„So verliert man das Vertrauen“
Berlins Bürgermeister Wegner unterstützt allgemeines Messerverbot – Kritik an Ampel
Der Hauptstadt-Regierungschef möchte stärker gegen die Messerkriminalität vorgehen. Er räumt jedoch ein, dass in einer Großstadt wie Berlin nicht alle Maßnahmen realisierbar sind.
Berlin – Berlins Bürgermeister Kai Wegner (CDU) wäre offen für ein Komplettverbot für das Tragen von Messern, sieht aber Probleme bei der Durchsetzbarkeit. „Ich wäre sehr stark für ein generelles Verbot zum Mitführen von Messern. Das Problem ist aber, dass man dieses auch berlinweit durchsetzen müsste, sonst wäre der Rechtsstaat unglaubwürdig. Das wird in einer Millionenmetropole wie Berlin sehr schwierig“, sagte der CDU-Politiker der Rheinischen Post. Das Interview wurde vor der Messerattacke bei der 650-Jahr-Feier der Stadt Solingen mit drei Toten und mehreren Schwerverletzten geführt.
Wegner reichen die Vorschläge von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zur Eindämmung von Messerangriffen nicht aus. Die SPD-Politikerin hatte angesichts der Zunahme von Messerangriffen in der Bild am Sonntag angekündigt, dass sie „den Umgang mit Messern im öffentlichen Raum weiter einschränken“ wird. In der Öffentlichkeit sollen Messer demnach nur noch bis zu einer Klingenlänge von sechs Zentimetern statt bisher zwölf Zentimetern mitgeführt werden dürfen. Für gefährliche Springmesser soll es ein generelles Umgangsverbot geben.
Wegner kritisiert Ampel: „So verliert man das Vertrauen der Menschen in die Politik“
Wegner sagte, dass das Problem ganz Deutschland betreffe. Tagtäglich gebe es solche Attacken. Was ihn bewege, sei, dass sich die Menschen in Deutschland nicht mehr sicher fühlten. Hier müsse die Politik und die Bundesregierung handeln. „Ich finde, wir brauchen keine Diskussionen über Größen und Längen von Messern. Wir müssen über die Ursachen sprechen, wir müssen über Täterkreise sprechen, und wir müssen durchsetzen, dass Messer gar nicht erst mitgeführt werden“.
Im Interview äußerte Wegner, dass der Kanzler gesagt habe, Regieren sei mühsam, und wenn er das so sehe, solle er es lassen. Er erwähnte, dass der Parteichef der Grünen von einer Übergangsregierung spreche und die FDP tagtäglich ihre Koalitionspartner provoziere. „So verliert man das Vertrauen der Menschen in die Politik“. Unser Land könne sich ein weiteres Jahr des Streits und des Stillstands nicht mehr leisten. Wenn der Kanzler keine Führung übernehmen wolle, solle er den Weg für Neuwahlen freimachen.
Messerattacken: Faesers Plan zur Verschärfung des Waffenrechts
Im vergangenen Jahr gab es bundesweit laut Polizeistatistik 8.951 Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung, bei denen Messer zum Einsatz kamen, um jemanden zu verletzen oder damit zu drohen. Das war ein Anstieg um 5,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zuletzt war bekanntgeworden, dass die Bundespolizei an deutschen Bahnhöfen im ersten Halbjahr dieses Jahres 373 Delikte mit Messern gezählt hat.
In der Bevölkerung findet Faesers Plan zur Verschärfung des Waffenrechts Anklang. Die große Mehrheit der Menschen in Deutschland spricht sich einer Umfrage zufolge für eine Verschärfung aus. 82 Prozent befürworten eine Einschränkung beim Tragen und Mitführen längerer Messer. In der Forsa-Erhebung für den Stern gaben lediglich 16 Prozent an, dies nicht richtig zu finden.
Mit diesem Vorhaben stößt Faeser über die Parteigrenzen hinweg auf breite Zustimmung: 86 Prozent der Wähler der Union antworteten, auf die Frage, ob sie den Vorschlag, das Waffengesetz in Deutschland entsprechend zu verschärfen, richtig fänden oder nicht, mit „richtig“. Bei den Anhängern der SPD und den Grünen sind es jeweils 85 Prozent. Auch die Wählerschaft der AfD (80 Prozent) und der FDP (79 Prozent) begrüßt die Ankündigung. Nur etwas weniger Zustimmung erfährt das Vorhaben mit 76 Prozent bei den Anhängern des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW). (dpa/jal)
