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Organisierte Kriminalität

Der Fall Kaplan: Wie Mafia, Polizei und Regierung in der Türkei zusammenarbeiten

Der Fall des Mafiapaten Ayhan Bora Kaplan deckt die Verwicklung von Mafia und Staat auf. Die Regierung versucht mit Massenverhaftungen abzulenken.

Ankara – In der Türkei wurden am Montagabend Berichten zufolge die Wohnungen von drei hochrangigen Polizisten durchsucht, die zuvor vom Dienst suspendiert wurden. Dabei handelt es sich um zwei stellvertretende Polizeidirektoren und einen Direktor des Dezernats für organisierte Kriminalität. Die Beamten sollen Kontakte zur inhaftierten Untergrundgröße Ayhan Bora Kaplan haben. Den Polizisten wird unter anderem Verabredung zu einer Straftat, Amtsmissbrauch und versuchte Zeugenbeeinflussung vorgeworfen.

Ex-Innenminister fordert Unterstützung von Mafiapaten

Kaplan wurde im September 2023 verhaftet, als er ins Ausland fliehen wollte. Der Nationalist und Mafioso gilt auch als Weggefährte des früheren türkischen Innenministers Süleyman Soylu. Soylu hatte in der Putschnacht am 15. Juli 2016 Kaplan und seine Männer aufgefordert, sich vor dem Gebäude des Staatssenders TRT zu versammeln. Die Polizei soll nach Angaben des Journalisten und Abgeordneten Ahmet Şık ein entsprechendes Telefonat abgehört haben. Kaplan war mit seinen Männern dem Aufruf nachgekommen. Auf Bildern ist zu sehen, wie die Gruppe schwer bewaffnet sich vor dem Sender versammelt hatten. Dem Besitzer von Nachtclubs wird neben Mord, Drogendelikte und Schutzgelderpressung vorgeworfen.

Türkei: Ex-Innenminister Soylu macht Mafiaboss fast unantastbar

„Während der Amtszeit von Soylu als Innenminister wuchs Kaplan immer stärker. Die Gruppe war fast unantastbar. Als Soylu nach Spannungen mit Erdogan seinen Posten verlor, ordnete der neue Innenminister Ali Yerlikaya als Erstes eine Operation gegen die Kaplan-Gruppe an“, erzählt der im deutschen Exil lebende türkische Journalist Cevheri Güven im Gespräch mit fr.de von IPPEN.MEDIA.

Der Fall zeigt, dass vor allem die rechtsradikale MHP in den Fall verwickelt ist. Der Führer der rechtsradikalen MHP und Regierungspartner, Devlet Bahceli, ist wegen der Ermittlungen gegen die Polizeibeamten verärgert. Dieser sieht darin ein Komplott. „Es gibt eine Verschwörung, die nicht durch die Suspendierung einiger Polizeichefs beseitigt werden kann“, sagte der Führer der rechtsradikalen MHP und Regierungspartner von Präsident Recep Tayyip Erdogan und seiner AKP. Das endgültige Ziel dieser Verschwörung sei die MHP, die AKP und am Ende die Türkei.

Türkische Polizisten einer Anti-Terror-Einheit brechen am 05.02.2017 in Adiyaman (Türkei) während einer Razzia zur Ergreifung mutmaßlicher IS-Anhänger eine Tür auf. (Symbolfoto)

Massenverhaftungen in der Türkei als Ablenkungsmanöver

Innenminister Ali Yerlikaya steht unter Druck. Er hatte zahlreiche hochrangige Polizeibeamte aus der Zeit seines Vorgängers durch seine eigenen Leute ausgetauscht, als er im vergangenen Jahr seinen neuen Posten bekam. Erfolgsmeldungen sind daher für Yerlikaya sehr wichtig. Umso weniger verwundert es, dass heute bei Massenverhaftungen landesweit 544 Personen verhaftet wurden. Ihnen wird vorgeworfen, Mitglieder der Gülen-Bewegung zu sein.

Erdogan hatte im Anschluss an den Putschversuch die Bewegung um den im Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen zu Terrororganisation erklärt, die seither in der Türkei FETÖ (Fethulahsche Terrororganisation) genannt wird. „Wir werden die FETÖ-Mitglieder nicht ungestraft davonkommen lassen. Für den Frieden, die Einheit und die Solidarität unserer geliebten Nation setzen wir unsere Operationen mit der Entschlossenheit und den herausragenden Bemühungen unserer Sicherheitskräfte fort“, schreibt der türkische Innenminister auf X.

Machtkampf zwischen Erdogan und seinen rechtsradikalen Partnern

Inzwischen wird über eine Entlassung von Yerlikaya diskutiert, welche der Minister offenbar verhindern möchte. „Seitdem Yerlikayas Entlassung auf der Tagesordnung steht, hat er angefangen die Gülen-Gruppe anzugreifen, um das Vertrauen von Erdogan zurückzugewinnen. Allein heute wurden fast 600 Menschen um die 20 Jahre mit der Begründung festgenommen, sie seien Gülenisten“, erzählt Güven. Der Machtkampf zwischen AKP und MHP führt zu einer neuen Art von Spannungen in der Türkei, fürchtet Güven.

MHP will eigene Leute im Staatsapparat schützen

Die AKP-Regierung sei wegen der Macht der MHP im Polizeiapparat und in der Justiz beunruhigt. Die MHP sei entschlossen, ihre Leute im Staatsapparat zu schützen, so Güven. „Kaplan stand den MHP-Bürokraten sehr nahe und es besteht die Möglichkeit, dass auch sie in diesem Fall verhaftet werden“. Bahceli spricht allerdings nicht nur von einem Komplott, sondern auch von einem erneuten Putschversuch. Er wolle sich denen nicht beugen. „Mögen uns die Augen aus dem Kopf fallen, wenn wir die Augen verschließen, und möge uns das Blut in den Adern gefrieren, wenn wir das geschehen lassen“, sagte Bahceli bei einer Rede am Dienstag. (erpe)

Rubriklistenbild: © dpa/Mahir Alan

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