Worte von Olaf Scholz und Christian Lindner am Mittwochabend so schnell wohl keine guten Freunde mehr. Das mag Folgen für den Wahlkampf haben, glaubt Austermann: „Für die beteiligten Akteure ist ein solches Koalitionsende immer gefährlich. Denn Aussagen können natürlich gegebenenfalls später wieder auf sie zurückfallen.“  

Rubriklistenbild: © Carsten Koall, Anna Ross, Christophe Gateau/dpa (Montage)

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