Nach Rede in Thüringen
Kripo ermittelt gegen Chef der Sachsen-Anhalt-AfD – nach „Hetzer“-Tirade gegen Steinmeier
Sachsen-Anhalts AfD-Chef sprach von „Deutschlandverächtern“ und beleidigte den Bundespräsidenten. Sein Landesverband gilt als gesichert rechtsextrem.
Erfurt – Eine Rede in Erfurt am 28. Oktober hat für den Landeschef der AfD Sachsen-Anhalt juristische Konsequenzen: Die thüringische Polizei ermittelt gegen den Bundestagsabgeordneten Martin Reichardt. Sie wirft ihm vor, sich auf einer Demonstration der AfD Thüringen beleidigend und verunglimpfend über Politiker geäußert zu haben, wie der MDR berichtet. Unter anderem hatte Reichardt dort Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als „übelsten Spalter und Hetzer der deutschen Geschichte“ bezeichnet.
Die AfD Thüringen hat die Rede auf Ihrem YouTube-Kanal veröffentlicht. Ausschnitte daraus mit der Äußerung zu Steinmeier kursieren auch auf X, ehemals Twitter. In seiner Rede sprach Reichardt davon, im Bundestag „im Wesentlichen nur von Deutschlandverächtern umgeben“ zu sein. Im Gegensatz dazu freue er sich darüber, in Erfurt dem „Volk“ und „anständigen Menschen“ gegenüberzustehen.
AfD Sachsen-Anhalt Chef Martin Reichardt bezeichnet 28.10.23 in #Erfurt den Bundespräsidenten als "einen der übelsten Hetzer & Spalter der deutschen Geschichte"
— Anonymous Germany (@Anonymous00708) November 8, 2023
Frage @Polizei_Thuer @GeorgMaier8
ist das Meinungsfreiheit oder eine Beleidigung?? #AfDVerbotjetzt#Verfassungsschutz pic.twitter.com/Sw6NyeLMyN
Polizei ermittelt gegen AfD-Chef von Sachsen-Anhalt – Personen des politischen Lebens beleidigt?
Nach der Demonstration, die unter dem Motto „Der Osten steht zusammen!“ stattfand, erstatte eine Privatperson Anzeige gegen den AfD-Politiker, wie die Landespolizeiinspektion Erfurt dem MDR bestätigte. Die Ermittlungen gegen Reichardt werden dem Bericht zufolge zunächst von der Kriminalpolizei in Erfurt geführt, sollten aber „zeitnah“ an die Staatsanwaltschaft Erfurt übergeben werden. Es ist allerdings nicht bekannt, welche Aussagen Reichardt konkret vorgeworfen werden.
Das Verfahren sei wegen des Anfangsverdachts nach Paragraf 188 Strafgesetzbuch (StGB) eingeleitet worden, hieß es. Er regelt die Strafbarkeit von Beleidigungen, übler Nachrede und Verleumdungen gegen „Personen des politischen Lebens“. Auf Grundlage dieses Paragrafen wurde 2023 in Hamburg und Frankfurt auch gegen Antifaschisten ermittelt, die den Landeschef der AfD Thüringen Björn Höcke als „Nazi“ bezeichnet hatten. Diese Verfahren wurden eingestellt.
AfD-Landesverband in Sachsen-Anhalt gilt als gesichert rechtsextrem
Reichardt selbst sagte dem MDR, er wisse nichts von den laufenden Ermittlungen gegen ihn. Er habe außerdem keine Rede auf dem Domplatz gehalten, wie die Polizei behaupte, sondern vor der Staatskanzlei. Der ehemalige Bundeswehroffizier sitzt seit 2017 für die AfD im Bundestag und ist seit 2018 Vorsitzender des Landesverbandes Sachsen-Anhalt. Die AfD stellt die stärkste Oppositionspartei im Magdeburger Landtag. Sie erhielt bei der letzten Landtagswahl 20,8 Prozent.
Erst Anfang November war bekannt geworden, dass die Sachsen-Anhalts Verfassungsschutz die Landes-AfD als gesichert rechtsextremistisch einstuft. Sie ist damit nach der AfD Thüringen, die die Demonstration in Erfurt organisierte, der zweite Landesverband, der diese Klassifizierung erhalten hat. Zuvor war sie seit 2021 rechtsextremistischer Verdachtsfall – die Stufe, auf der sich gegenwärtig zahlreiche andere Landesverbände der AfD und die Gesamtpartei auf Bundesebene befinden. (rowa)
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