Vorwürfe
Aiwanger weicht Fragen über Flugblatt-Affäre aus – Ex-CSU-Chef sieht „Ähnlichkeiten mit Trumpismus“
Hubert Aiwanger weigert sich auf einer Pressekonferenz, Fragen zur Flugblatt-Affäre zu beantworten – und erntet viel Kritik.
- „Ähnlichkeiten mit dem Trumpismus“: Ex-CSU-Chef kritisiert Aiwanger
- Kritik nach Aiwanger-Entscheidung: Söder hält trotzdem an Vize fest
Update vom 5. September, 21.25 Uhr: Viel wurde aufgrund der Flugblatt-Affäre um die Zukunft von Hubert Aiwanger sowie dessen Partei, den bayerischen Freien Wählern, diskutiert. Mit Blick auf die Bayern-Wahl scheint der Skandal den Freien Wählern jedoch einen gehörigen Schub verpasst zu haben. Das zeigt zumindest eine INSA-Umfrage, der zufolge sich die Partei im Vergleich zur letzten Erhebung um vier Prozentpunkte auf 15 Prozent verbessern konnte.
Update vom 5. September, 16.00 Uhr: Sollte Hubert Aiwanger inmitten der Flugblatt-Affäre eine KZ-Gedenkstätte besuchen, wie es der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Felix Klein vorgeschlagen hat? Der Flossenbürger Gedenkstättenleiter Jörg Skriebeleit hält wenig davon. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst sagte er, dass „Gedenkstätten aus der Tagespolitik rauszuhalten“ seien. Ein Besuch Aiwangers im Vorfeld der Bayern-Wahl könnte als politisch motivierter Auftritt aufgefasst werden. Jede Gedenkstätte in Deutschland würde so vorgehen.
Auf die Frage, was er von der Idee halte, man könne sich durch einen Gedenkstättenbesuch von einer möglichen Schuld reinigen, antwortete Skriebeleit: „Diesen Reflex gibt es zum Beispiel von Richtern. Wenn jemand wegen rechtsradikaler Delikte verurteilt wird, soll er eine Gedenkstätte besuchen. Wir finden das extrem schwierig, weil tatsächlich so ein kathartisches Bild dahintersteckt. Das hat etwas von einem Ablasshandel. Gedenkstätten erfüllen keine Läuterungshoffnungen und sind keine Besserungsanstalten.“
Dennoch wolle sich Skriebeleit mit Aiwanger unterhalten, wie er dem epd mitteilte. KZ-Gedenkstätten seien „nicht nur moralische Instanzen, Ablassorte oder Läuterungsstationen“, sondern Orte, an denen man etwas „zu seiner regionalen, aber auch zu seiner persönlichen Geschichte erfahren kann“, sagte er. Dem Vize-Regierungschef und Wirtschaftsminister Bayerns Aiwanger wird vorgeworfen, in der Schulzeit ein Flugblatt verfasst zu haben, das unter anderem eine antisemitische Hetzschrift beinhaltet.
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Aiwanger in der Flugblatt-Affäre: „Ähnlichkeiten mit dem Trumpismus“
Update vom 5. September, 13.40 Uhr: Nach Ansicht von Ex-CSU-Chef Erwin Huber ähnelt das Verhalten von Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger im Zuge der Flugblatt-Affäre den Methoden des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. „Man kann Aiwanger natürlich nicht mit Trump gleichstellen. So groß ist der Aiwanger ja nicht. Aber die Methoden ähneln sich“, sagte der 77-Jährige am Dienstag im Deutschlandfunk. „Man macht sich zum Opfer. Das hat schon Ähnlichkeiten mit dem Trumpismus. Ich hoffe, dass das nicht Schule macht in der deutschen Politik.“
Update vom 5. September, 12.36 Uhr: Weiterhin reißt die Kritik an Aiwanger und die Flugblatt-Affäre nicht ab. Martin Hagen, Fraktionsvorsitzender der FDP, kritisierte gegenüber BR24: „Es geht nicht darum, was er mit 17 Jahren getan hat, als seinen heutigen Umgang damit. Aiwanger begibt sich in die Opferrolle“, so Hagen. Das schade der politischen Kultur.
Aiwanger weicht Fragen zur Flugblatt-Affäre aus: „Dazu kann ich keine Antwort geben“
Update vom 5. September, 12.32 Uhr: Auch auf weitere Fragen zur Flugblatt-Affäre blockt Aiwanger ab. „Auch hier keine weiteren Antworten“, sagte Aiwanger. Damit endet die Pressekonferenz.
Update vom 5. September, 12.23: Aiwanger möchte sich offenbar nicht zu Fragen um die Flugblatt-Affäre äußern. Auf die Frage, was Aiwanger auf die neustens Vorwürfe Josef Schusters, Präsident des Zentralrats der Juden, antworten möchte, sagte er: „Dazu kann ich keine Antwort geben“. Schuster warf Aiwanger in den Tagesthemen fehlende Reue in der Flugblatt-Affäre vor. Aiwanger erklärte zudem, er würde am Donnerstag bei der Sondersitzung im bayerischen Landtag teilnehmen. Genauso wie Söder.
Erstmals seit Flugblatt-Affäre: Aiwanger stellt sich Journalisten-Fragen
Update vom 5. September, 12.18 Uhr: Hubert Aiwanger äußert sich derzeit bei einer Pressekonferenz nach der bayerischen Kabinettssitzung. Der Vize-Regierungschef spricht über die wirtschaftliche Lage in Deutschland, die „zunehmend ernst“ sei. Die Geschäftserwartungen seien negativ. Man könne sich dennoch „über eine starke bayerische Mobilindustrie freuen“. Die Inflation und die damit verbundenen hohen Energiepreise seien jedoch eine Belastung.
Update vom 5. September, 10 Uhr: Mittlerweile haben sich weitere Personen zum Fall Aiwanger und Söders finaler Entscheidung geäußert. Der Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, Jörg Skriebeleit, würde einen Besuch des stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger (Freie Wähler) in der Einrichtung vor der Landtagswahl am 8. Oktober ablehnen. Das sagte er dem BR-Studio Oberpfalz auf Anfrage. Dies sei auch innerhalb der Stiftung Bayerischer Gedenkstätten so abgestimmt.
Auch die KZ-Gedenkstätte Dachau hat sich inzwischen gegen Besuch von Aiwanger ausgesprochen. „Von öffentlichkeitswirksamen politischen Besuchen im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl möchte die KZ-Gedenkstätte Dachau absehen“, sagte eine Sprecherin der taz.
Erstmeldung vom 5. September, 07.24 Uhr: München – Die Reaktionen auf Markus Söders (CSU) Entscheidung, seinen Vize Hubert Aiwanger im Amt zu behalten, fallen harsch aus. Vor allem Grünen und SPD verurteilten den Umgang Söders mit der Flugblatt-Affäre nochmals und verübten scharfe Kritik. Rückenwind bekommt der bayerische Ministerpräsident von Unionschef Friedrich Merz (CDU) – und nun auch vom Ex-Ministerpräsidenten Horst Seehofer.
Söder hält an Aiwanger fest – Seehofer verteidigt Entscheidung trotz Flugblatt-Affäre
„Bei der Gesamtlage war das eine richtige Entscheidung von Söder“, sagte Seehofer dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „In einem Rechtsstaat muss für einen Vorwurf auch ein Beweis erbracht werden. Das war aber nicht der Fall.“ Ähnlich hatte der bayerische Ministerpräsident argumentiert, als er auf einer kurzfristigen Pressekonferenz seine Entscheidung mitteilte. „Ein Beweis jedoch, dass er das Flugblatt verfasst oder verbreitet hat, gibt es bis heute nicht, dagegen steht seine ganz klare Erklärung, dass er es nicht war“, führte Söder als einer der Begründungen an.
Auch Friedrich Merz lobte Söder für die Aufarbeitung der Flugblatt-Affäre. Söder habe in den vergangenen Tagen eine verdammt schwierige Aufgabe gehabt, und die habe er „bravourös“ gelöst, sagt Merz beim Volksfest Gillamoos: „Sehr gut, genauso war’s richtig, das so zu machen.“ Im Gegensatz zu Merz ließen Söder und Aiwanger die Flutblatt-Affäre bei ihren Reden beim Gillamoos komplett unerwähnt.
Fall Aiwanger bleibt beim Gillamoos unerwähnt – Kritiken werden lauter
Laut einer Umfrage befürworten 58 Prozent der Deutschen ebenfalls die Entscheidung von Bayerns Ministerpräsident, seinen Vize Hubert Aiwanger trotz der Flugblatt-Affäre im Amt zu belassen. 34 Prozent sind der Meinung, Söder hätte Aiwanger entlassen sollen, wie eine Forsa-Umfrage für den Stern ergab.
Die Ampel-Regierung gibt sich derweil nicht zufrieden mit Söders Entscheidung. Die Affäre um den bayerischen Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger schadet nach Ansicht der SPD-Chefin Saskia Esken dem Ansehen ganz Deutschlands. „Der Schaden für Bayern und für Deutschland ist immens“, sagte sie am Montag auf einer Pressekonferenz in Berlin. Die Entscheidung des bayerischen Ministerpräsidenten, an Aiwanger festzuhalten, sei sehr offensichtlich wahlkampfstrategisch getragen. Auch Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) erneuert seine Kritik an Söders Entscheidung. „Ich halte das für eine Fehlentscheidung von Markus Söder“, sagte der Minister im „newstime-Spezial“-Interview. Er „bedauere“ den Beschluss des CSU-Chefs.
Aiwanger bestreitet Vorwürfe um antisemitisches Flugblatt
Aiwanger hat bislang alle Vorwürfe um die Flugblatt-Affäre zurückgewiesen und sich in einem Statement entschuldigt. Stattdessen erklärte Aiwangers Bruder Helmut, er sei es gewesen. Zwar besagen Aussagen von Mitschülerinnen und Mitschülern sowie Lehrerinnen und Lehrern, dass Hubert Aiwangers Verhalten in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre den Schluss nahelegte, er sympathisiere mit dem Nationalsozialismus. So habe Aiwanger etwa den Hitlergruß gezeigt. Doch kann er sich daran nach eigener Aussage nicht erinnern.
Auch in seinen Antworten auf Söders 25 Fragen streitet Aiwanger ab, das Flugblatt verfasst zu haben. „Ich war an der Erstellung des Flugblatts nicht beteiligt“, so Aiwanger. Die Frage, ob er das Flugblatt weiterverbreitet habe, verneint er nicht, sondern verweist ebenfalls auf eine fehlende Erinnerung an Details. (bohy)
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