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„Kampf auf offenem Feld“
Häuserkampf unmöglich: Militärisch ein Vorteil? Ukrainer befreien bei Offensive reine Trümmerwüste
Die Ukraine befreit bei Bachmut strategisch wichtige Dörfer. Von Andriivka ist bis auf Trümmer nichts übrig. Militärisch könnte sich das sogar als Vorteil erweisen.
Andrijiwka - Es ist bis heute ein dunkles Kapitel in der Geschichte Russlands - der erste Tschetschenienkrieg. Der militärische Angriff auf die tschetschenische Teilrepublik im Kaukasus zwischen Dezember 1994 und August 1996 war letztlich eine herbe Niederlage für den Kreml in Moskau, samt Rückzug aus der nach Unabhängigkeit strebenden Region.
Ukraine-Offensive: Truppen Kiews befreien Dörfer Andriivka und Klischtschijiwka
Und begleitet von großen Verlusten unter den eigenen Soldaten, wie nun im Ukraine-Krieg. Nach Schätzungen der „Union der Komitees der Soldatenmütter Russlands“ wurden 14.000 meist junge Russen getötet oder verwundet. Viele davon zur Jahreswende 1994/95, als die russischen Truppen mit ihren BMP-Schützenpanzern in die Vororte der Hauptstadt Grosny marschierten und im Häuserkampf in den engen Straßen aus Hinterhalten mit Panzerbüchsen wie der RPG-7 abgeschossen wurden.
Die russischen Streitkräfte sollen so in wenigen Wochen laut des Autors Ilya Shaydurov 424 Panzerfahrzeuge verloren haben. Es sind Parallelen zur Ukraine, die sich Mitte September nach schweren Kämpfen die strategisch wichtigen Dörfer Andrijiwka und Klischtschijiwka südlich von Bachmut zurückgeholt hat - welche Trümmerwüsten gleichen. Völlig zerstörte Häuser als Vorteil für Kiews Truppen? Damit diese nicht in dieselbe Falle laufen wie die Russen damals in Tschetschenien?
Was im ersten Moment vielleicht abwegig klingt, lässt sich anhand der Bilder der Body-Cams der ukrainischen Soldaten nachvollziehen. Sie haben quasi freies Gelände vor sich, selbst dort, wo einst Siedlungen und Häuser standen. Weil alles zusammengeschossen wurde. Russische Hinterhalte auf die vorrückten Einheiten der Ukrainer lassen sich so nur schwierig bewerkstelligen. Denn: Von den Ortschaften ist quasi nichts mehr übrig.
Ukraine-Offensive: Andrijiwka, Klischtschijiwka und Marjinka im Donbass sind völlig zerstört
Das gilt etwa auch für die Gemeinde Marjinka, ebenfalls in der Oblast Donezk gelegen. Nur etwa zehn Kilometer von der gleichnamigen Großstadt (knapp 920.000 Einwohner) entfernt, die durch die russische Armee besetzt ist. Hier hatten noch bei der Fußball-Europameisterschaft 2012 fünf internationale Spiele stattgefunden, zum Beispiel das EM-Halbfinale zwischen Portugal und Spanien (2:4 i.E.). Heute undenkbar, da die Front direkt vor der Stadt verläuft.
Es gibt dort keine Häuser mehr. Der Kampf in einer Stadt wird zu einem Kampf auf offenem Feld. Jeder begräbt sich selbst.
„Marjinka ist Geschichte. Sie (die Einwohner, d. Red.) werden nicht zurückkehren. Es gibt dort keine Häuser mehr. Der Kampf in einer Stadt wird zu einem Kampf auf offenem Feld. Jeder begräbt sich selbst“, erklärte kürzlich ein ukrainischer Soldat mit dem Kampfname „Makhno“ der 79. Luftangriffsbrigade im Interview mit dem Sender ntv. Andrijiwka und Klischtschijiwka haben für die ukrainischen Streitkräfte derweil trotz der Trümmer, die kaum eigene Unterstände zulassen, einen hohen strategischen Wert. Denn: Die Russen mussten sich wohl fluchtartig in die südlichen Bezirke des symbolisch bedeutsamen Bachmuts (vormals 70.000 Einwohner) zurückziehen, das für so viel Leid im Ukraine-Krieg steht und selbst völlig zerstört ist.
Bilder des Ukraine-Kriegs: Großes Grauen und kleine Momente des Glücks
Ukraine-Offensive: Kiews Truppen rücken im Osten weiter auf Bachmut vor
Dieser militärische Erfolg werde bevorstehende Offensivoperationen deutlich erleichtern, erklärte Ilja Jewlasch vom Pressedienst der ukrainischen Landstreitkräfte laut der Zeitung Ukrainska Pravda im ukrainischen Fernsehen: „Jetzt haben wir uns ein Sprungbrett geschaffen, das es uns auch in Zukunft ermöglichen wird, Offensivoperationen weiterzuentwickeln und unser Land von den Eindringlingen zu befreien.“
Aber: Ukrainische Kommandeure hatten bereits vor Wochen behauptet, dass eine Einkesselung der in Bachmut verbliebenen russischen Truppen bevorstehe. Dies gelang seither allerdings nicht. Unter anderem nicht, weil ukrainische Infanterieeinheiten wohl bei den Salzstollen von Soledar nordöstlich der Stadt zurückgeschlagen wurden, wie Telegram-Videos russischer Blogger von Drohnenaufnahmen belegen sollen. Diese lassen sich nicht unabhängig verifizieren, sehen aber zumindest authentisch aus.
Ukraine-Offensive: Soll es von Bachmut aus in Richtung Horliwka gehen?
Unbeantwortet blieb dagegen bislang die Frage nach der strategischen Bedeutung Bachmuts. Eine Möglichkeit ist, dass die Ukrainer nach einer Einnahme von hier aus in Richtung der südlich gelegenen Großstadt Horliwka vorstoßen wollen, die seit 2016 durch die Separatisten der sogenannten Volksrepublik Donezk besetzt ist. Die regelrecht pulverisierten Dörfer des Donbass bieten zwar der russischen Armee und den Separatisten kaum Deckung. Dasselbe gilt aber auch für die ukrainischen Streitkräfte, die auf offenem Feld angreifen müssen. (pm)