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Ab 1. Januar wohl neue Regel

Mehrwertsteuer im Restaurant steigt wieder – Länder wettern gegen „unsoziale“ Ampel-Pläne

Ein Schnitzel für 25 Euro? Das könnte ab 1. Januar Realität in deutschen Restaurants sein. Grund ist die auslaufende Mehrwertsteuerregelung. Die Länder drängen auf eine Verlängerung – wohl ohne Erfolg.

Update vom 16. November, 20.55 Uhr: Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie wird zu Jahresbeginn wieder auf 19 Prozent angehoben. Darauf verständigte sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur die Ampel-Koalition. Zuvor hatte das Handelsblatt berichtet.

Essen zum Mitnehmen, im Supermarkt oder bei der Lieferung wird mit sieben Prozent besteuert. Um die Gastronomie während der Corona-Krise zu entlasten, war der Steuerersatz auch für Speisen in Restaurants und Cafés vorübergehend von 19 auf sieben Prozent gesenkt worden. Die Regelung wurde wegen der Energiekrise mehrmals verlängert, zuletzt bis Ende dieses Jahres. Die Branche hatte zuletzt vehement dafür geworben, die Steuersenkung nicht auslaufen zu lassen.

Mehrwertsteuer im Restaurant: Bundesländer wettern gegen „unsoziale“ Ampel-Pläne

Erstmeldung vom 16. November: Berlin – Am Donnerstag kommt es im Bundestag zur „Nacht der langen Messer“. So nennen einige Abgeordnete die Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses. Ab 11 Uhr geht es bis tief in die Nacht um die Frage, wie die Gelder für das Haushaltsjahr 2024 verteilt werden. Weil die Bundesregierung die Schuldenbremse einhalten will, bleiben dieses Jahr wohl einige Projekte liegen.

Dem Ampel-Sparkurs zum Opfer fallen könnte etwa die Gastrobranche. Es deutet sich an, dass die aktuell gesenkte Mehrwertsteuer ab 1. Januar wieder angepasst wird. Seit Juli 2020 liegt sie aufgrund der Folgen von Corona-Krise und Ukraine-Krieg bei sieben statt 19 Prozent. Aus den Bundesländern gibt es deutliche Rufe für eine Fortsetzung des aktuellen Steuersatzes, wie aus einer IPPEN-Anfrage an alle Wirtschaftsministerien hervorgeht. Doch am Ende entscheidet der Bund. „Angesichts der fortgeschrittenen Zeit haben es nur noch die Regierungsfraktionen im Bundestag in der Hand“, heißt es aus Nordrhein-Westfalen.

Mehrere Bundesländer gegen Mehrwertsteuer-Anpassung

Elf Länder antworteten, alle von ihnen wollen den aktuellen Steuersatz beibehalten. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sagt uns dazu: „Gemeinsam mit der Familie zum Essen gehen, ist soziale Teilhabe. Das muss auch für finanziell Schwächere möglich sein.“ Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sei „unsozial und führt zum Aus für viele Gasthäuser“.

Zudem positionieren sich auch Länder mit Ampel-Parteien in der Regierung. Angefangen vom SPD-regierten Mecklenburg-Vorpommern, das im Bundesrat zusammen mit Sachsen-Anhalt einen Antrag zur „dauerhaften“ Senkung der Mehrwertsteuer einbrachte. Brandenburg und Berlin wollen die aktuellen Regeln bis Ende 2025 fortsetzen, Sachsen „um bis zu drei Jahre“.

Für einen niedrigen Steuersatz sprechen sich auf Anfrage auch Baden-Württemberg, das Saarland und Niedersachsen aus. Gerade ländliche Betriebe müssten erhalten bleiben, sagt Niedersachsens SPD-Wirtschaftsminister Olaf Lies. „Denn egal, ob 19 oder 7 Prozent – das Restaurant, das pleite ist, zahlt ja überhaupt keine Mehrwertsteuer mehr.“ Der Bund müsse sich aber finanziell beteiligen, worauf auch Schleswig-Holstein pocht. Der aktuelle Steuersatz führe in Schleswig-Holstein zu Steuer-Minder-Einnahmen von jährlich 50 Millionen Euro, sagt uns CDU-Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen. „Wir als Land können das nicht länger mitfinanzieren.“

Das Problem: Der Bund scheint es nach eigenen Aussagen auch nicht zu können. Die dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer fehlt in der bisherigen Vorlage des Finanzministeriums zum Bundeshaushalt. Von einem Ministeriumssprecher heißt es, das Parlament werde „im Lichte der Steuerschätzung über diese Frage entscheiden“. Finanzminister Christian Lindner (FDP) habe aber „bereits mehrfach seine Sympathie für eine Fortführung geäußert“. Dieses Statement erreichte uns, bevor das Bundesverfassungsgericht Lindners Schuldentrick beim Haushaltsplan kippte und das Ampel-Budget damit noch niedriger ausfällt. Dass sich der Bund deshalb an der Mehrwertsteuer beteiligt, ist „ehrlicherweise nahezu ausgeschlossen“, wie Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sagt.

Wird der Restaurantbesuch bald teurer? Kanzler Olaf Scholz (l) und Finanzminister Christian Lindner (2.v.r.) müssen entscheiden. Mit Blick auf den klammen Haushalt ist das nicht leicht.

Mehrwertsteuer-Anpassung sorgt für Milliarden-Loch im Haushalt

Die Bundesregierung hat bislang kein Gesetz verabschiedet, das den ermäßigten Steuersatz beibehält. Im September lehnte der Bundestag einen entsprechenden Gesetzesentwurf der CDU/CSU zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes ab. Der Steuersatz müsse beibehalten werden – „auch, damit der Restaurantbesuch für Familien kein Luxus wird“, sagt uns dazu Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin der Union. Der Finanzausschuss begründete die Ablehnung damals unter anderem mit dem Einhalten der Schuldenbremse, Stichwort Haushaltsplan. So würde eine niedrigere Mehrwertsteuer ein finanzielles Loch von circa 3,3 Milliarden Euro jährlich reißen.

Ähnlich argumentiert das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim. Zu groß seien die Einnahmeverluste für den Staat. Außerdem gehe es der Branche insgesamt besser als behauptet. Das zeige sich an Preissteigerungen, die höher seien als in der Gesamtwirtschaft. Da nun Strom und Gas billiger seien als noch vor einigen Monaten, sei die „Erwartung eines Preisschocks nicht plausibel“.

Scholz versprach niedrige Mehrwertsteuer: „Das schaffen wir nie wieder ab“

Vor diesem „Preisschock“ warnt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). „Essen gehen soll bezahlbar bleiben und die Vielfalt der überwiegend familiengeführten Betriebe muss erhalten bleiben“, sagt Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer der Dehoga Bayern. Durch die Steueranpassung müssten aber rund 12.000 Betriebe aufgeben, in Bayern wären es etwa 2400.

Bundeskanzler Olaf Scholz versprach vor der Bundestagswahl übrigens, den niedrigeren Steuersatz dauerhaft beizubehalten. Konkret sagte Scholz damals in der ARD -„Wahlarena“: „Wir haben die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie gesenkt und das noch mal verlängert, und ich will Ihnen gern versichern: Ich habe dieser Verlängerungsentscheidung zugestimmt und der Einführung in dem sicheren Bewusstsein: Das schaffen wir nie wieder ab.“ Zuletzt äußerte sich Scholz zurückhaltender. Auf einem Bürgerdialog betonte er, die Entscheidung hänge „sehr vom Geld“ ab. Und damit auch von der „Nacht der langen Messer“. (as)

Rubriklistenbild: © Michael Kappeler/dpa

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