„Fulminanter Fehlstart“
Berlin-Wahl: Wegner mit den Stimmen der AfD gewählt?
Für den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner hat bei der Wahl es erst im dritten Anlauf geklappt. Die Frage bleibt, ob Wegner mit AfD-Stimmen gewählt wurde.
Update vom 28. April, 10.31 Uhr: Das Wahldebakel um die Wahl des Regierenden Bürgermeisters in Berlin geht weiter. Die AfD hatte bekannt gegeben, Kai Wegner im dritten Wahlgang gewählt zu haben. Auf Anfrage von RTL/ntv sagten 12 der 17 Mitglieder der AfD-Fraktion, dass sie für Wegner gestimmt hätten. Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Jens Spahn (CDU), betonte, Wegner sei „überzeugend“ ins Amt gewählt worden.
„Das Ergebnis ist hier wichtig“, sagte Spahn in der Sendung „Frühstart“ am Freitag. „Es hat etwas geruckelt auf dem Weg dahin gestern, aber er ist überzeugend gewählt und überzeugend im Amt.“ Zu den Aussagen der AfD sagte Spahn: „Die AfD behauptet viel, wenn der Tag lang ist, gelegentlich lügt sie sogar und ihre Abgeordneten und deswegen gebe ich nicht viel, was die da sagen.“ Berlins neuer Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Christian Gaebler (SPD), hat eine interne Aufarbeitung angekündigt.
Berlin-Wahl: Wegner mit den Stimmen der AfD gewählt?
Erstmeldung vom 28. April: Frankfurt/Berlin - Nach drei Wahlgängen war es endlich so weit: Kai Wegner (CDU) wurde zum Regierenden Bürgermeister Berlins gewählt. Die Senatsmitglieder konnten am Donnerstag (27. April) nach stundenlanger Verzögerung vereidigt werden. Der Abstimmungskrimi, der sich in Berlin abspielte, wirft Fragen auf. Denn eigentlich hätten CDU und SPD genügend Mandate im Berliner Senat gehabt, um Wegner bereits im ersten Wahlgang zu wählen. Unklar bleibt, welche Stimmen für seine Wahl verantwortlich sind.
Berlin Wahl: „Fulminanter Fehlstart“ - Kai Wegner mit Stimmen der AfD gewählt?
Zuvor war Wegner im ersten und im zweiten Wahlgang gescheitert, im Dritten hatte es dann endlich geklappt. CDU und SPD schoben sich zunächst gegenseitig die Schuld für das Wahl-Debakel. Sie vermuteten Abweichler in den Reihen der jeweils anderen Partei. In der SPD etwa gab es große Vorbehalte gegen die sogenannte Große Koalition. Die AfD erklärte, im dritten Wahlgang für Wegner gestimmt zu haben. Daher gab es Spekulationen, der neue Regierungschef hätte von der Unterstützung der Partei abhängig gewesen sein können. Vertreter von CDU und SPD wiesen dies zurück.
„Dass man drei Wahlgänge braucht, ein derartiges Desaster anrichtet und in der Tat der Makel ja bleibt, dass die Möglichkeit besteht, dass man mit Stimmen der AfD gewählt worden ist, das ist verheerend“, sagte der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke in den ARD-„Tagesthemen“. „Insofern muss da von einem fulminanten Fehlstart sprechen“, fügte er hinzu.
Wahlkrimi in Berlin: „Ich glaube, dass die AfD hier chaotisieren will“
Wegner sagte im RBB: „Das hätte ich mir natürlich anders gewünscht. Das hätten wir uns von der Koalition von CDU und SPD anders gewünscht.“ Aber der dritte Wahlgang sei verfassungsgemäß geregelt: „Der ist regulär.“ Daher freue er sich. Er habe eine Koalitionsmehrheit mit 86 Stimmen. Mit Blick auf die AfD sagte Wegner: „Ich glaube, dass die AfD hier chaotisieren will.“ Er könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, „dass die AfD einen Regierenden Bürgermeister wählt, der die größte AfD-Jägerin aus ganz Deutschland nach Berlin holt.“
Wegner dürfte sich dabei auf die neue Justizsenatorin Felor Badenberg beziehen, die zuvor im Bundesamt für Verfassungsschutz arbeitete. Der Generalsekretär der Bundes-CDU, Mario Czaja, bezeichnete bei „Welt TV“ das Vorgehen der AfD als „durchschaubares Manöver“. „Das dient dazu, auch wieder zu spalten und Missgunst zu säen. Aber davon lässt sich, glaube ich, diese Regierung nicht abbringen.“ Berlins SPD-Landes- und Fraktionschef Raed Saleh sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Am Ende hat es funktioniert mit einer eigenen Mehrheit von 86 Stimmen.“ Dass drei Wahlgänge nötig gewesen seien, sei nicht schön. Er hätte sich „natürlich etwas anderes gewünscht“.
Opposition verurteilt mögliche Wahl mit AfD-Stimmen - Parallelen zur Thüringen-Wahl 2020?
Die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang schrieb auf Twitter: „Die SPD und die CDU in Berlin haben der Stadt, der Demokratie und der politischen Kultur heute großen Schaden zugefügt, indem sie ohne sichere Mehrheit in den dritten Wahlgang gegangen sind - und so zugelassen haben, dass die AfD die Wahl Wegners für sich reklamieren kann.“ Jan Korte, Linken-Fraktionsgeschäftsführer im Bundestag, schrieb: „Wegner lässt sich ohne Skrupel vereidigen, trotz des Verdachts, Regierender Bürgermeister von Gnaden der AfD-Faschos zu sein.“
Die Abstimmung weckte Erinnerungen an die Wahl des früheren Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) im Jahr 2006. Der SPD-Politiker war damals erst im zweiten Wahlgang mit der knappsten Mehrheit von einer Stimme wiedergewählt worden. Parallelen wurden auch gezogen zur Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich in Thüringen, der 2020 mit Stimmen von CDU und AfD für kurze Zeit Ministerpräsident von Thüringen wurde. (vk/dpa)
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