Video-Reihe Teil 1
„Abbau der Brandmauer“ und „grinsendes Selfie nach Aschaffenburg“ – So erleben Politiker den Wahlkampf
Aschaffenburg, Asyl und die Brandmauer zur AfD. Im ersten Teil unserer Videoreihe erzählen uns sechs Politikerinnen und Politiker, was sie im Wahlkampf erleben.
In weniger als vier Wochen ist Bundestagswahl. 630 Abgeordnete werden danach im Bundestag sitzen. Wir begleiten im Wahlkampfendspurt sechs Politikerinnen und Politiker, die im neuen Bundestag mit dabei sein wollen. Was bewegt sie im Wahlkampf? Was läuft gut, was schlecht? Im ersten Teil unserer Videoreihe zur Wahl stehen unserer Redaktion folgende Bundestagsabgeordnete Rede und Antwort und berichten hautnah von ihren Eindrücken – ob gut oder schlecht:
- Dorothee Bär (CSU): seit 2002 im Bundestag, stellvertretende CSU-Chefin und Fraktionsvize der Union im Bundestag
- Ricarda Lang (Grüne): seit 2021 im Bundestag, von 2022 bis 2024 Parteichefin der Grünen
- Sepp Müller (CDU): seit 2017 im Bundestag, Spitzenkandidat CDU Sachsen-Anhalt, Fraktionsvize der Union im Bundestag
- Macit Karaahmetoğlu (SPD): seit 2021 im Bundestag, gelernter Jurist und Mitglied im Rechtsausschuss
- Heidi Reichinnek (Linke): seit 2021 im Bundestag, Spitzenkandidatin der Linken für die Bundestagswahl
- Ria Schröder (FDP): seit 2021 im Bundestag, Spitzenkandidatin der FDP Hamburg
Bis zum Wahltag am 23. Februar werden sie in einem Videoformat jede Woche drei Fragen beantworten. Neben dem High- und Lowlight im Wahlkampf geht es auch um aktuelle Debatten. Diese Woche ist das die Sicherheitsfrage, nachdem ein ausreisepflichtiger Afghane in Aschaffenburg zwei Menschen getötet hatte.
Ein Highlight mehrerer unserer Gesprächspartner war die Unterstützung der Spitzenkandidaten in ihren Wahlkreisen. So freute sich Dorothee Bär über den Besuch von Friedrich Merz, Macit Karaahmetoğlu über Olaf Scholz. Weniger begeistert sind manche über das Wetter. Winterwahlkampf kann schon mal weh tun. „Ich habe es unterschätzt, wie es ist, bei minus zwei Grad Wahlkampf zu machen“, sagt Ria Schröder und blickt auf „eingefrohrene Finger und Fußzehen“.
Dorothee Bär (CSU): „Müssen Deutschland wieder in Ordnung bringen“
Dorothee Bär freut sich über den Besuch von Friedrich Merz, während ihr Lowlight „mal wieder der Bundeskanzler“ war. Er habe nicht angemessenen auf Aschaffenburg reagiert. „Aber auch kein Wunder bei Olaf Scholz.“ Eine neue Regierung müsse „Deutschland wieder sicher machen und in der Migration eine 180-Grad-Wende vollziehen“.
Ricarda Lang (Grüne): „Wir müsen uns nicht entscheiden, wen wir schützen“
Ricarda Lang blickt zuversichtlich auf den Haustürwahlkampf. „Ganz viele Leute bitten einen rein, fragen, ob man einen Kaffee mit ihnen trinken mag“. Mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, sei „das Schönste im Wahlkampf“. Ihr Lowlight ist Friedrich Merz. Mit Blick auf die Gesetzesentwürfe zur Migration und eine mögliche Mehrheit durch Stimmen der AfD sagt die frühere Grünen-Chefin: „Er hat angefangen, die Brandmauer selbst abzubauen.“
Sepp Müller (CDU): „Wir wollen an den Grenzen zurückweisen“
CDU-Politiker Sepp Müller betont, dass die Wahlkampfwoche ganz im Sinne von „Union pur“ stand. Er steht hinter dem Fünf-Punkte-Plan von Friedrich Merz und damit für Abweisungen an der deutschen Grenze und der Inhaftierung abgewiesener Asylbewerber. Negativ ist Müller das „grinsende Selfie“ einiger Grünen-Politikerinnen und Politiker vor dem Brandenburger Tor aufgestoßen, das nach Aschaffenburg im Zuge einer Demo gegen Rechts entstand. „Sie sind anscheinend überhaupt nicht mehr in der Realität. Fernab, nur noch hier in der Berliner Bubble“, kritisiert Müller.
Macit Karaahmetoğlu (SPD): „CDU bedient sich unverhohlen an AfD-Argumenten“
Macit Karaahmetoğlu freut sich im Wahlkampf über das große Interesse der Menschen am Kanzlerbesuch in seinem Ludwigsburger Wahlkreis. Dass sich Unionspolitiker bei ihm in Baden-Württemberg „unverhohlen an AfD-Argumenten bedienen“ und „pauschal Stimmung gegen Migranten“ machen würden, ist Karaahmetoğlus Negativerfahrung der Woche. Bei Konsequenzen nach Aschaffenburg und anderen Angriffen mahnt der selbst in der Türkei geborene Sozialdemokrat vor pauschalen Urteilen, plädiert stattdessen für „schlaue Lösungen.“
Heidi Reichinnek (Linke): „Rassistische Meinungsmache ist hochproblematisch“
Die Spitzenkandidatin der Linken, Heidi Reichinnek, freute sich in der Wahlkampfwoche zum einen über einen Aufwärtstrend der Linken in Umfragen. Zum anderen über viele Zuschriften junger Menschen, die durch den sehr erfolgreichen Social-Media-Auftritt Reichinneks damit begonnen hätten, sich in der Familie über Politik zu unterhalten. Reichinnek findet es schwierig, die „komplexen Fragen“, die nach Aschaffenburg debattiert werden, im Rahmen eines Kurzvideos zu beantworten und sagt: „Es ist hochproblematisch, die Geschehnisse für rassistische Meinungsmache zu nutzen.“
Ria Schröder (FDP): „Man wird leider nicht verhindern können, dass Verrückte zu einer Waffe greifen“
Die Hamburger Liberale Ria Schröder freut sich, dass in der Stadt nun alle FDP-Wahlkampfplakate hängen. Obwohl der Winterwahlkampf in Hamburg nichts Neues ist, birgt er auch die ein oder andere Herausforderung: „Ich habe es doch ein bisschen unterschätzt, wie das ist, bei minus zwei Grad Wahlkampf zu machen.“ Auch Schröder plädiert beim Thema Aschaffenburg und der Asyldebatte um einen differenzierten Blick. „Man wird leider nicht verhindern können, dass Verrückte zu einer Waffe greifen“, sagt die Abgeordnete. Trotzdem gibt sich die FDP-Politikerin bei der Frage nach Abschiebungen deutlich: „Wir müssen nicht akzeptieren, dass Menschen, die ausreisepflichtig sind, hier straffällig werden.“
Den nächsten Teil unserer Videoreihe gibt es am Mittwoch, 5. Februar.
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